OPER HALLE
Semesterprojekt
Komplexes Gestalten, Sommersemester 2018
bei Prof. Vincenz Warnke und Dipl. Ing. Johanna Richter
ab 3. Studienjahr Bachelor, ab 1. Studienjahr Master
AUFGABE
In diesem Semesterprojekt sollte etwas Aufsehenerregendes zum Thema „Oper Halle“ entworfen werden. Bühnenräume, Gestaltung im öffentlichen Raum und die Verbindung von szenischer Kunst und Design waren Beispielparameter. Je nach Gusto konnte in diesem Zusammenspiel, neben der Realisierung von ganz freien Projektideen, auch darüber nachgedacht werden, wie man mit gestalterischen/ bühnenbildnerischen Mitteln die Menschen in dieser Stadt für diese wichtige kulturelle Institution begeistern und deren künstlerische Arbeit eindrücklich nach außen kommunizieren kann. Für dieses außergewöhnliche Semestervorhaben lud die Oper Halle alle Projektteilnehmer ein hinter ihre Kulissen schauen.Dabei konnte in allen Bereichen gestöbert, nachgefragt und bei der Arbeit über die Schulter geblickt werden (Intendanz, Regie, Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit, Werkstätten: Ausstattung/Requisite/ Maske/ Kostüm/Beleuchtung/Ton). Zudem fand in der ersten Kompaktwoche ein Workshop in der Oper mit dem Bühnen- und Kostümbildner und FAUST-Theaterpreisträger Sebastian Hannak statt. Bühne frei für diese einzigartigen vier Projekte!
Das ist Oper von Rene Braun
(Fotos von Rene Braun)
Ein Hocker; eine Bühne, zum sich Erheben und präsentieren, zum Unterhalten und Unterhalten werden. Der Hocker ist unscheinbar. Trägt fast jedes Gewicht und wird fast undankbar als selbstverständlich hingenommen. Doch kann er eigentlich so viel, er erleichtert uns den Zugang zu Schwererreichbarem, hilft uns an Stellen zu kommen, an die wir sonst nicht kämen. Was passiert, wenn er auf einmal nicht mehr still ist, wenn er mit Tönen auf sich aufmerksam macht, wenn er lauthals sagt „Bravi bravissimo“? Er bleibt weiterhin Diener und Knecht, rutscht aber ins Interesse und ist somit auch Oper. Warum gibt es denn überhaupt die Oper als Haus und als Stück? Irgendwann wollten Menschen mehrere Künste verbinden. Sie wollten ein Werk schaffen, welches durch Größe und Kraft wahrgenommen wird und hervorsticht. Die ersten Opernstücke waren für ... für wen eigentlich? Diejenigen, die Opern lieben und schätzen, würden vielleicht sagen, für das Publikum, für die Menschen. Andere würden sagen, für die Reichen, den Adel, die Oberen innerhalb einer Klassengesellschaft. Was gesagt werden kann ist, dass in unseren mitteleuropäischen Kreisen die Oper wahrscheinlich für eine Mittelschicht und eine Oberschicht da ist. Es wäre vermessen zu behaupten, sie wäre für alle - vielleicht unter Umständen das Stück, aber das Haus?
Was mich an dem Thema interessiert - und hierbei ist Inhalt und nicht ein
Stück oder das Haus gemeint - ist das, was die Oper ermöglichen kann. Sie
kann kontrastieren, erheben, unterhalten, schmeicheln, berühren. Diese
Punkte sind es, die ich im Fokus meiner Arbeit sehe.
DAS IST OPER ist eine Ausstellung
Diese behauptet, ohne konkret zu sein. Die Tritthocker sind Bühnen, die roten Gestelle Räume und die Boxen Objekte einer Inszenierung. Durch Klatschen werden wir gelobt, fühlen uns geschmeichelt und amüsiert. Das Betreten der Hocker lässt uns an Opern teilhaben und die Gestelle geben gleichzeitig Sicherheit. Was passiert mit jemanden, der auf eine Erhöhung tritt und dabei von Geräuschen überrascht wird? Welche Emotionen werden ausgelöst, wenn wir Texte lesen, die uns sagen, was Oper sein soll?
Warum ist diese Inszenierung Oper? Diese Fragen bleiben bei den Besuchern der Ausstellung und werden nur von ihnen, in sich oder aus sich heraus, beantwortet.
#perfect von Paula Charlotte Schinkel & Marie Luise Möller
Selfie hier, Selfie da - der perfekte Winkel ist schon ganz automatisch aus dem Handgelenk geschüttelt, Belichtung und Gesichtsausdruck sitzen, alles geübt. Noch den passenden Filter drüber, ein paar Hashtags und Upload...
Paula und Marie beschäftigen sich mit der immer wichtiger werdenden Inszenierung der eigenen Person auf sozialen Medien. Die vor allem aus Instagram entstandene Selfiekultur und die durch diese vermittelten Schönheitsideale sind Thema der Arbeit. Noch nie war die Schwelle so niedrig wie heute, sich selbst durch chirurgische Eingriffe aufhübschen zu lassen, sowie mit Hilfe von Make Up das Gesicht maßgeblich zu verändern. Um dieses Phänomen in Frage zu stellen, wurden beauty gadgets entwickelt, die Schönheitsideale aufgreifen und die tragende Person diesen Idealen näher kommen lässt. Die gadgets spielen auf Schönheitsstandards an, wie beispielsweise ein breites, strahlendes Lächeln, lange Wimpern, angelegte Ohren, eine Stupsnase oder buschige Augenbrauen.
Mittels Instagram und Youtube zeigen Paula und Marie als Schönheitschirurginnen, wie das perfekte Selfie funktioniert. Die vermeintliche Verschönerung durch die gadgets führt zu einer Entstellung des Gesichts und deckt damit die Absurdität des aktuellen Schönheitswahns auf.
WO BRENNTS? von Thekla Liebmann
(Fotos von Thekla Liebmann)
Meine Installation ist eine Antwort auf die Kampagne der Oper Halle ALLES BRENNT zur Spielzeit 2016/17. Der Boxsack, zwischen den Säulen des Eingangsbereiches der Oper Halle positioniert, ist eine Einladung, jeglichen Emotionen freien Lauf zu lassen. Dem Frust, der überschwänglichen Freude, der Trauer oder dem kindlichen Übermut. Er macht dich frei vom Alltag, bevor du dich im Opernsessel der Arie hingibst, er bespielt die Pause, klärt den Mitarbeiter- Groll, bietet dir seine Schulter an, wenn sonst gerade niemand da ist. Mit
WO BRENNTS? versuche ich eine Brücke zu schlagen. Es geht darum, sich Gedanken zu machen, darüber, was eigentlich schief läuft, woher die Wut stammt, wie man sie formulieren und wie man selber aktiv werden kann. Es geht um Emotionen des Einzelnen und gleichzeitig um Probleme im größeren Kontext.
WO BRENNTS? ist eine rhetorische Frage, die keine Antwort verlangt.
WO BRENNTS? ist eine Aufforderung, die eigenen Emotionen genauer zu
betrachten.
Wo spielt die Musik? von Monika Hoffmann
(Fotos von Monika Hoffmann)
Das Format „Wo spielt die Musik?“, ist eine Guerilla-Kampagne für die Oper, mit potenzieller Erweiterung durch andere Häuser der Bühnen Halle. Durch Nutzung belebter Orte der Stadt Halle als Bühne, können Stücke und Szenen in direkten Kontakt mit einer noch nicht opernversierten Zielgruppe gebracht werden.
Hierbei sollen die Wahl des Ortes und die Wahl der gespielten Szene mit dramaturgischem Anspruch aufeinander abgestimmt werden.
Das Ziel der Aktionen im Rahmen der Kampagne ist es, durch anfängliche Verwirrung das spontane Publikum zum rätseln anzuregen. Nach dem Ende der Darbietung wird die Verwirrung aufgelöst und auf die Verbindung zur Oper hingewiesen.
Die Aktionen werden mit versteckten Kameras und Mikrofonen dokumentiert und können so als kurze Clips oder als Trailer auf Social-Media-Plattformen genutzt werden.
Umgesetzt wurden dieses Semester ein erster Test in der Straßenbahn mit zwei Schauspielern des Neuen Theaters und die Inszenierung einer Opernarie im "24-Stunden-Edeka" Eckert Halle.
Für die Zukunft wären aber auch weitere Guerilla-Inszenierungen im öffentlichen Raum vorstellbar, mit deren Hilfe die Oper aktuelle oder kommende Stücke bewerben könnte.
DANKE
Das gemeinsame Projekt mit der Oper war voller neuer Erfahrungen und es hat gezeigt, wie wichtig der Austausch kreativer Institutionen für eine Stadt ist. Wichtig für eine solche Zusammenarbeit, vor allem auf dieses Semesterprojekt bezogen, ist, dass man in realistischen Maßstäben denkt und beide Seiten aufeinander zu- und eingehen. Für uns alle war es das erste Projekt, welches im direkten Austausch mit dem Auftraggeber entstanden ist und es war sehr angenehm, da uns zu keiner Zeit das Gefühl eines Dienstleisters vermittelt wurde. So, wie wir von der Zusammenarbeit profitiert haben, hat auch die Oper neuen Input erhalten.
Wir danken der OPER HALLE ganz herzlich für die großartige Unterstützung und den intensiven und sehr inspirierenden Austausch!
Unser besonderer Dank gilt dem Intendanten Florian Lutz, dem Chefdramaturg Michael von zur Mühlen, der Assistentin der künstlerischen Leitung Ann-Kathrin Franke, allen weiteren beteiligten Mitarbeitern der OPER HALLE sowie dem Bühnen- und Kostümbildner Sebastian Hannak.
STUDIERENDE
Rene Braun
Paula Charlotte Schinkel
Marie Luise Möller
Thekla Liebmann
Monika Hoffmann