SOLANUM DULCAMARA, Milena Wienkamp

herba transformis – 2. Studienjahr - SoSe 2016, Dozentin Julia Kortus M.A.

Solanum dulcamara,

der bittersüße Nachtschatten, ist so mythenumwoben wie sein Name vermuten lässt. Bereits im Mittelalter als Symbolpflanze auf Tafelbildern und Teppichen geschätzt, bahnt er sich seinen Weg bis in die heutige Zeit. Der Gattungsname "solanum", vom lateinischen "solumen" abgeleitet, was so viel wie Trost oder Beruhigung meint, reicht schon den ersten Hinweis auf die Wirkung der Pflanze. Tatsächlich ist er auf Grund des hohen Alkaloidgehalts stark giftig, doch greift auch hier die alte Regel, dass die Dosis bekanntlich darüber entscheidet. Führt er bei hoher Konzentration zu einem qualvollen Tod, so wirkt er in Spuren angewendet durchaus positiv bei Hautproblemen, Rheuma oder Bronchitis. Die heute umstrittene Einnahme war früher, bedingt durch ihre schmerzlindende, narkotisierende Wirkung, weit verbreitet und ist wohl ausschlaggebend für die deutsche Namenswahl gewesen. Der Wortursprung des "Nachtschattens" findet sich in dem alten Wort "Nachtschaden", was im Mittelalter eine Bezeichnung für "Alptraum" war, bei dem er dem Betroffenen Hilfe durch einen tiefen, traumlosen Schlaf verschaffen konnte. Soviel der zweite Teil seines Namens über die Wirkung verrät, so deutet der erste Teil auf seinen Symbolcharakter. Bittersüß ist tatsächlich der Geschmack der leuchtend roten Beerenfrüchte, denn zunächst bitter wird nach längerem Kauen eine süße Note deutlich. Die Belohnung von Beständigkeit sollte damals durch den Geschmackswandel verkörpert werden und machte den bittersüßen Nachtschatten zum Symbol der Treue. Eine der ältesten Darstellungen in diesem Zusammenhang findet sich auf einem Wandbehang aus dem 16. Jahrhundert. Auf ihm ist "dieTreuewägerin" abgebildet, eine weibliche Figur die in der Hand eine Waage hält, eine Schale mit der Pflanze, die andere mit Gold gefüllt. Es lässt sich unschwer erkennen, dass die Pflanze wesentlich schwerer als das Gold zu wiegen scheint. Auch hier ist das Bild also eindeutig.

Ebenso erfreute sich der bittersüße Nachtschatten großer Beliebtheit im magischen Brauchtum. Ob zum Schutz gegen Verzauberung in die Wiege gelegt, dem Vieh um den Hals gehängt, dem Feind als Teil eines Fluches vor der Tür platziert oder aber vor allem als Hilfsmittel beim sogenannten Lykanthrophiezauber, dem Verwandlungszauber eines Werwolfs bei Vollmond also, der Vielfältigkeit der Anwendung waren schier keine Grenzen gesetzt.

So liegt der Schwerpunkt der entstandenen Textilkollektion also auf gedeckten, "dämmrigen" Blautönen, welche die Stimmung bei Nacht und Mondschein einfangen, sowie auch auf der Fähigkeit der Wandelbarkeit, die sich in Form von Verläufen, Dehnbarkeiten und farbwechselnden Materialien wiederfindet. Das leuchtende Blau der Blüte dient dabei als Ausgangsfarbe.