MATA R E A L, Elaine Andrea Herrmann

WiSe 2017/18 Freies Projekt- Prof. Bettina Göttke-Krogmann

Fotografie: Elaine Andrea Herrmann

 

Ausgehend von Malereien die ich Anfang Oktober 2017 gemacht habe, sind Stoffe entstanden, die nicht als reine Übersetzung der Bildwelt in die Struktur- und Musterwelt des Textilen, sondern als Erweiterung der Thematik durch textile Techniken verstanden werden sollen.

Die Protagonisten auf den Leinwänden strahlen durch die kraftvollen Farben Lebendigkeit aus - trotzdem scheinen sie in der Bewegung eingefroren (Bild rechts) oder der farbige Körper wirkt wie ein Gefäß (Bild nächste Seite) das die Wirklichkeit mit all ihren Facetten (dargestellt durch starke hell-dunkel-Kontraste und verschiedene Stadien menschlicher Emotionen) umschließt.

In meiner textilen Arbeit habe ich mich auf diesen Kontrast konzentriert:  einerseits der wilde, facettenreiche Strich der gemalten Linie - mit dem Pinsel aufgetragene Ätzpaste, die nach dem Dämpfvorgang dem Stoff einen fotorealistischen Anschein gibt.  Im Gegensatz dazu sind die Musterelemente welche direkt aus den Malereien entlehnt sind mit Pigmentdruck aufgebracht und sitzen etwas komisch und fehl am Platz auf der Fläche. Organische Formen im Jacquardgewebe mit Aufwerfungen durch Verarbeitung von Elastik im Schuss auf die Musterelemente im separaten Lancéschusssystem aufgesetzt wurden. 

Die abstrahierten Elemente machen den Stoff einerseits leichter lesbar und nicht zuletzt wird so ein Rapport erzeugt der die spätere Verarbeitung in einem industriellen Fertigungsprozess erleichtert. Andererseits versperren sie aber die Sicht auf die ganze Fläche dahinter, das eigentlich Aufregende, Wesentliche.

Für mich war das eine Parallele zu den gesellschaftlich und kulturell geformten Wahrheiten die uns alltäglich umgeben. Sie sind wie Abstraktionen der Wirklichkeit - eine Schnittmengenbildung und Zusammenfassung von Tatsachen die zu einer leicht verstehbaren und erkennbaren Summe/Form zusammengefügt werden. Beim Zusammenfassen geschieht aber automatisch auch ein Weglassen von Informationselementen. 

Es ist doch paradox, dass wir - zumindest in diesen Breitengraden - frei geboren sind. Wir können alles tun und lassen und fühlen uns doch oft gefangen in uns selbst, unserer Situation, unseren Gedanken  - sozusagen der Käfig im Vogel.

Die Formen der Schaumstoff-Sitzelemente wurden von den Siebdruckelementen übernommen und sollen uns daran erinnern, dass es manchmal auch einfach nur bequem ist, sich auf den vereinfachten Tatsachen auszuruhen.