Workshop von Niklas Goldbach und Matthias Einhoff im Rahmen des Werkleitz Festivals "Nicht mehr, noch nicht"

Der erste Workshopteil findet am 6. Oktober statt, der 2. Werkshopteil vom 26. bis 29. Oktober mit öffentlicher Präsentation

Fotografie Niklas Goldbach

werkleitz.de/nicht-mehr-noch-nicht

Im Mittelpunkt von Niklas Goldbachs Workshop steht die Feststellung, dass Architekten bei jedem Schritt ihrer Arbeit mit moralischen Kategorien konfrontiert sind. Von Anbeginn sind sie mit der Gesellschaft verbunden, der sie eine physische Form zu verleihen haben.
Auf der Folie von Überlegungen zu Architekten wie Leon Battista Alberti, italienischer Baumeister der Renaissance, der nicht zwischen ethischer und unethischer, sondern nur zwischen guter und schlechter Architektur unterschied, oder Le Corbusier, der die Baukunst zu einer „Frage der Ethik“ erklärte, gehen die Workshopteilnehmerinnen und -teilnehmer dem Wandel der Baukunst hin zur totalen gesellschaftlichen Anteilname und den unterschiedlichen Tempi sozialer Realität und gebauter Stadt auf den Grund.

Begleitet wird der Workshop von Matthias Einhoff mit Fragestellungen, wer durch Kunst im öffentlichen Raum „ermächtigt“ wird, ob diese Kunst Ausgangspunkt von Diskursen sein kann oder ob sie eine Kritik an urbanen Missständen in die Museen und Projekträume verschiebt.

Im Rahmen des Workshops können performative, narrative oder gestalterisch-experimentelle Video-Arbeiten in Gruppen- oder Einzelarbeit entstehen. Bereits in der Vorbereitungszeit erhalten die Studierenden Hilfestellungen bei der Planung und Umsetzung ihrer Videoprojekte.

Der erste Workshopteil findet am 6. Oktober statt und begleitet von der Theorie zur Praxis
Anwesend sein werden Matthias Einhoff (ZKU Berlin) und der Künstler Niklas Goldbach, der den Workshop vom 26. Oktober bis zum 28. Oktober leiten wird.
Am 29. Oktober 2017 ist die Öffentliche Präsentation geplant.
 

Text Niklas Goldbach:
“STOP political correctness in architecture. But also: STOP confusing architecture and art.” Patrik Schuhmacher, Architekt und Stadtplaner, 2014 auf Facebook.

Architekten sind in jedem Schritt ihrer Arbeit mit moralischen Kategorien konfrontiert - von Anbeginn sind sie mit der Gesellschaft verbunden, der sie eine physische Form zu verleihen hatten.
So unterschied Leon Battista Alberti, talienischer Baumeisterer der Renaissance, nicht zwischen ethischer und unethischer, sondern nur zwischen guter und schlechter Architektur - im Dienste der Wünsche der Gesellschaft.
1923 erklärte Le Corbusier in seinem Manifest “Vers une architecture” die Baukunst zu einer “Frage der Ethik” und rief aus: “Die Lüge ist unerträglich. Man geht an der Lüge zugrunde.”
Heutzutage erfährt die Baukunst einen Wandel hin zur totalen gesellschaftlichen Anteilname: soziale Realität und gebaute Stadt entwickeln sich in unterschiedlichem Tempo. Fast überall geht es praktisch oder theoretisch um Konfliktlösungen anlässlich der Adornoesquen “Frage nach dem guten Leben”. Wird der Urbanismus weich?

Wie nehmen wir als Künstler den uns umgebenen urbanen Raum war?
Welche Aspekte erscheinen uns wichtig?  
Welche Veränderungen sollten eintreten?

CV
Niklas Goldbach ist ein in Berlin lebender Künstler. Die Orte und Architekturstile, die er dann für seine Foto- und Videoprojekte auswählt, verdichten die oftmals dystopischen Aspekte zivilisierter moderner und postmoderner Lebenswelten. In seinen jüngsten Video- und Fotoarbeiten verwendet er architektonische Konzepte und Elemente, um die Beziehung zwischen Subjektivität und hierarchischen Gesellschaftsstrukturen – innerhalb des Nationalstaates und darüber hinaus – vor dem Hintergrund einer global expandierenden Vernetzung dieser Orte zu untersuchen.

Text Matthias Einhoff
Das Recht auf eine heterogene Stadt ist nicht selbstverständlich. Es muss erstritten, verteitigt und auch unterhalten werden.
Hierbei stehen nicht nur ökonomische Verwertungsinteressen, sondern auch gemeinwohlorientierte soziale und kulturelle Praxen
und deren räumliche Repräsentation im Blickpunkt. Wer hat das sagen darüber wie Stadt ökonomisch verwertet werden kann, wer darf seine Interessen, Lebensstile und Aktivitäten öffentlich zelebrieren und nachhaltig manifestieren, wer nicht? Hat Kunst im öffentlichen Raum das Potential dem Ideal einer gemischten Stadt auf die Sprünge zu helfen, indem es marginalisierte Interessen sichtbar macht, indem es Verhandlungsräume herstellt und Mißstände offenlegt oder ist sie nur ein Spassfaktor, um die Stadt am Ende besser verticken zu können?
Künstler, Kurator und Aktivist Matthias Einhoff argumentiert für und gegen Kunst im öffentlichen Raum. In einer offenen Auseinandersetzung mit Projekten, die er mit KUNSTrePUBLIK, Superschool und Wasteland Twinning Network entwickelt hat, wird er die manchmal widersprüchlichen Auswirkungen von Kunst in der urbanen Arena diskutieren. Wer wird durch Kunst im öffentlichen Raum ‚ermächtigt‘, kann Kunst Ausgangspunkt von Diskursen sein, oder verschiebt Kunst eine Kritik am urbanen Missständen in die Museen und Projekträume? Sind Künstler besser als experimentelle Akademiker, verspielte Ingenieure oder begeisterte Lehrende?

CV
Matthias Einhoff, (*1972) ist Künstler und Co-Direktor des Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZK/U). Als Mitbegründer des Künstlerkollektiv Superschool entwickelte er diverse experimentelle Wissensproduktionsformate, Kongress des Halbwissens, Superschool TV und Das Gesichtsbuch. 2010 gründete er das Wasteland Twinning Network, das sich künstlerisch mit urbanen Brachflächen weltweit auseinandersetzt. Als Mitbegründer des Kollektivs KUNSTrePUBLIK arbeitet Einhoff seit 2006 als Künstler, Kurator, Forscher und Aktivist im Skulpturenpark Berlin_Zentrum, für das Werkleitzfestival, für Vasl Arts Pakistan, im Rahmen der 5. Berlin Biennale, Jakarta Biennale 2013, für Urbane Künste Ruhr im Archipel in√est, in Sonsbeek/ Arnheim u.v.m..
2012 gründet er mit Philip Horst und Harry Sachs ein Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZK/U) als Schnittstelle von Kunst, Stadtforschung und Alltag im ehemaligen Güterbahnhof Moabit.
Matthias Einhoff lehrte an der Kunsthochschule Kassel, Universität der Künste, Berlin, Central St.Martins College, London und leitete Workshops im Goethe Institut Moskau, dem Digital Arts Lab, Holon, im Beaconhouse College, Lahore, in der Bundesakademie, Wolfenbüttel,  u.v.m.
In 2016 war KUNSTrePUBLIK Mitgründer der Initiative ‚Haus der Statistik‘, die in der Verbindung von Künstlern, Geflüchteten und sozialen Initiativen einen leerstehenden Gebäudekomplex im Zentrum von Berlin re-aktiviert.