Bedeutende Werkstatt des Einbandkünstlers Otto Dorfner wird an Klassik Stiftung Weimar übergeben

Die über 5.000 Stücke umfassende historische Werkstatt, die bis 2011 von der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle genutzt wurde, geht an die Klassik Stiftung Weimar als Dauerleihgabe.

Archivbild mit Blick in die Dorfner-Werkstatt
Im Hintergrund der Vergoldestempelschrank
Foto: Rolf Ebert

Die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle übergibt die historisch bedeutsame und weitestgehend geschlossen erhaltene Buchbindewerkstatt von Otto Dorfner (1885–1955) aus Weimar der Klassik Stiftung Weimar als unbefristete Dauerleihgabe. Das über 5.000 Einzelstücke umfassende, einzigartige Konvolut besteht unter anderem aus 14 Maschinen, 31 Möbelstücken und der rund 450 Bücher umfassenden Handbibliothek Dorfners. Zudem zählen zahlreiche Werkzeuge, Vergolde- und Prägestempel zum Bestand. Otto Dorfner, der 1910 als Werkstattleiter durch den Architekten und Designer Henry van de Velde (1863–1957) an die Kunstgewerbeschule Weimar berufen wurde und später auch am Bauhaus als Werkmeister tätig war, zählt weltweit zu den renommiertesten Einbandkünstlern des 20. Jahrhunderts. Die originale Ausstattung der Werkstatt, die bis in die 1910er Jahre rückdatiert werden kann, hat sich bis heute in wesentlichen Teilen erhalten. Als externer Ausbildungsort wurde die Werkstatt am historischen Standort in Weimar von 1979 bis 2011 für Lehrveranstaltungen von Buchkunst-Studierenden der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle genutzt.

„Wichtig ist uns, die Bedeutung Dorfners für die Buchbindekunst angemessen zu würdigen. Wir freuen uns deswegen außerordentlich, dass wir mit der Klassik Stiftung Weimar nicht nur einen verlässlichen Partner zur sicheren Bewahrung dieses einzigartigen Konvoluts gefunden haben, sondern hierdurch auch eine wissenschaftliche Erforschung sowie Vermittlung und Sichtbarmachung ermöglicht wird“, begründet Wolfgang Stockert, Kanzler der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, die Dauerleihgabe an die Kulturstiftung.

Die in der Erfurter Straße 8 in Weimar bis vor kurzem noch weitestgehend geschlossen erhaltene Werkstatt wurde 1953 zunächst der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig unterstellt. In den Jahren von 1979 bis 2011 wurde sie als Ausbildungsort der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle genutzt. Damit zählte die Dorfner-Werkstatt zu einer von mehreren externen Werkstätten der halleschen Kunsthochschule. Im Rahmen von nötig gewordenen Umstrukturierungen und Neuordnungen der Liegenschaften seit der Wiedervereinigung wurden diese sukzessive wieder in die Kunsthochschule Halle integriert. Werkzeuge, Möbel sowie Klischees der Werkstatt, die nicht zum historischen Bestand Dorfners gehörten, werden aus diesem Grund nun direkt in den Werkstätten der BURG verwendet. Mit der Auflösung der Werkstatt in Weimar und der Dauerleihgabe des historischen Bestandes an die Klassik Stiftung Weimar ist somit auch der langjährige Prozess der Integrationen vormals externer Werkstätten an die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle komplett abgeschlossen. Das von Otto Dorfner vormals als Werkstatt und Wohnhaus genutzte Gebäude wird durch den Landesbetrieb Bau des Landes Sachsen-Anhalts fortan verwaltet.

Bereits 2011 zu Beginn der Auflösung der historischen Werkstatt und Integration des Ausbildungsortes an die BURG fanden erste Gespräche mit der Klassik Stiftung Weimar wegen einer möglichen Dauerleihgabe statt. Durch die Einbettung der Sammlung in die Stiftung ist nun eine wissenschaftliche Erforschung im historischen Kontext möglich. Die zur Klassik Stiftung gehörende Herzogin Anna Amalia Bibliothek bewahrt bereits rund 350 der weltweit geschätzten Einbände Dorfners auf, so die von ihm kunstvoll eingebundenen Ausgaben der „Faust-Sammlung“ sowie eine repräsentative Reihe von Einbänden der Cranach Presse und zum Werk von Henry van de Velde.

Otto Dorfner, seit 1910 Werkstattleiter an der Kunstgewerbeschule in Weimar, erwarb 1915 nach der Auflösung der Schule die Werkstattausstattung, die sich in wesentlichen Teilen bis heute erhalten hat. Als Werkmeister war er zunächst von 1919 bis 1921 am Bauhaus tätig, später machte er sich selbstständig, fertigte aber weiterhin Arbeiten für das Bauhaus an. Dorfner führte zudem einen eigenen Verlag für Grafikeditionen und bibliophile Ausgaben. Seit Mitte der 1920er Jahre fertigte der bedeutende Buchbinder fast sämtliche Einbände für die Pressendrucke der Weimarer Cranach Presse von Harry Graf Kessler. Als Lehrer für Hunderte junger Buchbinder prägte er fast ein halbes Jahrhundert die deutsche Einbandkunst und setzte neue Maßstäbe.

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