Ulrike Uschmann
"von neun bis drei"

Diplom Plastik, Studienrichtung Keramik, 2017

Ulrike Uschmann
"von neun bis drei"
Foto: Jens Pahl

Ulrike Uschmann
"von neun bis drei"
Diplom Plastik, Studienrichtung Keramik, 2017

Von neun bis drei habe ich Zeit, Zeit zum Tun. Durch die Geburt des Kindes kam die Erkenntnis, dass je weniger Zeit ich habe, ich umso intensiver arbeite. Durch die Zeitverknappung bedarf es einer größeren Fokussierung, wodurch ein anderes Arbeiten möglich ist. Ich folge beim Arbeiten einem stillen Ritual, welches den Rahmen bildet, innerhalb dessen ich mich völlig frei entfalten kann. Eine Methode, um das Unbekannte hervorzubringen, dem eine Ahnung vorausgeht, ein Gefühl welches implizit in meinem Körper vorliegt. Rituale und Wiederholungen geben nicht nur Halt, sie können auch in eine Art Rausch und Glückszustand versetzen. Bei meiner intensiven Werkstattarbeit an Tellern, mit einer steten Wiederkehr von Arbeitsschritten, ist mir dies besonders aufgefallen.
Ich habe untersucht was mit meinem Körper und Geist passiert wenn ich dieser Choreographie nachgehe. Dabei stieß ich auf das Flow-Phänomen, eine Verschmelzung von Bewusstsein und Tätigkeit wenn man sich einer Handlung hingebungsvoll widmet. In diesem Zustand passieren die Dinge scheinbar automatisch und das Gefühl eines messbaren Zeitablaufs geht verloren. Der Geist verschwindet im Tun, ist hochkonzentriert, die Arbeit hat begonnen und der Körper folgt nun Regeln, welche vom einsetzenden Verstand irgendwann als zweckvoll anerkannt wurden. Ich werde ruhig und spüre eine große Klarheit. Die eigenen Erwartungen verschwimmen, ich befinde mich im Moment und alle Fragen um Ansehen und Erfüllung habe ich abgelegt.
Mit dieser Konzentration beginnt die Bemalung und grafische Bearbeitung des gegossenen Porzellanflecks. Ich folge Ahnungen, finde Linien, entdecke Bilder, lasse sie bestehen oder zerstöre sie wieder. Emotionen durchfließen mich ohne zu erschüttern. Ein bewegen und hineinwachsen in den eigenen Raum beginnt, in der Freude sich selbst und dem Werk zu begegnen.

Es gibt eine formelle Übereinkunft, zwischen dem Rund des Rituals, dem Wiederholen, dem entstehenden Flow beim Arbeiten und dem Rund des Tellers. So habe ich formal wie inhaltlich mit denselben Themen zu tun. Es fügt sich alles ineinander und ergibt ein großes Ganzes.

Die Diplomverteidigung fand am 02.11.2017 im Fachbereich Keramik statt.