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Temporäre Beschilderung von umgenutzten Garagenhöfen
– Malte Gebhardt –
Alle urbanen Strukturen folgen einem temporären Prinzip. Für die Projektumsetzung wurde eine Garagengemeinschaft mit 94 Einzelgaragen in Leipzig Paunsdorf ausgewählt. Es gibt Versuche, Garagengemeinschaften wiederzubeleben und durch Umnutzungsstrategien neue urbane Räume zu schaffen. Die ursprüngliche Funktion der Verwahrung eines PKWs wird ersetzt durch die Einrichtung von Kleinwerkstätten, Hobbyräumen und Lagern. Die Projektidee möchte die Umnutzung öffentlich sichtbar machen und besteht in einer einfachen temporären Struktur in Form einer Kachel aus einer Erde-Kasein-Mischung, die die aktuelle Nutzung der jeweiligen Garage anzeigt. Jede Kachel bezeichnet, ähnlich einem Wappen, die Nutzungsform durch Symbole und macht den Nutzer identifizierbar durch seine Mailadresse. Die Kachel wird neben dem Garagentor platziert. Eine gedankliche Vervielfältigung dieser Symbolstrukturen führt zu einem lokalen Wegweiser, der es allen Garagennutzern möglich macht, Kontakte untereinander herzustellen.
Alle urbanen Strukturen folgen einem temporären Prinzip. Urbanität heißt, Schichten, Umnutzen, Vergehen, Überschreiben, Vergessen.
Innerhalb urbaner Strukturen haben sich Ende der 50iger bis Ende der 80iger Jahre temporäre Strukturen in Form von Garagengemeinschaften an den Rändern urbaner Strukturen gebildet. Nach 1990 sind diese Stadt -und Gemeindegrenzen nicht mehr erweitert worden und so stellen diese Garagengemeinschaften einen Übergang zwischen urbanen Leben und Landschaft und Natur dar. Dort wo die Einwohnerzahlen sinken, werden die Garagengemeinschaften aufgegeben und von der Natur zurückerobert.
In größeren Städten und Gemeinden gibt es aber auch die fortwährenden Versuche, solche Garagengemeinschaften neu zu beleben und durch Umnutzungsstrategien neue urbane Räume zu schaffen. So wird die ursprüngliche Funktion der Verwahrung eines PKWs ersetzt oder ergänzt durch die Einrichtung von Kleinwerkstätten, Hobbyräumen und Lagerboxen. Damit einher geht eine Aufmerksamkeitssteigerung gegenüber diesen fragilen und funktionalen Bauten. Die aktuelle Projektidee möchte dazu beitragen, dass diese Umnutzung öffentlich sichtbar wird und zugleich den Grundgedanken einer funktionalen Gemeinschaft neu interpretiert.
Die Grundidee besteht darin, dass eine einfache temporäre Struktur in Form einer Kachel aus einer Mischung aus Erde und Kasein die aktuelle Nutzung einer Garage der Garagengemeinschaft anzeigt. Jede Kachel bezeichnet, ähnlich einem Wappen, die Nutzungsform durch Symbole und macht den Nutzer identifizierbar durch seine Mailadresse oder alternativ QR-Code (für die Zukunft geplant). So symbolisiert beispielsweise eine Strukturholzstück die Nutzung der Garage für Holzarbeiten. Ein Zahnrad bezeichnet die Nutzung als Fahrradwerkstatt, ein Fisch die Nutzung als Räucherei und eine Ölflasche die klassische Nutzung als Autogarage.
Als Beispiel wurde bei der Projektumsetzung eine Garagengemeinschaft in Leipzig Paunsdorf, in der Elisabeth-Schumacher-Straße ( 51.35° nördliche Breite und 12,43° östliche Länge), ausgewählt. Die Garagengemeinschaft besteht aus 94 Einzelgaragen und entspricht der DDR-Standard-Bauweise aus eisenbewährten Betonträgerelementen und Einschubplatten auf einer betonierten Bodenplatte mit einem gering geneigten Satteldach mit Dachbitumeneindeckung. Alle 94 Garagen werden genutzt. Die Stadt Leipzig ist eine der wenigen Großstädte, die in den letzten Jahren einen deutlichen Bevölkerungszuwachs verzeichnet, damit steigt der Druck auf die vorhandene Infrastruktur und die Nachfrage nach Garagenstellplätzen.
Die Umsetzung der Projektidee findet exemplarisch statt. Für den Prozess der Kachelherstellung wird ein Holzrahmen von 400x400 mm zugeschnitten. Der Holzrahmen wird anschließend mit einer Mischung aus Erde des Standortes und biologisch abbaubarem Kasein befüllt und verdichtet. Nach dem Trocknungsprozess der Erde-Kasein-Mischung wird die entstandene Kachel ausgelöst und die Oberfläche mit dem entsprechenden Symbol und der in Holz gefassten Beschriftung fertig gestellt und neben dem entsprechenden Garagentor platziert. Eine gedankliche Vervielfältigung dieser Symbolstrukturen führt zu einem lokalen Wegweiser, der es allen Garagennutzern möglich macht, Kontakte untereinander herzustellen.
Die Grundidee der Kommunikation über Symbole ist bereits sehr alt und wurde auch schon in der Antike in unterschiedlichen Formen angewendet. Eine abstrakte Symbolsprache wird auch in der modernen Architektur, etwa im Dessauer Bauhaus, eingesetzt. Die temporäre Struktur des Garagenkomplexes ist grundlegend funktional und übernimmt den grundsätzlich seriellen Charakter der DDR-Architektur ab den 50iger Jahren. Dabei wird eine Optimierung von minimalen Materialeinsatz und Funktionalität auf Kosten einer individuellen Ästhetik angestrebt.
Die aktuelle Renaissance der Umnutzung von diesen Garagenkomplexen sichert den Erhalt dieser rein funktionellen Architektur und setzt zugleich einen Impuls sozialen Miteinanders innerhalb einer funktionalen urbanen Umwelt. Langfristig sind sowohl die funktionale Architektur des Garagenkomplexes als auch die Kacheln aus Erde und Kasein den Umwelteinflüssen ausgesetzt und ihrem Wesen grundlegend temporär.
Sie können integriert aber auch bei einem stetigen Wachstum der Stadt negiert und zurückgebaut werden entsprechend der in der Zukunft zu erstellenden Entwicklungspläne. Es bleibt zu hoffen, dass auch in Zukunft diese temporären Strukturen erhalten bleiben, die einen wesentlichen Beitrag für soziale Interaktion im urbanen Umfeld leisten.
Ort der Inspiration:
Garagengemeinschaft in Leipzig Paunsdorf
Material:
lokale Erde + Casein
Verfahren der Herstellung:
Formpressen
Zeitliche Komponente:
Dauer des Garagenpachtvertrages
Ort der Inspiration:
Garagengemeinschaft in Leipzig Paunsdorf
Material:
lokale Erde + Casein
Verfahren der Herstellung:
Formpressen
Zeitliche Komponente:
Dauer des Garagenpachtvertrages