Kernbeißer: Arbeiten aus dem Fachgebiet Grafik 2003-2007

Die Grafikklasse von Prof. Thomas Rug nahm ihre (gleichnamige) Ausstellung in der Hochschulgalerie der Universität der Künste Berlin im vergangenen November zum Anlass, neue Arbeiten von Lehrern, Studenten und Absolventen zu publizieren.

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Was der Titel und das Foto eines Kirschbaums mit der Klasse zu tun haben, dürfte sich nur Eingeweihten erschließen. Doch beim Blättern in dem kleinen Katalog wird der vielschichtige Charakter der Rug-Klasse schnell und eindrucksvoll sichtbar. Dank der Textbeiträge von Prof. Thomas Rug und Dr. Joachim Penzel ist der Katalog nicht nur anschauens- sondern auch lesenswert. So liefert Penzel einen kleinen Essay zur Standortbestimmung aktueller Grafik und stellt darin unter anderem fest: »Grafik und Zeichnungen sind heute genauso wie Malerei Ergebnisse eines medialen und technologischen Transformationsprozesses, in dem verschiedenste Bildverfahren und Bildtypen, unterschiedliche Ästhetiken und Codierungsformen ineinander greifen und sich zu einem neuen hybriden Bildphänomen verbinden. Geblieben von der zeichnerischen und grafischen Tradition, die in Europa mit der Renaissance ihren Aufschwung nahm, ist allenfalls eine Passion für die Linie und für den Reichtum an Struktur, der sich als optischer Raum zwischen dem Weiß des Papiers und der Fülle an Grauwertabstufungen bis hin zum tiefsten Schwarz des grafischen Materials auftut. Grafik und Zeichnungen sind – obwohl das selten theoretisch reflektiert wird – längst im Medienzeitalter angekommen. Das betrifft heute nicht nur eine vordergründige Bezugnahme auf die Bildästhetik von Foto, Film, Video, Comic oder computergenerierten Bildern, sondern schließt genauso komplexe technologische Prozesse der Herstellung vom Entwurf bis hin zur Präsentation ein.« rlb

Der grafische Sektor

Sucht man einen Begriff, der das Potential zum meistgebrauchten Wort in Sachen Kunstproduktion und Gesellschaft hat, dann wäre dies zweifellos der Wandel. Wir befinden uns nicht mehr nur im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken, sondern es gilt den Wandel zu berücksichtigen, der sich durch digitale Reproduktionstechniken im so genannten Medienbereich vollzieht. Ein Wandel der auch zunehmend im Selbstverständnis der Künstlerinnen und Künstler wirkt, die ihre Arbeit nicht mehr anders als unter medialen Gesichtspunkten konzipieren. In der Regel werden kompatible Beiträge geschätzt, die schon ihrer Form nach als Reaktion auf aktuelle Kunstdiskurse erkennbar sind. Das heißt autonome Positionen, die durch die Verwendung von grafischen Techniken erst manifest werden, sind nicht reproduzierbar (vermittelbar) und in dem Sinne kaum noch lesbar. Wandel heißt auch: Vorrangig gegenwärtige Entwicklungen sind den gegenwärtigen Entwicklungen suspekt.

Wandelt die Kunst sich um in eine Form der kuratorischen Mutmaßungen, so hat sich nebenbei längst eine neue Emanzipation von klassischen Techniken vollzogen. Versteht man noch das zeichnerische Niveau als die Grammatik des Mitteilungsraums für Bild-Kunst, dann kann die Verständigung unerwartet auch auf breiter Ebene stattfinden, was die in letzter Zeit vorgenommenen Dokumentationen der weltweit mehr oder weniger ihr Nischendasein lebender Zeichner andeutet. Die Parallelsituation zum Mainstream ist nicht unbedingt der zweite Platz für die wissende Gemeinde. Was ein dem Grade nach akademisches Kunststudium vor allen zum Ziel hat, ist die selbstreflektive Einordnung in diese Prozesse. Traditionelle Techniken der Zeichnung und erst recht der Druckgrafik gelten aus Gründen ihrer Verankerung in die Kunstgeschichte bisher kaum als strategisch oder konzeptionell verwendbar. Sie müssen erlernt werden und ziehen meist eine Reihe von Folgereaktionen nach sich. Sie benötigen Werkstatt, Material, Kenntnisse, Zeit, Personal und Geld, was eindeutig eine sanktionierte Eigenschaft anderer medialer Verwendungsmechanismen ist.

So aber, mit dem zeichnenden Imago wird man vielleicht Teil des eigentlichen grafischen Sektors, der immer neu abgesteckt werden muss. Form und Funktion von Zeichnung zu erkennen, zeichnerische Gedankengänge und deren grafisch adäquate Form zu finden, ist das Ziel. Es ist ein Studienziel für individuell ausgerichtete Aspekte der Aneignung und dem Respekt vor der Werkstattarbeit der grafischen Kunst und deren Bildvisionen. Nicht die Reproduktion ist das Anliegen der heutigen Grafik, sondern die Weiterführung dieser speziellen fantastischen und eigenwilligen Blickrichtung auf die Sinterung von Bildwelten.

Begleittext von Prof. Thomas Rug
erschienen in der Publikation „Kernbeißer. Arbeiten aus dem Fachgebiet Grafik 2003-2007“

1. Auflage
Halle 2007

Layout: Edgar Knobloch und Bastian Renner

Format:
14,5 x 19 cm; 48 Seiten, Broschur

Herausgeber:
Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

Erscheinungsjahr: 2007

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Burg Bibliothek
Postfach 200252
06003 Halle (Saale)
Telefon: 0345 - 7751 637
Telefax: 0345 - 7751 638
E-Mail: verlag(at)burg-halle.de

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