Lisa Reichmann

Diplom Bildende Künste bei Prof. Ulrich Reimkasten, Studienrichtung Malerei/Textile Künste, 2011

„ Stickerei“
Sowohl der schriftliche als auch der praktische Teil der Diplomarbeit von Lisa
Reichmann befasst sich mit dem Thema der Handstickerei. Im Rahmen der praktischen Diplomarbeit entstanden zwei Arbeiten, die zu trennen sind und im Kontext des Diploms zusammengeführt wurden.

Teppich für das 27. Lebensjahr...
Der Bildteppich ist keine Umsetzung eines Entwurfs, sondern er entstand aus dem Prozess des Stickens selbst heraus. Die Zeitliche Erfahrung spielt dabei eine ganz wesentliche Rolle. Der Prozess lief über ein gesamtes Jahr, währenddessen sich das Bild langsam durch das Einsetzen verschiedener Sticharten, die zum Teil erst von mir rekonstruiert wurden, entwickelte. Diese Sticharten bilden in sich sehr feine Strukturen, die durch ihre Verbindungen und Gegenüberstellungen im Bild von zeichenhaften und malerischen Strukturen bis hin zu Ornamenten reichen.
Dem Betrachter gelingt es nicht, das Bild aus einer größeren Distanz vollständig zu erfassen. Die Größe des Bildteppichs bleibt zwar überschaubar ( Maße 105 x 92 cm), doch die Stickerei verlangt geradezu, dass der Betrachter sich eingehend mit ihr beschäftigt und näher an die Arbeit heran tritt, das vollständige Bild aus den Augen verliert und sich dem Detail widmet. Das Bild wird von einem Rand umschlossen, der eine Art Legende bildet. Sie verspricht dem Betrachter eine Lesbarkeit des Bildes ( Aufschlüsselung der Muster und Motive nach Zeitlicher Entstehung), kann sie aber nicht einhalten, da sich verschiedene Muster, Formen und Farben im Laufe des Jahres wiederholten und so für den Betrachter nicht mehr rekonstruierbar sind.

Den Stickenden...
Parallel dazu entstand eine Tischdecke, die aus zusammengesetzten und sich zum Teil stark überlagernden Ausschnitten zusammensetzt. Diese Ausschnitte sind von handbestickten, festlichen Tischdecken aus Haushaltsauflösungen entnommen und werden nun in dieser Arbeit aus ihrem alten Kontext herausgelöst, indem sie zu einer neuen Tischdecke aneinander gesetzt, miteinander verbunden und neu überstickt werden. Die verschiedenen Jahrzehnte und die verschiedenen Festlichkeiten zu denen sie angefertigt wurden, beginnen sich auf der Tischdecke zu überlagern und finden die zeitliche Einbettung in die heutige Zeit durch das zusätzliche Besticken meinerseits.


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