Vespapier
Sprühbare Kreislauftapete aus verlassenen Wespennestern
– Mareike Galle –
Papier wird gerne als umweltfreundliches Ersatzmaterial benutzt, bedingt aber momentan noch Monokulturen und einen hohen Verbrauch an Energie und Chemikalien. Vespapier nutzt eine alternative Cellulosequelle für Papier: Für Vespapier wirtschaften Wespen systemsensibel in Wäldern oder verwerten Restholz. Die Insekten bauen sich jedes Jahr neue Nester und verlassen diese vor dem Winter. Dafür sammeln und zerkleinern sie die pflanzliche Cellulose, die so mit deutlich weniger Energie und ohne Chemikalien zu Cellulosefasern verarbeitet wird. Wenn sie eingefärbte Fasern zur Verfügung haben, entstehen sogar farbige Nester. Verlassene Nester werden gesammelt und zerkleinert. Mittels Sprühverfahren werden die befeuchteten Fasern zu einer lebendig wirkenden Tapete. Wespenspezifische Zusätze verleihen der Tapete wasserabweisende Eigenschaften.
Bei der Vespapierherstellung wird den Wespen Altholz und -papier zur Verfügung gestellt. Ende Herbst werden ihre verlassenen Nester geerntet und zerkleinert. Dafür gibt es drei Möglichkeiten, Wespen zu kultivieren:
1. Als Wespenwald, in dem eine passende Anzahl an Wespenvölker leben und jedes Jahr ein Nest produzieren. Hier können verschiedene Arten kombiniert werden, solange das Ökosystem das verträgt.
2. In Industriestandorten frei lebend. Viele Wespenarten sind nicht aggressiv. In Produktionsstätten wie Gewerbegebiete, die sich auf Metallproduktion spezialisiert haben, können sie unter den Dächern ihre Nester bauen. Automatisierte Produktionen helfen dabei noch weniger Kontakt mit dem Menschen zu haben. Erst wenn die Nester verlassen sind, werden sie geerntet. Es muss beachtet werden, dass Wespen auch einige Kilometer in ihrer Umgebung Cellulose und Beute sammeln. Betriebe mit getrocknetem Holz werden in direkter Umgebung Probleme mit den Wespen haben.
3. Wenn die Wespen in Wespenfarmen gehalten werden, ist die Farbe ihrer Nester kontrollierbar. Die Farmen bestehen aus isolierten Bereichen, aus denen die Insekten nicht raus oder rein kommen. Neben Futter wird ihnen farblich sortiertes Altpapier und -holz gestellt. Jedes Volk hat Zugriff auf eine Farbe, sodass ihre Nester möglichst gleichfarbig sind. Die heimischen Arten brauchen keine Wärme oder gesteuerte Tageszyklen.
Die gesammelten Nester werden trocken und mechanisch zerkleinert, bis Celluloseflocken aus ihnen entstehen. Dieser Schritt benötigt deutlich weniger Energie und Abwasser als das Zerkleinern und Auskochen von Holz.
Zum Zerkleinern werden übliche Maschinen benutzt, die auch für die Produktion von Altpapierfasern in Papierrecyclinghöfen genutzt werden können. In Säcken werden die trockenen Fasern gelagert und transportiert.
Die Tapete wird von geschulten, aber nicht spezialisierten Handwerker*innen mit Druckluft aufgetragen.
Die Maschinen sind mit ein bis zwei Personen tragbar. Es wird als Zugabe zu neuem Vespapier recycelt oder zusammen mit dem nicht verwertbaren Kern des Nestes dem Altpapier zugegeben.
Zum Sprühen mit dem CSO-Verfahren wird an einem Behälter Druckluft angeschlossen und mit den Cellulosefasern gemischt. Beim Raussprühen werden sie mit Wasser befeuchtet und kleben an der Wand. Die Methode stammt von der Gebäudedämmung mit Cellulosefasern, die aus Altpapier hergestellt wird. Im Vergleich dazu werden für Vespapier deutlich feinere Düsen benötigt. Das Sprühen staubt sehr stark und muss braucht anschließend in etwa einen Tag Trockenzeit.So lange die Tapete noch nass ist, wird sie mit einer Musterrolle festgedrückt.
Es wird nicht gebleicht oder nachträglich gefärbt. Die intensiven Farben, trotz tierischer Erzeugung, kommen von sortiertem Altpapier oder -holz. Durch das Vermischen der Cellulose im Mund der Wespen, bekommt es immer einen leichten Graustich. Ein reines Weiß zu produzieren ist deshalb nicht möglich, aber auch kein Ziel.
Da kein Leim oder andere Stoffe hinzugefügt werden, kann das Vespapier später von den Wänden entfernt und wieder zerkleinert werden. Dazu muss es gründlich durchweicht werden. Es wird als Zugabe zu neuem Vespapier recycelt oder zusammen mit dem nicht verwertbaren Kern des Nestes dem Altpapier zugegeben.
Vespapier soll nicht alles Papier ersetzen, denn zu viele Wespen das werden jedes Ökosystem überfordern, besonders in der Haltung in Wäldern. Es gibt eine weitere Möglichkeit zur Papierherstellung, um sich von Monokulturen abzuwenden, die besonders Insektenarten bedrohen.
entstanden im Projekt The Insect Project – Resilience Part I
entstanden im Projekt The Insect Project – Resilience Part I