Dem da___zwischen

Wahlpflichtmodul Freies Projekt »Multilinguale Typografie und transkulturelle Gestaltung«, WiSe 2012/2013


Fragen an das Institut für multilinguale Typografie und transkulturelle Gestaltung im Nirgendwo des Dazwischen, formuliert von Studierenden im Kommunikations­design, Burg Giebichen­stein Kunsthochschule Halle (Saale), im Januar 2013

Hintergrund

Eine immer stärker vernetzte Welt hat die visuelle Kommunikation zu einer globalen Disziplin gemacht. Kulturelle Codes unterschiedlicher Hintergründe treffen verstärkt aufeinander und ver­mischen sich. Gestalter sehen sich zunehmend mit fremdsprachlichen Inhalten sowie veränderten ästhetischen Präferenzen und kommunikativen Situationen konfrontiert.

Die moderne Informationsgesellschaft bietet uns jedoch bessere Möglichkeiten denn je, kulturelle Konzepte zueinander in Beziehung zu set­zen und relative Positionen zu schaffen. Diversität sollte nicht nur als Herausforderung, vielmehr als Einladung zur Findung transkultureller Gestaltungsgrundlagen verstanden werden. Die stärker erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse können zwar abschreckend wirken, vor allem wenn diese mit sog. nichtlateinischen Schriftsystemen verbunden sind. Doch gerade Sprache und Schrift kommu­nizieren konzeptuelle Perspektiven im Denken am feinsten. Zugleich bildet die Schrift die wich­tigste Grundlage für die jeweiligen typografischen Gestaltungssysteme. Deren Nutzung steigert die Sensibilität für die transkulturelle Dimension in der visuellen Kommunikation.

Was kann Typografie zur Prägung einer Kultur des Dazwischen beitragen? Läuft alles auf eine globale visuelle Sprache hinaus (und falls ja, kann diese rein westlich geprägt sein?) oder auf eine Kultur des Unterschieds? Ist es möglich, unterschiedliche Konzepte miteinander interagieren und komplementär aufeinander einwirken zu lassen? Eine solche Kultur der Diversität wäre ohne Gestaltung und Ge­stalter mit der nötigen kritischen Offenheit nicht möglich. Problemstellungen sollen hierbei als Chan­cen zum relativen Sehen genommen werden.

Aufgabe

Ein Institut für multilinguale Typografie und transkulturelle Informationsgestaltung gibt es so (noch) nicht, nicht in Deutschland, nicht in China, nirgendwo. Dabei wäre gerade das Nirgendwo im Zwischenraum der Kulturräume der ideale Standort für derlei Institutionen.

Schließlich ist es genau diese nur schwer definierbare Grauzone des Da-zwischen, die uns ein Minimum an Neutralität der Perspektive auf visuelle Kultur zusichern würde, um in einem Institut gewissenhaft Forschung betreiben zu können. Dort wo wir uns befinden, im hier und jetzt, gibt es keinen Ausweg aus tra­dierten Blickwinkeln auf typografisches Gestalten.

Der Grund und Boden, auf dem einmal solch ein Institut stehen könnte, muss zunächst bereitet, ja geschaffen werden, als Akt der vorsichtigen Los­lösung von ideologischen und gerade auch immer aufs Neue visualisierten Vorurteilen.

Das sind erst einmal nichts als große Worte. Doch die Simulation von Auslandserfahrungen ist nicht möglich – entweder man hat sie oder nicht. Das primäre Ziel des Moduls war daher vor allem die Vermittlung von typografischen Kulturen außerhalb des durch unseren Studienstandort abgesteckten Rahmens: China, Japan, Korea, Vietnam, die arabische Welt und ihre Sprachen, Schriftsysteme, visu­ellen Kulturen. Die unterschiedlichen, Modelle und Bedürfnisse von interkultureller visueller Kommunikation zwischen diesen Welten und der, in der die Studierenden ihre eigene Identität und Haltung ausbilden.