Wandertag. Bruno Raetsch

Ausstellung in der Hochschulgalerie im Volkspark vom 27. Januar bis 20. Februar 2011, Ausstellungseröffnung am 26. Januar 2011, 19 Uhr

Bruno Raetsch: Ausstellung „Wandertag“ in der Hochschulgalerie im Volkspark Halle, Foto: Wieland Krause

Bruno Raetsch: Ausstellung „Wandertag“ in der Hochschulgalerie im Volkspark Halle, Foto: Wieland Krause

Vom 27. Januar bis 20. Februar 2011 zeigt die Galerie eine Personalausstellung des Bildhauers Bruno Raetsch. Er leitet als Professor an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle seit Anfang 2009 eine der beiden Bildhauerklassen. Der 1962 in Neuß geborene Künstler, der von 1988 bis 1995 an der halleschen Kunsthochschule Bildhauerei studiert hat, zeigt unter dem Titel „Wandertag“ mit großen und kleinen Skulpturen aus Holz sowie großformatigen Zeichnungen eine Auswahl seiner in den letzten fünf Jahren entstandenen Arbeiten. Die Ausstellung wird am 26. Januar, um 19 Uhr eröffnet.

Susanne Altmann zur Arbeit von Bruno Raetsch

„Unsere Sehnsucht nach einer Rückkehr der Mythen ist so alt wie jede Form von Zivilisationskritik. Ihr praktisch nachzugeben, kann als gefährliche Ideologie enden oder als passive Weltflucht. Sie kann jedoch auch einen Philosophen wie Friedrich Nietzsche hervorbringen oder einen Künstler wie Joseph Beuys. Deren Beispiel lehrt: Wenn man sich der Gegenwart bewusst bleibt, ist die Sehnsucht nach Mythen einer der effektivsten Motoren für Kultur überhaupt.
Bruno Raetsch hat diesen Motor schon lange für sich entdeckt und gibt schöpferisch seiner Faszination für Archetypen und Anachronismen nach. Die einsamen Jäger, Hundeführer, Forscher oder Wanderer, die er aus Holzblöcken haut, künden von dieser speziellen Romantik. Auch der Werkstoff selbst und das Handwerk stehen für einen Blick in ferne Zeitgegenden. Rau und roh erscheinen diese Gesellen, die in Zyklen wie „Frost“ oder „Heimat“ auftauchen. Wildnis, dräuende Naturgewalten und Versorgungsnot scheinen die Rahmenbedingungen für ihr Tun zu sein. Manchmal sind diese mächtigen, aggressiven Szenarien kaum noch auszuhalten – dann verkleinert sie Bruno Raetsch auf ein beherrschbares Maß. Die Eroberer, allesamt männlich, domestizieren nun einen Mikrokosmos. Doch ihre Anstrengungen wirken keineswegs niedlich, höchstens etwas vergeblich. Insofern spiegelt Raetsch die nicht enden wollende menschliche Unterwerfung von Natur. Mit parallel entstehenden schwarzweißen Zeichnungen entwirft er zusätzliche Landschaftsvisionen. Hier ergänzen Wasserstrudel oder Dickichte jene Szenarien, die die Holzskulpturen zunächst nur anreißen.
Für beide Medien gilt: Sie lassen die Betrachter den Zauber von Pioniergeist empfinden und ahnen gleichzeitig dessen unbequeme Schattenseiten. Nicht umsonst entstehen auch Tableaus mit einsamen, verkrüppelten Nadelbäumchen oder trutzige Bunkerarchitekturen auf Felsen. Hier schwingt vielleicht der wehmütige, sensible Blick eines Caspar David Friedrich mit. Bruno Raetsch geht behutsam mit solchen Referenzen um. Dabei lässt er nie das Heute aus dem Blick, etwa wenn er zweideutige Pfadfindergestalten darstellt wie in „Heimat 11“ und „Heimat 9“. Er distanziert sich nicht von seinen Helden, sondern nimmt vielmehr die Rolle des Erzählers ein. Bisweilen gerät so manche Figur zum Alter Ego des Künstlers, der unter anderen Umständen wahrscheinlich Polarforscher oder Jägersmann geworden wäre.“