Judith Tschernitschek / Du siehst mich, du siehst mich nicht ...

Atelier 3 Präsentation / Klasse Una Moehrke / 07.06.2018 / Burg Galerie im Volkspark / im Rahmen der Ausstellung erreger-|EIGEN frequenz

o.T., 2017/18, Stickerei auf Baumwollcretonne, Polyestergarn, Stahlfedern, 800 x 120 cm, Foto: Etienne Dietzel

o.T., 2017/18, Stickerei auf Baumwollcretonne, Polyestergarn, Stahlfedern, 800 x 120 cm, Foto: Etienne Dietzel

Du siehst mich, du siehst mich nicht. Ich bin da und zeitgleich nicht. Acht Meter lang hänge ich groß und lang im Raum und trotzdem braucht es volle Aufmerksamkeit, um mich in meiner Gänze sehen zu können. Wie das Licht – so weiß, flüchtig und fragil – fängt sich Glanz auf mir. Schau mich genau an. Lass dich nicht täuschen. Auch wenn ich groß und selbstbewusst wirke, bin ich doch ganz scheu und verstecke mich vor deinem Blick. Nur deine ungeteilte Aufmerksamkeit lässt mich sichtbar werden. Winzig, Stich für Stich mache ich meine Seele fassbar. Garnverschlingungen werden zu Linien, werden zu Flächen, zu einem Schwarm, zu Schwärmen. Organisch und amorph, formlos und doch in Formen sammelt sich Glanz auf meinem Leib. Ruhig leuchte ich vor mich hin. Deine Bewegung erst ist es, die mich zum Glitzern bringen kann. Ich bringe dich zum Wippen und zum Wiegen – Ambition wird belohnt. Sanft und sicher, hell und leuchtend, weiß und pur, groß und still, bin ich da.

Judith Tschernitschek, Maßschneiderin, Naturwissenschaftlerin und Kunstschaffende, beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit dem Fragmentarischen im Moment der Wahrnehmung – über das Verschwinden und Dasein, zwischen Präsenz und Absenz, von Erscheinungen über das Augenscheinliche bis hin zur Unsichtbarkeit.