Sophia Werneburg
Zwischen Systematik und Individualität

Examen Sophia Werneburg / Klasse Prof. Una Moehrke / Studiengang Kunsterziehung / Sommersemester 2015 / Hermesgebäude

Sophia Werneburg
Examen Kunsterziehung
o.T., Öl auf Leinwand, 120 x 120cm

Zwischen Systematik und Individualität

Eine Handlung legitimiert sich, wenn sie innerhalb bestimmter Regeln logisch aus dem Vorangegangenen folgt, eine Vollständigkeit oder Repräsentativität verfolgt. Das System gibt eine Sicherheit, die es ermöglicht, in den selbstgesetzten Grenzen jegliche Freiheit voller Begeisterung auszukosten. Das Sich-Entziehen von Entscheidungen wird mit ihm zu einem bewussten Weglassen von Unbegründetem, Inkonsequentem. Es umgeht Zufall und Beliebigkeit ebenso wie eine Komposition oder Setzung. Das Bild ist damit nicht Ergebnis eines bildnerischen, gestalterischen Prozesses, sondern vor allem Folge des konsequenten Ausführens, Einhaltens und Ausschöpfens der Regeln. Jegliche Entscheidung wird vor den Arbeitsprozess gelegt. Das Ergebnis mit seiner ganzen Erscheinung und Wirkung bleibt jedoch unbestimmt und ist Folge der konsequenten Ausführung von Regeln. So bringt das System ein monoton-meditatives, nicht hinterfragendes Versenken in die Arbeit mit sich, das ihm durch die Spuren des individuell-menschlichen im Ergebnis entgegensteht.

Den Arbeiten liegt eine zwölfteilige, das ganze Spektrum gleichmäßig umfassende Farbskala zugrunde, wobei stets vom Purpur als aktivste der Farben ausgegangen wird. Es entstehen Variationen von möglichen Systemen, die mit jeder Zeichnung immer komplexer werden, zunächst an der Abfolge des Spektrums orientiert bis hin zur größtmöglichen Entfernung von dieser. Durch die Fortsetzbarkeit des Spektrums in jede Richtung kann jede Variation als nicht abgeschlossen, als Ausschnitt des Unendlichen gedacht werden.

Das Ganze entsteht aus der Zusammensetzung einzelner Quadrate, die jeweils aus einem Plastizität und Harmonie erzeugenden Farbübergang bestehen. Durch die Fülle der Einzelnen, die zwischen Eigenständigkeit und ihrem Aufgehen im Ganzen schweben, entsteht seine zuweilen aus der Farbigkeit heraus leuchtende Gestalt und Charakteristik.

Welch Freiheit bietet die Systematik! Oder um mit Richard Paul Lohse zu sprechen: „Nach der Überblickbarkeit entsteht das Problem des Unlimitiert-Vielen.“ Welche unendlichen Möglichkeiten würden entstehen, wenn man nur einen Faktor der scheinbar eng gesetzten Rahmenbedingungen verändern würde?

Text und Bild: Sophia Werneburg, 2015

 

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Schlagworte: Malerei, Zeichnung, Examen/Diplom