Faulheit und Feigheit?! Aufklärung mit Immanuel Kant und Michel Foucault

Prof. Dr. Mirjam Schaub
Kunstwissenschaften, Modul: 2: Theorien & Diskurse; WK-KW, Seminar (Philosophie), Sommersemester 2021, Kursbeginn: 08.04.2021

Für alle Studierenden der Diplomstudiengänge Kunst sowie der Bachelor- und Masterstudiengänge Design (ohne Credit-Points). Offen für Studierende des neuen Masters Kunstwissenschaften (Modul: 2: Theorien & Diskurse), der Kunstpädagogik sowie Kunst (Lehramt). Offen auch für die Design Studies (MA) als fakultatives Angebot

 

Anmeldung (digitale Lehre) bis zum 6. April direkt über den Classroom https://classroom.google.com/c/Mjg4NTUxMzA3NjUy?cjc=dykf5lw

ACHTUNG! Anmeldung zum Classroom nur möglich mit Burg-Gmail-Account! Bitte wendet euch direkt an das Rechenzentrum, wenn ihr Log-in Probleme habt.

Bei anderen Fragen: anne-christin.bielig(at)  burg-halle.  de

 

In Zeiten grassierender Verschwörungstheorien, ubiquitärer fake news und der Verunsicherung durch „alternative Fakten“, erscheint eine Rückbesinnung auf Immanuel Kants kurze Programmschrift „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“ von 1784 nötiger denn je. Kant macht in der Berlinischen Monatsschrift lediglich zwei – leider sehr hartnäckige Hinderungsgründe – für den Nicht-Gebrauch der eigenen Vernunft geltend: Feigheit und Faulheit. Diese beiden verhindern für Kant in zeitloser Stupidität, dass sich Menschen ihres eigenen Verstandes bedienen und ihr Geschick nur allzu gerne anderen Autoritäten überlassen. Kants Beispiel sind bezeichnender Weise die Kirche, der Staat und die Medizin. Sein Vernunftbegriff hingegen ist sehr formal (er spricht von „tödlicher Unempfindlichkeit“), wie um die Angriffsfläche gegen denselben zu reduzieren.

 

Zweihundert Jahre später hält Michel Foucault seine letzte Vorlesung am Collège de France über den „Mut zur Wahrheit“. Darin untersucht er den Irrsinn, aber auch den Wagemut und das Risiko, das Menschen quer durch die Kulturgeschichte auf sich nahmen, wenn sie öffentlich Gebrauch von ihrer Vernunft machten in der Weise, die Kant einfordert. Foucault untersucht die Folgen des Wahrsprechens für so unterschiedliche Figuren wie den Kyniker Diogenes, Sokrates, Experten, Propheten, Narren. So sei der parrhesiast sei ein Schwätzer, der – bewusst oder unbewusst – das Risiko auf sich nehme, für seine öffentliche Rede das eigene Leben zu lassen; der Kyniker Diogenes hingegen sei noch in seiner Provokation, in seiner Lust an der Beschämung „ein Instrument des Glücks der anderen“. Wir wollen herausfinden, wie das zu verstehen ist.

 

Im Schlussteil seiner Vorlesung erklärt Foucault dann den/die moderne/n Künstler/in (seit Baudelaire) für legitime Erben des antiken Diogenes, der einen unerhörten Aktivismus ins Leben rief, geeignet, der Philosophie einen Spiegel vorzuhalten mit ihrem – nun scheinbar pervertierten – Ideal eines wahrhaftigen, autonomen, souveränen Lebens. Stimmt das denn auch für die heutige Kunst, für ihre Zeitgenossenschaft? Und wenn ja, ist es nicht eine Zumutung für die Kunst, immer der Stachel sein zu müssen, der ein Unbehagen an der eigenen Kultur hervorbringt, Zweifel sät, zuletzt womöglich am Projekt der Selbstaufklärung selbst?

 

Foucault jedenfalls radikalisiert in seiner gut lesbaren, gut verständlichen Vorlesung die Weisen und Wege der Aufklärung. Zugleich verengt er den allgemeinen Zugang zu derselben, bevor er ihn wieder durch die Kunst aufstößt. Referate werfen deshalb auch einen Blick in Foucaults kritische Auseinandersetzung mit Kants Anthropologie, seiner letzten, umstrittenen, 1797 erschienen Schrift, die selbst Zweifel an der Universalität des Vernunftgesetzes weckt.

 

Das Seminar nimmt sich damit einen kurzen Text Kants und Auszüge aus Foucaults Vorlesung von 1984 als gemeinsame Lektüre für das Seminargespräch vor. Flankiert wird es durch einen Blick auf die zeitgenössische Kunst. Die Studierenden können hier eigene Schwerpunkt setzen, um der Frage auf die Spur zu kommen, ob und wenn ja, wie sich Faulheit und Feigheit überlisten, aushebeln, unterwandern, ignorieren lassen, um Kopf, Hand und Herz in bestem emanzipatorischem Sinne zusammenstimmen zu lassen.

 

Das Seminar ist für alle Interessierten offen.

 

Literatur zur Anschaffung:

 

Michel Foucault: Der Mut zur Wahrheit. Die Regierung des Selbst und der anderen II. Vorlesungen am Collège de France (1983/84). Aus dem Französischen von Jürgen Schröder. [Oder im frz. Original: Le courage de la verité]

 

Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784) – findet man problemlos als pdf im Netz; wird auch im classroom bereitgestellt

 

Weitere Literatur:

 

Michel Foucault: Einführung in Kants Anthropologie. Aus dem Französischen von Ute Frietsch. Mit einem Nachwort von Andrea Hemminger. Frankfurt a.M. 2010.

 

Niklas Luhmann: Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt a.M. 1995. Darin besonders das Kap. 4: „Funktion der Kunst und die Ausdifferenzierung des Kunstsystems“, S. 215–300.

 

Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. (1785) https://www.projekt-gutenberg.org/kant/sitte/sitte.html

 

Immanuel Kant: Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik I + II. Werkausgabe Bd. XI und VII, hg. von Wilhelm Weischedel. Frankfurt a.M. 1977.

 

 

ZEIT: Donnerstags: 16:15–17:45 Uhr

ORT: digital

Beginn: 8. April 2021

 

Name der Lehrenden / Name of Teacher

Prof. Dr. Mirjam Schaub und Gäste 

 

Veranstaltungsart und -methodik / Teaching and working methods 

Seminar

 

Verwendbarkeit / Applicability 

Kunst: Fachwissenschaft Philosophie/Ästhetik

Kunst (Lehramt): Philosophie (WK-KW)

Kunstpädagogik (Diplom): Philosophie

MA Kunstwissenschaften: Modul 2 Theorien und Diskurse

MA Design Studies (Philosophie-VL als Wahlpflichtfach) 

 

Lernziel, Qualifikationsziele / Objectives, Learning Outcome

  • Erarbeitung theoretischer und diskursiver Zugänge zu historischem Wissen

  • Einbindung disziplinärer und transdisziplinärer Theorien zum tieferen Verständnis der jeweiligen Fachdisziplinen

  • Fähigkeit, das kulturelle, gesellschaftliche und politische Diskursfeld, in dem sich die Inhalte bewegen, zu reflektieren

  • Bildung eigener Schwerpunkte und Forschungsansätze auf der Basis der Vernetzung, Reflexion und Pointierung des Themenspektrums

 

Beurteilung / Assessment

Studierende Kunst: Teilnahmeschein (unbenotet), Leistungsschein (Mündliche Prüfung zum Semesterende);

Studierende Kunst (Lehramt): Teilmodulleistung (unbenotete Präsentation) oder/und Modulprüfung (mündliche Prüfung zum Semesterende);

Studierende der Kunstpädagogik (Diplom): Teilnahmeschein (unbenotet) oder Leistungsschein (Mündiche Prüfung);

Studierende Master Kunstwissenschaften: Teilmodulleistung (unbenotete Präsentation) oder Modulprüfung (Schriftliche Hausarbeit)

 

Zugangsvoraussetzung / Prerequisites

keine

 

Umfang in SWS / Semester periods per week

2

 

Häufigkeit, Dauer und Termine, Ort des Angebots / Appointed time and location

Donnerstags: 16:15-17:45 Uhr
Beginn: 8. April 2021

Ort: digital

 

Studiengang / -richtung

Kunstwissenschaften
Lehrangebote Philosophie
Master Kunstwissenschaften
Kunst (Lehramt)
Kunstpädagogik
Design Studies
Kunst

Semester

Sommersemester 2021

Lehrende(r)

Prof. Dr. Mirjam Schaub

Kontakt

Mirjam Schaub

Anne-Christin Bielig (Hiwi)



Ort

Digital

Veranstaltungsart

Seminar (Philosophie)

Kursbeginn

08.04.2021

Zeiten und Termine

ZEIT: Donnerstags: 16:15–17:45 Uhr
ORT: digital



Modulbezeichnung / Fachbezeichnung

Modul: 2: Theorien & Diskurse; WK-KW

Modulbereich Design / Angebote Kunst

Kunstwissenschaften

Voraussetzungen

keine

Benotung

benotet

Studiengang / -richtung

Kunstwissenschaften
Lehrangebote Philosophie
Master Kunstwissenschaften
Kunst (Lehramt)
Kunstpädagogik
Design Studies
Kunst

Semester

Sommersemester 2021

Lehrende(r)

Prof. Dr. Mirjam Schaub

Kontakt

Mirjam Schaub

Anne-Christin Bielig (Hiwi)



Ort

Digital

Veranstaltungsart

Seminar (Philosophie)

Kursbeginn

08.04.2021

Zeiten und Termine

ZEIT: Donnerstags: 16:15–17:45 Uhr
ORT: digital



Modulbezeichnung / Fachbezeichnung

Modul: 2: Theorien & Diskurse; WK-KW

Modulbereich Design / Angebote Kunst

Kunstwissenschaften

Voraussetzungen

keine

Benotung

benotet