Julia Miorin – Übergangsobjekte

Diplom | Kunstpädagogik | Klasse Prof. Una Moehrke | 18.01.2017 |
Weisses Haus | Seebener Str. 193, Halle

Ausstellungsansicht

Julia Miorin – Übergangsobjekte

Der Ausgangspunkt meiner bildhauerischen Arbeit sind gefundene Nutzgegenstände, die im Alltag verortet sind. Ich suche nicht permanent nach solchen Objekten, es ist eher so, dass sie sich mir schon immer aufgedrängt haben. Meistens stammen sie aus dem Bereich der Häuslichkeit und sind an sich ziemlich unspektakulär. Es sind Dinge, denen für gewöhnlich kaum Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Der erste Schritt ist, sie von ihrem Nutzen auszuhebeln. Manche Dinge liegen über Wochen und Monate funktionslos und unangetastet in meiner Wohnung bis mir klar wird, in welche Richtung es gehen könnte. Im besten Fall habe ich ein ganz konkretes Bild im Kopf. Mein Zugang ist nicht selten mit einem Schmunzeln verbunden. Ich verwende die Objekte zumeist so wie sie sind und versuche die Informationen, die in ihnen stecken, so weiterzuentwickeln, dass eine Öffnung entsteht. Über ihre formalen und haptischen Eigenschaften finde ich heraus, was sie brauchen, was sie wollen, wie sie erweitert werden können. Welche Art der Einbettung, welchen Prozess der Umdeutung, welche Rekontextualisierung fordern sie eigentlich?

Dabei beachte ich, wo sie herkommen, was sie sind, an was sie erinnern oder von was sie erzählen. Mehr noch interessiert mich, was sie jenseits dieses bekannten Nutzens sein können, jenseits unseres Wissens über ihre Funktion oder die Erinnerung an die letzte tatsächliche Nutzung. Ich bewege mich zwischen der Narration, die die Dinge mit sich bringen und der Hervorhebung ihrer formalen Natur. Denn ich glaube, wenn die Dinge nicht das sein müssen, wofür sie eigentlich gedacht sind, können sie auch alles andere sein. Diese Grenze des Üblichen zum Unüblichen, der Moment, in welchem nicht ganz klar ist, wie das Objekt oder die Situation gelesen werden will, steht im Fokus meiner Arbeit. In diesem Moment ist beides vorhanden: Das erlernte Gewohnte und das Ding an sich, die Form an sich, die Farbe an sich, das Material an sich und im Zusammenspiel zugleich eine neue Bedeutung; ohne dass die Dinge dadurch zu Ende erzählt werden. Auf formaler Ebene achte ich stets auf ihre Materialbeschaffenheit und eine bestmögliche Hervorhebung derselben.

Im Rückblick auf meine Arbeit stelle ich zwei unterschiedliche Zugänge fest, wie ich mit den Dingen umgehe: Zum einen sind es Objektkombinationen. Dabei ist es mal die Farbigkeit der Objekte, die sie zusammenbringt, mal ihr Funktionszusammenhang, mal die Art der Bearbeitung, mal die Materialität, mal eine inhaltliche Verbindung; Es geht mir aber immer darum, dass sie im Auswählen, im Zusammentreten neu belebt werden.

Die andere Methode sind Objekterweiterungen. Dabei versuche ich einen Gegenstand plastisch weiterzudenken, indem ich in einem additiven Vorgehen an das Vorhandene andocke und aus dem bekannten und funktionsgeladenen eine neue Form hervorbringe. Die neue Form kann die bestehende Form verstärken, sie fortdenken oder sich von ihr distanzieren. Ich stelle Rahmenbedingungen für die Objekte her, um zu unterstreichen was sie sind oder sein können. Rahmenbedingungen, die dann aber kaum mehr wegzudenken sind. Die Erweiterungen werden auf diese Weise wie selbstverständliche Träger der Dinge. Ich verorte die Dinge, ich baue einen Ort für das Ding und dieser Ort wird Teil des Dings.