Weg zum Hermes - Ein Plädoyer für den gesenkten Blick

Studienarbeit von Teresa Weißert

Beim Laufen auf natürlichem Terrain lohnt es sich immer, zumindest mit einem Auge, auf den Boden zu achten. Wurzeln, Hügel, Kuhlen und Pfützen sorgen für stete Abwechslung und Stolpergefahr. Selbst auf einer gleichmäßig bewachsenen Wiese kann man nie sicher sein, was der nächste Schritt bringt. Aber wie bewegt sich der Mensch in kultivierter Umgebung der asphaltierten, gepflasterten und gekiesten Wege? Höhenunterschiede, markiert durch Bordsteine, dienen hier der Unterscheidung zwischen Straße und Fußgängerweg. Gehkomfort ohne Überraschungen: eine Voraussetzung. So ist dem Moment, da dieser Gehkomfort gebrochen wird, durch Risse im Asphalt, fehlende Steine im Pflaster oder gar offene Gullis, Empörung gewiss oder zumindest der Verdacht sich in einer verwahrlosten Umgebung zu befinden. Doch auch auf scheinbar intakten Straßen und Gehwegen fällt der aufmerksamen Betrachterin auf: Die Mannigfaltigkeit der Straßenbeläge einer Stadt gleicht der sich wandelnden Flora eines ausgedehnten Spazierganges durch Wiesen und Wälder. Ohne ersichtlichen Grund wechseln die Steine Farbe, Form und Muster und lassen Spekulationen über Alter und Nutzung der Straßenabschnitte zu. Gleichzeitig scheint diese Vielfalt ein selten betontes Phänomen zu sein. Erst nach erfolgter Sensibilisierung richtet sich der Blick gezielt zu Boden und staunt über die Vielfältigkeit dieser pragmatischsten Konstante des täglichen Bewegens durch die Stadt.