Lektüre zur Exkursion
Le Corbusier
In den 1950er und 1960er Jahren war Le Corbusier der international renommierteste Architekt. Er plante Gebäude und ganze Städte, … und befasste sich mit den damals drängendsten Problemen der zeitgenössischen Architektur. Er proklamierte Slogans und erfand neue Termini, er entwickelte das Proportionssystem „Modulor“ und wandte es auf Gegenstände des täglichen Lebens ebenso an wie auf Gebäude. So ist es kaum verwunderlich, dass er jedes Werk geradezu als Manifest verstanden wissen wollte, als Gebäude, die aufgrund der Typologie ihrer Aufteilung, ihrer Gestaltung und Erscheinung beispielhaft waren. So entwirft er nach Ronchamp – das allein schon einen Architekten unsterblich machen könnte – die fünf Unités d‘ Habitation (ab 1952), das Kloster La Tourette in Eveux (1960), das Kulturhaus in Firminy (1965), die Maisons Jaoul in Paris (1955), das Verwaltungszentrum von Chandigarh (1955) und das Carpenter Center for the Visual Arts in Cambridge, Massachusetts (1963).
aus: Paolo Favole »Geschichte der Architektur: 20./21. Jahrhundert«
wikipedia.org/wiki/Le_Corbusier
Modulor
Le Corbusier entwickelte zwischen 1942 und 1955 ein universelles Masssystem, den sogenannten Modulor. Der Modulor stellt den bedeutendsten modernen Versuch dar, der Architektur eine am Maß des Menschen orientierte mathematische Ordnung zu geben. Er steht damit in der Tradition von Vitruv. Ausgehend vom Goldenen Schnitt und von den Proportionen des menschlichen Körpers entwickelte Le Corbusier seine Proportionslehre des Bauens. Er ging von einer angenommenen Standardgrösse des menschlichen Körpers aus und markierte drei Intervalle, die zueinander in der Proportion des Goldenen Schnitts stehen. Es gelang Le Corbusier, das angelsächsische, auf dem Fuss basierende Masssystem mit dem metrischen Dezimalsystem zu verbinden und gleichzeitig auf die menschlichen Körpermasse zu beziehen. Damit gewann er eine systematische Planungsgrundlage für Architektur und Industrieprodukte, die in der ganzen Welt Verbreitung fand und von zahlreichen Praktikern angewandt wurde.
Unité d’habitation in Marseille
Die Unité von Marseille war die erste von insgesamt fünf Wohneinheiten und wurde 1952 fertiggestellt. Das Konzept der zur Wohnmaschine gestapelten Maisonette-Wohnungen geht auf Le Corbusiers „Pavillon de l’Esprit Nouveau“ von 1925 sowie das System „Dom-ino“ von 1914 zurück. Neben den Wohnungen sind hier weitere Funktionen wie Geschäfte, ein kleines Hotel und eine Wäscherei zu einer vertikalen Stadt integriert, auf dem Dach gibt es einen Kindergarten, ein Freilufttheater und eine Sporthalle.
Der Mensch steht nicht nur funktional im Mittelpunkt, er wird auch zum Maßstab bis ins Detail: Le Corbusier wendete hier zum ersten Mal sein kurz zuvor entwickeltes Maßsystem „Modulor“ konsequent in der Praxis an. Die Unité ist ein typisches Beispiel für Le Corbusiers Streben nach einer radikalen Änderung der Architektur, die unter Verwendung technischen Möglichkeiten bessere Lebensbedingungen schaffen sollte.
baugeschichte tu-berlin/Marseille Unite d’habitation