Herausg. Architekturzentrum Wien
Bernard Rudofsky, ein unkonventioneller Kosmopolit und Reisender, liebte es mit Freude gegen den Strom zu schwimmen. In seinem überzeugenden und gewinnenden Stil suchte er Gewohnheiten und Habitus zu erforschen, um übersehene Dinge ans Tageslicht zu bringen. Rudofsky war überzeugt, daß für Designer das Studium extremer, selbst pathologischer Formen lehrreich sei. Er verfolgte dieses Ziel mit kultureller Arroganz und mit Büchern, Artikeln, Vorlesungen, Ausstellungen und Bauten.
Sein bekanntestes Projekt waren die Ausstellung: Architecture without Architects und das Buch, das auf ihr basierte (1964). Die Ausstellung wurde Ende der 50er Jahre geplant, gerade als die Architektur blind dem Fortschritt und den Dogmen der Moderne vertraute, war ein Schlag ins Gesicht des Internationalen Stils. Rudofsky brachte Beispiele vernakulärer Architektur, Konstruktionen ohne statischen Nachweis, die er gesammelt hatte, zusammen: Höhlen, Dolmen, Termitennester u.a.. Ihr einziges Dogma war ein commonsense-Verständnis von Architektur, das die Beziehung zwischen Zweck (Schutz, Verteidigung, religiöse oder politische Feste) und verwandten Mitteln zu optimieren suchte. Er favorisierte Archetypen, materielle Kulturen und Orte, die die Anwendung universeller Regeln von vornherein ausschlössen. Die Ausstellung gab Rudofsky die Chance, die Idee, die zum Motto seines Lebens werden sollte, weltweit bekannt zu machen: keine neue Bauweise, eine neue Lebensweise tut not.
Rudofskys zahllose Schriften enthalten Bemerkungen zu jedem Aspekt des Lebens: Architektur; Haus; Distanzverhalten, Habitus und der Ferne Osten; Kleidung. Die Suche nach einem neuen Lebensstil führten ihn auch nach Japan; er beschrieb dieses Land in einer Serie von Beiträgen für domus. Rudofsky suchte in orientalischer Einfachheit die Basiselemente seiner ethischen Revolution. Die interdisziplinären Forschungen dieses kosmopolitischen Mitteleuropäers, Ingenieurs und Malers sind heute noch aktuell, mehr noch, sie haben einen überraschenden und erfrischenden polemischen Ton behalten. Bernard Rudofsky starb 1988 im Alter von 83 Jahren.
(Auszug aus domus, Paola Antonelli)