nach meinem kenntnisstand der letzte grosse versuch im 20. jahrhundert, eine radikale sozialutopie zu beschreiben … neben der anschaulich szenarischen methode auch und besonders raffiniert der kunstgriff, neue begrifflichkeiten / idiome zur beschreibung von utopien zu erfinden, um der abnutzung der sprache zu entwischen …
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bolobolo.pdf
eine nachbetrachtung zu bolo’bolo von P.M. von 2004
… Ich habe eine Wunschliste aufgestellt, wie zu Weihnachten, eine lange Liste von Sachen, zu denen wir sagen, das finden wir gut – eine Bestandsliste. Und dann habe ich mir die Liste angeschaut und gesehen, die tönt jetzt ziemlich langweilig. Also z. B. so Sachen wie, „wir wollen solidarisch miteinander zusammenleben“, „wir wollen kein Wirtschaftswachstum“, „wir wollen die Umwelt respektieren“. Also diese langweiligen sozialökologischen Gemeinplätze, die man in den Parteiprogrammen findet. Das wollte ich ein bisschen von diesem Staub befreien, und da habe ich gesagt, ich erfinde jetzt mal eine Utopie. Aber es ist ja gar keine Utopie. Ich kenne ja all diese Utopien. Von der Art, wie die geschrieben sind, haben die eine gewisse Attraktivität. Diese Vollständigkeit, das Eintauchen in andere Welten mit eigener Terminologie, das hat mich auch sehr fasziniert. Ich dachte, ich kann diese Sachen, also diese Wunschvorstellungen viel besser unter die Leute bringen, wenn ich sie als Utopie verkleide.
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republicart.net/disc/aeas/pm01 de.pdf
artikel von MARTIN D’IDLER
»bolo’bolo« (1983) von P. M.
Der Entwurf eines globalen Anarchismus als neuer Klassiker der politischen Utopie
»bolo’bolo« fällt zunächst durch seine fremdartige Begrifflichkeit auf: polynesisch klingende Neologismen, illustriert durch chinesisch anmutende kalligraphische Zeichen. Dahinter verbirgt sich nicht mehr und nicht weniger als das Konzept einer anarchistischen Gesellschaft. Alter Wein in neuen Schläuchen, könnte man meinen, doch ein zentraler Aspekt dieser Utopie ist für den utopischen Diskurs innovativ: die Globalität des Entwurfs. In dieser Zukunftsutopie haben sich weltweit alle staatlichen Strukturen aufgelöst und sind ersetzt worden durch ein extrem pluralistisches Netzwerk von unzähligen autonomen Großkommunen mit jeweils etwa 500 Einwohnern, sogenannten »bolos«. Und damit ist auch der Titel erklärt: bolo’bolo meint die Gesamtheit der bolos und damit das politische System der zukünftigen Weltgesellschaft. In Form einer theoretischen Abhandlung wird – ohne Figuren oder romanhafte Handlung – ein fiktives Szenario konstruiert, wobei alle wesentlichen Aspekte, die zu einer klassischen Utopie dazugehören, berücksichtigt werden, von einer Kritik an der Realgesellschaft über ein gegenübergestelltes Ideal mit einem entsprechenden politischen und wirtschaftlichen System bis hin zu einem bestimmten Geltungsanspruch.
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Utopie kreativ/205/205DIdler.pdf