Friluftsliv
Film zum Entwurf
Hörspiel zum Entwurf
Friluftsliv
Marietta Szydlik
Man sieht nur, was man weiß!
„Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht.“
Johann Wolfgang von Goethe
Der Wald ist ein Ort, an dem wir uns gerne aufhalten. Dabei bildet er oft lediglich die Kulisse für einen netten Ausflug und ist weniger ein Raum den wir bewusst wahrnehmen.
Die Vielseitigkeit und Komplexität des Waldes bleibt uns dabei verborgen, da unser Blick sich auf Offensichtliches konzentriert und die subtilen Naturschauspiele übersieht. Ziel des Projektes ist es daher einen Perspektivwechsel zu ermöglichen, bei dem, der Blick neu orientiert und Ausgerichtet wird. Das dazu vermittelte Wissen schult die eigene Wachsamkeit und erweitert die Wahrnehmung — denn man sieht nur was man weiß.
Ein Perspektivwechsel im Wald
Die Route FRILUFTSTIV lädt dazu ein, den Wald aus neuen Blickwinkeln zu erleben. Dafür nutzt sie gezielt platzierte Sitzmöbel, die sowohl Besuchende der Route als auch Spaziergänger:innen von außerhalb einladen, einen Moment innezuhalten und sich auf die Umgebung einzulassen.
Durch die Ausrichtung der Sitzgelegenheiten wird der Blick gezielt gelenkt. So entstehen Irritationen, die vertraute Bilder aufbrechen und neue Perspektiven auf den Wald eröffnen.
Weil man vieles erst erkennt, wenn man davon weiß, wird die Route von einer Hörspielreihe begleitet. Diese ist über eine Telefonnummer abrufbar, die einen direkt mit dem Wald verbindet. Zu jeder Station gibt es eine kurze Audiospur, die für alle Altersgruppen verständlich, neues Wissen vermittelt. Sie regt dazu an, Phänomene im direkten Umfeld wiederzuerkennen und bewusster wahrzunehmen.
Betula
Betula
Philip Kühlke
Rhona Splitt
Lauschen und Staunen
Seit über 150.000 Jahren wird Birkenrinde von Menschen verwendet: zum Dachdecken, Kanubauen, Feuermachen und Pech herstellen. Diese traditionellen Kulturtechniken haben mit der Zeit ihren Einfluss verloren. Heutzutage wird die Birkenrinde in der Industrie kaum verwendet, sie wird meist zur Wärme- und Energiegewinnung verbrannt. Die diversen Eigenschaften und das große Potenzial werden dabei oft übersehen.
Dieses Projekt setzt sich mit diesen Eigenschaften und Potenzialen auseinander, erforscht die Materialität und sucht Gestaltungsspielräume.
Durchführung
Wir haben in diesem Projekt rechercheintensiv gearbeitet und ausgehend von den Materialeigenschaften Proben experimentell hergestellt. Die Rinde wurde unter Hitze gepresst, von Hand und maschinell genäht, geflochten, gefaltet, geknickt, erhitzt, verbrannt und geprägt.
Die formatierten Proben unterscheiden sich in Ausrichtung und Anzahl der Rindenschichten, im Zerkleinerungsgrad sowie der Lage innerhalb der Rinde: die innere (Bast), die äußere (Borke) und die mittleren Schichten. Das darin enthaltene Lignin ist dafür verantwortlich, dass die Rinde miteinander verklebt.
Das Lederartige, Nähbare, Reflektierende, Textile und Flexible der Birkenrinde haben wir in Prototypen übersetzt. Daraus sind der Hocker, die Cap und die Tasche entstanden.
Mycustic
Mycustic
Elena Messnarz
Bei einem Waldspaziergang können viele Dinge entdeckt werden. Auch Pilze gehören dazu und beeindrucken in ihrer Vielfalt. Morcheln faszinieren mit ihrerer äußeren Erscheinung. Die wabenartige Oberfläche ist ein Alleinstellungsmerkmal, welches sie von allen anderen Pilzen unterscheidet.
Diese organisch gewachsene Struktur weist jedoch nicht nur eine hohe ästhetische Komplexität auf, sondern besitzt auch funktioale Parallelen zu bekannten Prinzipien der Schallabsorbtion. Die poröse und unregelmäßige Oberflächenstruktur bietet Ansätze zur Dämpfung von Schallwellen in vielen Frequenzbereichen. Die Morcheloberfläche als Inspirationsquelle eröffnet somit völlig neue gestalterische und akustische Potenziale. Konzept des Projekts Mycustic ist ein modulares Akustik Wandpaneel für Innenräume zu gestalten, das von allen Seiten an sich selbst anlegbar ist.
Entwurf
Ein Akustikpaneel des Projekts Mycustic hat die Maße 550mm x 340mm, welche dem Goldenen Schnitt entsprechen. Außerdem ist die Größe so gewählt, dass das Paneel in Stanardversandkartons verschickt werden kann.
Die Herstellung kann statt dem Laserverfahren auch mit einem CNC Ultraschallmesser erfolgen, welches sowohl Schafswollfilz als auch den Karton sauber durchschneiden kann. Beides sind natürliche Materialien und recyclebar. Die Kartonverschnitte, die bei der Produktion entstehen, können zum Beispiel problemlos dem Altpapierkreislauf zugeführt werden. Der Loden kann kompostiert werden. Zudem hat er eine hohe Licht- und Reibechtheit.
Das Paneel ist insgesamt durch die unterschiedlich geformten und tiefen Hohlräume akustisch wirksam, was die Absorbtion tiefer Schallwellen betrifft. Die Welle der Pappe und der Loden – auf den sonst schallreflektierenden Oberflächen, absorbieren Schall im mittleren und hohen Frequenzbereich. Durch die Versatzschichtung haben die Akustikpaneele eine graphische Erscheinung. Die Wandpaneelkomposition verändert sich aufgrund dessen optisch und sieht je nachdem, aus welchem Winkel sie betrachtet wird, anders aus. Die Farbtonwahl – außen dunkel und innen hell, ist ebenfalls inspiriert durch das natpürliche Vorbild – der Morchel.
Silva Lux
Silva Lux
Yaman Al Fawaz
Im hektischen Alltag suchen viele Menschen nach Möglichkeiten, sich zu entspannen und zur Ruhe zu kommen. Die Natur, besonders der Wald, ist seit jeher ein beliebter Ort der Erholung und Quelle für Entspannung. Inspiriert von diesem Gefühl habe ich ein Beleuchtungskonzept entwickelt, das Bäume- und Blätterschatten realistisch
in Innenräume bringt.
Ich wollte die beruhigende Atmosphäre des Waldes in mein Heim bringen und die Umgebung fördern, in der man sich wohlfühlt. Durch gezielte Licht- und Schattenspiele entsteht eine Umgebung, die zum Nachdenken und Entspannen einlädt, ohne dabei künstlich oder übertrieben zu wirken.
Entwurf
Dieses Projekt hat das Ziel, die besondere Atmosphäre und Ruhe des Waldes durch innovative Beleuchtung in den Innenraum zu bringen. Die Lichtinstallation ahmt die Schatten von Bäumen auf natürliche und realistische Weise nach. Die Erfahrungen während der Entwicklung haben gezeigt, dass gerade kleine Details – wie die Bewegung und Qualität der Schatten – eine große Rolle dabei spielen, ein Gefühl von Entspannung und Wohlbefinden im eigenen Zuhause zu schaffen.
Green Noise
Green Noise
Lukas Stieff
Die verborgenen Klänge des Waldes
Der Wald ist ein Raum für Entspannung des Körpers und des Geistes. Seit dem Kindesalter haben sehr viele Menschen eine starke Verbindung zum Wald, durch spielerisches Erfahren der Vielfalt und Untersuchen von Strukturen und Sammeln von Fundstücken. Wie könnte dieser Ort, der in den Städten oft so fern erscheint, wieder aufmerksamer und regelmäßiger besucht wird?
Green Noise beschäftigt sich damit, die kleinteiligen Haptiken und Strukturen des Waldes durch neue Dimensionen zu erschließen und so die individuellen Fundstücke in Sounds zu verwandeln. Die unberechenbaren und von Ort zu Ort und von Jahreszeit zu Jahreszeit immer unterschiedlichen Strukturen von Rinde, Blättern oder Moos und Boden beim Fühlen und Tasten einzufangen und damit seine ganz eigene Musik zu produzieren.
Entwurf
Green Noise eröffnet neue Potentiale, Erfahrungen zu sammeln und schöne Dinge zu entdecken. Das Suchen und Finden von interessanten Oberfläche im Wald und die Übersetzung in ein neues Medium schafft eine multisensorische Erfahrungswelt, in der Neues entstehen kann. So kann die Aufmerksamkeit auf die entspannende Natur gerichtet werden und die kreative Inspirationssuche direkt gefördert werden. Der Entwurf kann uns so helfen, zum einen mehr Zeit in der Natur zu verbringen und diese dadurch mehr wertzuschätzen zu lernen und zum anderen eine spannende Suche und Erkundung der versteckten Klänge des Waldes sein.
Measure the flag
Measure the flag
Paul Dieckmann
Citizen Science als Produkt
Mithilfe von Citizne Science Projekten können Bürger-Innen bei der Datenerhebung von wissenschaftlichen Studien teilnehmen. Sie lernen wissenschaftliches Arbeiten, das Auswerten von Daten und welche Schlüsse sich aus den Studien ziehen lassen. Darüberhinaus demokratisieren sie Daten und sind so eine Gegenbewegung zur verstaatlichung von Forschung.
Jedoch ist Citizen Science als solches noch kaum bekannt und das Wissen über die jeweiligen Projekte sehr gering. Wann, wo und wie finden diese statt? Da knüpft „Measure the Flag“ an und präsentiert ein Konzept, wie Citizen Science in den Alltag von Teilnehmenden integriert werden kann.
Entwurf
Mithilfe einer vom Spiel „Capture the Flag“ inspirierten Augmented Reality (AR) Anwendung wird für Anreize gesorgt, den Wald zu erkunden. An unterschiedlichen Orten können Flaggen erobert und so Punkte gesammelt werden. Dabei werden mithilfe eines externen Messgerätes, direkt mit dem Handy verbunden, Daten zum Mikroklima gesammelt. Diese werden in 20 cm und in 200 cm Höche gemessen. So kann eine spielende Person mithilfe einer Geste die eigene Flagge hissen.
Durch Community Challenges entsteht einerseits Abwechslung und andererseits die Möglichkeit, Bereiche mit weniger Daten besser zu erschließen.
Horch-Box
Horch-Box
Malte Litzinger
Lucas Nonn
Das Projekt Horch-Box ist ein Open-Source-Bausatz, mit dem halb-stationäres Monitoring [1] von Vögeln ermöglicht werden kann. Durch auditive Erkennungssoftware [2] sollen Langzeitbeobachtungen ermöglicht werden und wichtige Daten direkt in vorhandene Datenbanken eingespeist werden können.
Das System basiert auf einem selbst herstellbaren, 3D-gedruckten Gehäuse und Open-Source-Erkennungssoftware, die auf einem Raspberry Pi läuft. Das gesamte System funktioniert offline, der Upload und die Überprüfung von Daten erfolgen durch die Personen selbst.
Durch technische Möglichkeiten soll das Erfassen von Vögeln über längere Zeiträume erleichtert werden. Durch 3D-Druck und kostengünstige Komponenten hoffen wir, eine erhöhte Zugänglichkeit zu ermöglichen.
[1] Monitoring beschreibt das gezielte Beobachten und Bestimmen von Vögeln.
[2] Bei der Erkennungssoftware handelt es sich um eine Version einer von der TU Chemnitz entwickelten BirdNET-Software.
How to sit in a forest
How to sit in a forest
Nils Schröer
Wo sind alle Bänke hin?
Das Betreten des Waldes erfolgt grundsätzlich auf eigene Gefahr. Herabfallende Äste oder umstürzende Bäume gelten als „waldtypische Gefahren“ – Risiken, die Besucher*innen selbst tragen müssen.
Seit einem Beschluss des Bundesgerichtshofs gilt jedoch: Wer eine Bank im Wald aufstellt, schafft „zusätzlichen Verkehr“. Für diesen Verkehr besteht, im Gegensatz zum gesamten Waldgebiet und Wegesystem eine Verkehrssicherungspflicht.
Viele Waldbesitzende sehen sich dadurch einem erhöhten Haftungsrisiko ausgesetzt – selbst bei natürlichen Gefahren. Aus Sorge vor rechtlichen Konsequenzen und dem nicht leistbarem Aufwand für regelmäßige Kontrollen werden daher immer mehr Wald-Bänke abgebaut.
Entwurf
Die Studie „How to sit in a forest“ untersucht neue Ansätze und Möglichkeiten, das Sitzen im Wald neu zu denken. Im Vordergrund steht dabei die allgegenwärtige Frage der Verkehrssicherungspflicht. Denn: Keine Bänke sind auch keine Lösung. Ziel der Studie ist es, potenzielle Alternativen zu entwickeln, die dem Bedürfnis nach Sitzen im Wald ebenso gerecht werden wie den rechtlichen Rahmenbedingungen.
So entstehen unterschiedliche Herangehensweisen, die neue Dynamiken des Sitzens im öffentlichen, zugleich geschützten Raum sichtbar machen. Walduntypische Gefahren – menschengemachte Risiken im Naturraum – erfordern neue Wege und Lösungen.
Grenzenlose Sicherheit hat jedoch ihren Preis: Sie regelt, fordert heraus, verbietet – und lässt dabei nicht immer nur Raum für Freiheit.