Albtraum Partizipation
Markus Miessen – 2012
Seit etwa zehn Jahren kann man einen stetig steigenden übermäßigen Gebrauch des Begriffs „Partizipation“ beobachten. In dem Maße, in dem sich jeder zu einem „Teilnehmer“, einem „Partizipanten“ wandelte, nahm die meist unkritische, naive und romantische Verwendung des Begriffs streckenweise beängstigende Ausmaße an. Versehen mit einem oft nostalgischen Flair von Schutzwürdigkeit, Scheinsolidarität und politischer Korrektheit, hat sich die „Partizipation“ insbesondere in der Politik zur Standardausrede entwickelt, wenn es darum ging, sich aus der Verantwortung zu ziehen. Der hier vorgelegte dritte Teil einer „Trilogie der Partizipation“ versucht die Rolle des „interesselosen Außenseiters“, eines „ungefragten Teilnehmers“ stark zu machen, der, unbehindert von bestehenden Regelvorgaben, einzig mit seinem kreativen Intellekt und dem Willen zur Veränderung ausgerüstet auf den Plan tritt.
Illusion Partizipation – Zukunft Partizipation
(Wie) Macht Kulturelle Bildung unsere Gesellschaft jugendgerechter?
Tom Braun – 2017
Sind wir im Zeitalter der Partizipation angekommen? Aufwendige Beteiligungsprojekte, neue Formen der ePartizipation, Kinderbeiräte und Jugendparlamente scheinen das zu versprechen. Dieser Trend spiegelt sich auch im Kulturbereich wider: sogenannte „Expertinnen“ und „Experten des Alltags“ bespielen Bürgerbühnen, Laien kuratieren Ausstellungen. In der kulturellen Bildung gehört Partizipation von jeher zur „Grundausstattung“. Lösen diese Formen der Beteiligung die Forderung nach einer gerechten kulturellen und gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen tatsächlich ein? Wann laufen Beteiligungsformate Gefahr, Teilhabe und Mitbestimmung nur zu versprechen, während die wirklich wichtigen Entscheidungen hinter verschlossenen Türen getroffen werden?
Der vorliegende Band will einen Beitrag zu einer selbstkritischen Reflexion im Praxisfeld der kulturellen Bildung leisten und beleuchtet Partizipation als Grundlage von Teilhabe, Mit- und Selbstbestimmung. Welche Potenziale bietet die ästhetisch-kulturelle Praxis für mehr Partizipation junger Menschen in Politik und Gesellschaft? Welche Möglichkeiten liegen zwischen öffentlichen Entscheidungsprozessen und individuellen Strategien? Wie gelingt eine partizipative kulturelle Bildungspraxis, die Verschiedenheit als Normalität begreift? Wie verhalten sich Macht und Partizipation zueinander? Was verlangt Partizipation von den Akteurinnen und Akteuren in Bund, Ländern und Kommunen? Und was tun wir gegen Partizipation als Beteiligungsbluff?
Die Welt reparieren
Open Source und Selbermachen als postkapitalistische Praxis
Andrea Baier – 2016
Weltweit entstehen immer mehr Initiativen des Selbermachens, in denen eine Vielfalt von Anliegen und Problemen kollektiv bearbeitet werden. In diesen – jenseits von Markt und Staat angesiedelten – kollaborativen Zusammenhängen wird ein basisdemokratisch orientiertes Verständnis von Zusammenleben und Urbanität erprobt und zugleich nach ökologisch und sozial sinnvollen Lösungen für grundlegende Formen der Versorgung mit Nahrungsmitteln, Energie sowie für alle zugängliche Technik gesucht. Dabei entstehen faszinierende neue Formen des gemeinsamen Produzierens, Reparierens und Tauschens von Dingen, die die industrielle Logik des 20. Jahrhunderts herausfordern und sogar auf den Kopf stellen. Das Buch widmet sich der visionären Kraft dieser vielversprechenden innovativen Praxis und bietet zugleich eine gesellschaftliche Einordnung der neuen »Labore« gesellschaftlicher Transformation.
Auch als pdf zum download:
Die Welt reparieren.pdf
Stadt selber machen: Ein Handbuch
Laura Bruns – 2014
Egal, ob in Berlin, Barcelona, London oder Wien: Wer durch europäische Großstädte streift, kann immer öfter eigenständige Bespielungen des öffentlichen Raums durch die Bürger entdecken. Kleinste Flächen wie Baumscheiben, Nischen, Gehsteige, aber auch ganze Parks werden besetzt und kreativ gestaltet. Die Stadtbewohner machen sich ihre Stadt selbst! Alternative, authentische und lebendige Freiräume sind das Ergebnis, die die geplante Stadt ergänzen – oder auf den Kopf stellen. Die Projekte sind informell, selbstgebaut, provisorisch und schaffen neue soziale Räume. Sie intervenieren temporär oder langfristig und nutzen die vor Ort vorgefundenen Ressourcen. Dieses Handbuch möchte dazu inspirieren, selbst Eingriffe ins Stadtbild zu wagen, um so den urbanen Lebensraum mitzugestalten. Anhand von Praxisbeispielen aus Berlin, Hamburg und Zürich gibt es in fünf Kapiteln wertvolle Tipps und Hinweise zu Themen wie der Ideenfindung, Ortssuche, zur rechtlichen Situation, zu Materialbeschaffung oder Finanzen – ein unentbehrlicher Ratgeber und ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, Stadt selber zu machen.
Stille Straße 10 + Assemble
Jesko Fezer, u.a. – 2015
In der Stillen Straße 10 im Berliner Bezirk Pankow führen Senior*innen selbstverwaltet und in Eigeninitiative eine Begegnungsstätte für Jung und Alt. Nachdem 2012 die Schließung und der Verkauf drohten, besetzten die Mitglieder 112 Tage lang das Haus. Bis heute ist die Zukunft des Ortes ungesichert. Das Londoner Architekturkollektiv Assemble hat sich mit den Senior*innen über Gemeinschaftsbildung, bürgerschaftliches Engagement und Wohnen im Alter ausgetauscht und entwirft für Wohnungsfrage ein Wohnkonzept, in dessen Zentrum ein Raum gemeinsamer Aktivitäten steht.
Selfmade City – Berlin
Stadtgestaltung und Wohnprojekte in Eigeninitiative
Kristien Ring – 2013
Berlin gilt als Stadt der Raumpioniere, als Ort selbstinitiierter Raumaneignung. Nischen und Lücken werden besetzt, vergessene Orte und Bestandsbauten neu bespielt. Durch selbstbestimmtes räumliches Gestalten, Bauen, Wohnen und Arbeiten – sei es in Form von Baugruppen, Genossenschaften, Co-Working-Spaces oder anderen Projektformen – ist in Berlin innerhalb der letzten zehn Jahre eine architektonische Vielfalt und Qualität entstanden wie in kaum einer anderen europäischen Stadt. SELFMADE CITY nimmt diese Entwicklung zum Anlass für eine Bestandsaufnahme von mehr als 120 Projekten, ein qualitatives Resümee und eine Präsentation von 50 „Best-Practice“-Beispielen.
Welche Beiträge leisten private Initiativen bereits in der Stadtentwicklung beziehungsweise könnten sie zukünftig leisten? Wodurch generieren SELFMADE-Projekte welchen Mehrwert? Und was bedeuten sie für die urbane Qualität Berlins?
Die anderen Städte / Bd. 2 / Zivile Kultur
Elisabeth Kremer – 2005
Das zivile Engagement hat Tradition in Deutschland, sei es im Westen, wo Bürgerinitiativen vor allem in den 70er und 80er Jahren fast zum alltäglichen Straßenbild gehörten, oder im Ostdeutschland der Wendezeit, als „Runde Tische“ die kulturelle und politische Landschaft prägten. Gründeten diese Mitwirkungsmodelle seinerzeit auf privaten Aktivitäten, so kommt der Impuls zur Beteiligung in der Sozialpolitik wie auch in der Stadtplanung nun von staatlicher Seite. Auch die IBA Stadtumbau 2010 lebt angesichts leerer öffentlicher Kassen und wachsender sozi-aler Probleme vom Gemeinsinn und von der aktiven Mitgestaltung der Bürgerinnen und Bürger – gefordert ist ein liberaler und offener Diskurs über die Qualität städtischen Lebens.
Band 2 der IBA-Reihe reflektiert diesen Wandel: Wie hat sich bürgerschaftliches Engagement in den politischen Diskussionen, den Planungen und der städtischen Alltagskultur in den letzten Jahren gewandelt? Vorgestellt wer-den neue Strategien der Kooperation, mit denen Kommunen, Entwerfer und Verwaltung den großen Herausforderungen begegnen, die der Schrumpfungsprozess der Städte an uns alle stellt.
Hier entsteht – Strategien partizipativer Architektur und räumlicher Aneignung
Jesko Fezer (Hrsg), u.a. – 2004
Weltweit entstehen Metropolen jenseits von Planbarkeit und Kontrolle und stellen so die regulierte Form der ›Europäischen Stadt‹ sowie die Effektivität herkömmlicher Planungsinstrumente in Frage. Die an Wohlfahrtsstaatlichkeit gekoppelten sozialen und gesellschaftspolitischen Anliegen architektonischer Gestaltung sind in diesem Kontext neu zu formulieren. Vor allem die vielfältigen Strategien von Selbstorganisation und partizipativer Architektur können auf externe Dynamiken reagieren und mit der Unvorhersehbarkeit urbaner Prozesse umgehen. Gleichzeitig ermöglichen sie es, die soziale Funktion von Raum und die gesellschaftliche Bedeutung von Architektur einzubeziehen. Eine erweiterte Mitbestimmung könnte so die Gestaltung des gebauten Raumes demokratisieren und neue Bezüge zur widersprüchlichen Alltagswirklichkeit unserer Städte herstellen.
HIER ENTSTEHT präsentiert Theorien und Bauten der Selbstermächtigung und NutzerInnenbeteiligung. Anhand von Interviews, kommentierenden Materialien und einer Übersicht partizipativer Architektur der Sechziger- bis Achtzigerjahre zeigt das Buch Perspektiven für eine andere Planung und Praxis auf. Der Blick richtet sich auf informelle Siedlungsformen in den Metropolen des Südens, zurück in die politisch-architektonische Geschichte selbstbestimmten Wohnens und auf aktuelle Praktiken sich Raum anzueignen. Zudem werden computergestützte Gestaltungs- und Produktionstechniken auf ihr Potential befragt, neue Partizipationsformen an Architektur und Planung zu erschließen.
Raumunternehmen – Wie Nutzer selbst Räume entwickeln
Lisa Buttenberg; Klaus Overmeyer; Guido Spars (Hg.) – 2014
Mit den Raumunternehmen tritt ein neuer Typus von Stadt- und Landaktivisten auf den Plan: selbstbestimmte Raum- und Projektentwickler, die sich aufgelassene Orte schrittweise aneignen, besondere Nutzungsmischungen und Netzwerke bilden und über kluge Finanzierungsstrategien eine langfristige Perspektive aufbauen. Raumunternehmen schaffen Testfelder für die drängenden Themen der kommenden Stadt. Es geht um neue Modelle von Teilhabe und Gemeinschaft, die Kooperation zwischen Bürgergesellschaft und Staat, um Re-Lokalisierung und nachhaltiges Wirtschaften. Das Buch stellt in sechs Fallstudien aus der Praxis Raumstrategien, Entwicklungspfade und alternative Wertschöpfungskonzepte von Raumunternehmen vor und bettet die Erkenntnisse in den aktuellen Diskurs über nutzergetragene Stadtentwicklung ein.
Assemble: Wie wir bauen
Angelika Fitz u.a. – 2017
Das Londoner Kollektiv Assemble entwickelt seit 2010 Projekte an der Schnittstelle von Architektur, Design und Kunst. Den derzeit 18 jungen Mitgliedern geht es um Veränderung bestehender sozialer, ökonomischer und politischer Verhältnisse durch gemeinschaftliches Handeln. Ihre Projekte, die durchweg die Öffentlichkeit als Nutzer und Kollaborationspartner aktiv miteinbeziehen, sind Prototypen dafür, wie eine Gesellschaft anders bauen könnte. So steht ihr Name für eine Rekonfiguration vorhandener Mittel im Rahmen einer möglichst gleichberechtigten Beteiligung verschiedener Akteure. Im Jahr 2015 wurde Assemble völlig überraschend mit dem Turner Prize ausgezeichnet, Europas renommiertestem Kunstpreis, der damit erstmals überhaupt an Architekten und an ein Kollektiv ging.
Zu einer Ausstellung im Az W erscheint nun die erste Monografie zum Werk von Assemble. Anhand von zehn ausgewählten Projekten demonstriert das Buch die ganze Bandbreite der Arbeit dieses aussergewöhnlichen Kollektivs, von realisierten Bauten über Möbelentwürfe bis hin zu urbanistischen Interventionen.