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Harry Partch
Komponist und Querdenker

erstellt am: 14.08.2019 | von: englich | Kategorie(n): Recherchen / Neue Musik / Neue Töne

 

Harry Partch,
1901 in Kalifornien geboren, war Komponist, Vagabund, Musiktheoretiker und ein begnadeter Bastler. Für seine visionäre Musik baute er einzigartige Instrumente.

MIKROTÖNE STATT MAINSTREAM
1930, Harry Partch ist Ende zwanzig und ein ambitionierter Komponist. Und verbrennt alle seine bisherigen Werke. Ihm erscheinen die zwölf Halbtöne einer Oktave als viel zu ungenau. Partchs Vision ist eine Musik mit viel feineren Tonabständen, als man sie auf einer Klaviertastatur spielen kann. So entwickelt er ein ausgeklügeltes Tonsystem mit 43 Mikrotönen statt der üblichen 12 Töne pro Oktave. Als Vorbild dient ihm das menschliche Sprechen, seine Nuancen und Zwischentöne.

IM ZIRKUS DER KLANGEXOTEN
Doch um dieses Theoriegebäude zum Klingen zu bringen, braucht es völlig neuartige Instrumente. Unzählige Stunden tüftelt er und baut schließlich einen ganzen Zoo exotischer Klangobjekte.

Partchs erstes Instrument: Die » Adapted viola« – eine Bratsche, an die er das viel längere Griffbrett eines Cellos schraubt. In den folgenden Jahrzehnten kommen über vierzig weitere Instrumente hinzu. Manche klingen wie die genmanipulierten Geschwister von afrikanischen oder asiatischen, altertümlichen oder bekannten Orchesterinstrumenten.

KOMPONIST, LANDSTREICHER, AUSSENSEITER
Partchs Arbeit erregt Aufmerksamkeit. Durch eine Förderung der Carnegie Corporation kann er nach London reisen und sich dort dem Studium antiker Musiktheorie widmen. Das Ende seines Stipendiums 1935 fällt in die Jahre der »Great Depression«, der Wirtschaftskrise in den USA. Partch beginnt ein Vagabundenleben, reist ohne festes Zuhause illegal auf Güterzügen durch die Lande und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Wie seine Musik findet auch er selbst keinen Platz in der Gesellschaft.

Während der langen Zugfahrten sinniert und tüftelt er weiter an seinem Tonsystem, setzt Briefe oder die Bahnhofsgraffitis anderer »Hobos« in Musik. Schließlich findet der mittellose Komponist auf einer Ranch in Kalifornien Unterschlupf – ein Freund lässt ihn eine alte Schmiede zur Musikwerkstatt umbauen, wo Partch weiter an seinen Instrumenten bastelt.

Er gilt als Sonderling, eckt an, und doch verblüffen und inspirieren seine Studien und Instrumente andere Forscher und Musiker: Universitäten bieten ihm an, zu lehren, seine Musik einzustudieren und Projekte zu verwirklichen. Trotzdem bleibt er zeitlebens, fernab des Establishments, ein Nonkonformist.

(text aus programm elbphilharmonie)

 

 

 

Der Komponist Harry Partch – ein amerikanischer Querdenker
Harry Partch Project | Ensemble musikFabrik

Video-editing | Valerij Lisac | klanghafen.de
© 2013 Valerij Lisac, commissioned by Ensemble musikFabrik

Das Ensemble musikFabrik widmet sich einem der originellsten Künstler und Musiker des 20. Jahrhunderts, dem amerikanischen Komponisten Harry Partch (1901–1974). Als wegweisender Vorläufer weiterer Aufführungen in Deutschland und Europa wird Heiner Goebbels, Künstlerischer Leiter der Ruhrtriennale, die Europa-Premiere von Partchs spätem Meisterwerk „Delusion of the Fury – A Ritual of Dream and Delusion“ (1965–66) auf der Ruhrtriennale 2013 leiten. Bei dieser Gelegenheit wird das gesamte Instrumentenensemble von den Mitgliedern der Ensemble musikFabrik komplett rekonstruiert und erlernt.

 

 

Videointerviews
mit Thomas Oesterdieckhoff, Heiner Goebbels, Thomas Meixner

über Harry Partch Delusion of the Fury

Camera & Video-editing | Valerij Lisac | klanghafen.de
© 2013 Valerij Lisac, commissioned by Ensemble musikFabrik

 

 

The Instrument Building | Harry Partch Project Part 2

Camera & Video-editing | Valerij Lisac | klanghafen.de
© 2013 Valerij Lisac, commissioned by Ensemble musikFabrik

 

 

The Staging of Delusion of the Fury | Harry Partch Project Part 3

Camera & Video-editing | Valerij Lisac | klanghafen.de
© 2013 Valerij Lisac, commissioned by Ensemble musikFabrik

 

 

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