Experimente mit Code, Keramik und digitaler Stoffsimulation

Experimente mit Code, Keramik und digitaler Stoffsimulation
Kurz vor Beginn des Wintersemesters wurde die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle im September 2025 erneut zum Experimentierfeld: Die BURG Session 2025 bot in einer intensiven Projektwoche Raum zum Forschen, Ausprobieren und gemeinsamen Arbeiten an der Schnittstelle von Kunst, Design und Technologie.
Diverse Workshops, veranstaltet von Studium Digitale, FemPower II und dem BioLab, öffneten unterschiedliche Perspektiven auf digitale Gestaltung, Materialität, Aktivismus und Inklusion – von virtuellen Welten über Ton-3D-Druck bis zu Creative Coding und Microcontrollern.
Im Workshop A.K.A – Maskierung mit CLO 3D und Unreal Engine wurde das Mittel der Maskierung als aktivistische und ästhetische Praxis untersucht. Unter queer-feministischer Perspektive diente die digitale Verhüllung als Werkzeug, um gesellschaftliche Zuschreibungen zu hinterfragen und neue Formen von Identität zu entwerfen.
Die Teilnehmenden arbeiteten mit der 3D-Design-Software CLO 3D, um digitale Masken, Schleier und Hüllen zu gestalten, die über Avatare gelegt und in ihrer Materialität, Transparenz und Form variiert wurden. Anschließend wurden die Entwürfe in Unreal Engine importiert und dort in kurzen, atmosphärischen Szenen inszeniert. Der Kurs richtete sich bewusst an Einsteiger*innen und eröffnete einen niedrigschwelligen Zugang zu digitaler Modegestaltung, Simulation und Inszenierung im virtuellen Raum.Unter der Leitung von Fran Eichhorn und Etienne Dietzel präsentierten die Teilnehmenden eine Vielzahl an Bild- und Videorenderings, die von konkreten Welten und Avataren zu abstrakteren Atmosphären reichten.
Im Workshop „Bilder lesen, analysieren und transformieren mit Creative Coding“ unter der Leitung von Katja Rempel stand die Analyse und das Neuerschaffen von Pixeldateien im Mittelpunkt. Mit Creative Coding, Computer Vision und Machine Learning näherten sich die Teilnehmenden der Frage, wie Computer Bilder verstehen und wie dieser Prozess kreativ genutzt werden kann.
Mit Tools wie p5.js und ml5.js wurden Bildinformationen ausgelesen, transformiert und neu interpretiert. So entstanden generative Visualisierungen und algorithmische Kompositionen, die nicht nur ästhetisch, sondern auch konzeptuell das Verhältnis von Mensch, Maschine und Wahrnehmung reflektierten.Ergebnisse waren interaktive Anwendungen auf Basis von Motion Tracking, sowie eine Arduino-Integration zur Steuerung von LED-Panels.
Ganz anders – und doch ebenso experimentell – ging es im Workshop Low-End High-Tech zu. Hier verbanden sich digitale Gestaltung und experimentelle handwerkliche Prozesse in einer ungewöhnlichen Kombination: Ton-3D-Druck und Raku-Brand in der Mikrowelle.
Nach einer kurzen Einführung in Blender entwarfen die Teilnehmenden unter der Anleitung von Marvin Robert und Nikos Probst kleine Objekte und Gefäße, die anschließend mit improvisierten Brenntechniken veredelt wurden. Der Workshop stellte das spielerische Arbeiten zwischen Hightech und Handarbeit in den Mittelpunkt und zeigte, dass digitale Technologien auch im Materialprozess unmittelbar sinnlich erfahrbar werden können. Zum Abschlussrundgang bekamen dann auch alle Interessierten der anderen Kurse einen Einblick: Die Kursteilnehmenden brannten live vor aller Augen frisch gedruckte Objekte in der Mikrowelle. Der Kontrast von archaisch anmutender brennender Keramik und den 00er-Jahre-Artefakten der Mikrowelle stieß auf allgemeine Begeisterung.
Im Workshop von Arduino-Experten Christian Wiegert stand das Thema Inklusion durch Technologie im Zentrum. Unter dem Motto „Hilfe, Hilfe, Arduino!“ lernten die Teilnehmenden Grundlagen zu Mikrocontrollern, Sensorik, Löten und Programmierung – stets mit der Frage, wie Technik helfen kann, Barrieren abzubauen.
Die Gruppe entwickelte kleine Prototypen und Devices, die Zugänge erleichtern oder Reizüberflutung verringern sollten. Die entstandenen Projekte verbanden technische Neugier mit sozialem Engagement und regten dazu an, Gestaltung als Beitrag zu Enthinderung und Teilhabe zu verstehen. Es entstanden beispielsweise ein niederschwelliges Meldesystem für bauliche Barrieren, ein Wassertrinken-Erinnerungssystem und ein humorvoller Lautstärkesensor mit einer überreizten Motte, die sich ab einem einstellbaren Pegel in ihre Behausung zurückzog.
Wie fühlt es sich an, in einer anderen Realität zu stehen? Diese Frage führte den Workshop in medias res an. Mithilfe von 3D-Scans und Tonaufnahmen erschufen die Teilnehmenden in TouchDesigner begehbare virtuelle Welten – atmosphärische Räume zwischen Realität und Fiktion.
Die Ergebnisse konnten per VR-Brille erlebt werden und machten erfahrbar, wie Storytelling, Klang und Interaktion in immersiven Umgebungen zusammenwirken. Auch interaktive Elemente wurden genutzt – als Kritik an der Wegwerfgesellschaft, oder als spooky Aufgabe in einer Friedhofswelt. Der Workshop lud dazu ein, mit neuen Perspektiven zu experimentieren und die Grenzen des physischen Raums gestalterisch zu erweitern.
Fazit
Die BURG Session 2025 zeigte einmal mehr, wie vielfältig experimentelle Lehre an der Burg Giebichenstein sein kann. Ob digital, handwerklich oder interaktiv – in allen Workshops wurde künstlerische Forschung als offener Prozess verstanden: forschend, fragend, gemeinschaftlich.
So entstand eine Woche voller Begegnungen, Austausch und kreativer Energie – ein inspirierender Auftakt ins Wintersemester 2025/26 und zugleich die letzte Session-Woche in der Laufzeit von Studium Digitale.






























Die BURG Session vom 22. bis zum 26.9.2025 wurde von Studium Digitale, dem BioLab und FemPower II organisiert.

