Design und Film
Sechs Lectures zu Genres, Methoden, Strategien und Fallbeispielen,
zu Optionen und Anwendungen von Film und Bewegtbild-Narration
in Designprozessen
Wie entwickeln sich Beobachtungs-Methoden, Entwurfs-Werkzeuge und Vermittlungsformen im Design vor dem Hintergrund des Übergangs in eine post-industrielle Informationsgesellschaft mit ihren Umbrüchen in kulturellen und sozialen, technologischen und wirtschaftlichen Strukturen, in denen einem Design konventioneller Lesart der Gegenstand eines artefakt-bezogenen Problemlösens allmählich abhanden kommt – sich andererseits aber beständig neue Operationsfelder eröffnen, in die sich Designer als Moderatoren des Wandels und Unterstützer von Veränderungsprozessen wirkungsvoll einbringen können/wollen/sollen?
Wird die Beziehung zwischen Design als einer Methode des Beobachtens und Reflektierens, des Interpretierens und entwerferischen Handelns … und Film als einer Methode des Ins-Bild-Setzens, Erzählens und Vermittelns eine neue Vitalisierung und Vernetzung, eine neue Qualität in der Kooperation erfahren?
Mit der Anwendung neuartiger Strategien in Entwurfsprozessen – wie beispielsweise Inszenierung und Intervention, Versuchsanordnung und Partizipation – verlagern sich auch die Anforderungen und Aufgaben der Darstellung und Vermittlung über statische Bildgebung hinaus zum Darstellen von Prozessen. In dem Maße, in dem das Design sich neue Handlungsfelder erschliesst, erweitert sich auch die Palette der Werkzeuge und Mittel. Kamera und Film als Werkzeuge, Narration mit bewegten Bildern, Montage und Animation als Mittel und Methoden … sind nach ihrer Natur des Integrierenden und Umfassenden bestens geeignet, die herkömmlichen Darstellungsformen von Zeichnung, Fotografie, Collage und anderen … zu subsumieren und in Verbindung mit der Dimension der zeitlichen und dramaturgischen Abfolge filmischer Montage auf ein neues Niveau von Vermittlung und Kontextualisierung zu führen. Die zudem inzwischen erreichte Verfügbarkeit von Kamera- und Filmtechnik sowie der niederschwellige Zugang zu Handhabung und Ergebnis machen eine rapide Zunahme im Einsatz dieser Medien in Designprozessen sehr vorstellbar.
Die Untersuchung im Forschungssemester galt der Bestandsaufnahme und einer Recherche zu Berührungen und Schnittmengen zwischen designorientierten Methoden des Beobachtens, des Spekulierens, des Visualisierens und Vermittelns mit unterschiedlichen filmischen Methoden der Darstellung und Narration.
Die «Souvenirs» dieser Suche und Reise bilden eine umfangreiche Sammlung, die eine strukturierte Verdichtung auf verschiedene inhaltliche, methodische, ästhetische, strategische u.a. … Aspekte sinnvoll erscheinen lässt. Mit Rücksicht auf die Komplexität einerseits aber auch auf die Attraktivität der thematischen Detaillierung dieser unterschiedlichen Aspekte andererseits wird eine Vorlesungsreihe konzipiert und in einer Form aus kommentierter Vorführung ausgesuchter Filmbeispiele und Diskurs mit dem Auditorium an sechs Terminen im Sommersemester 2012 durchgeführt.
Lecture 1: Tücke des Objekts – die Filme von Jacques Tati
Zwischen Euphorie und Skepsis
Design-Kritik in der Nachkriegsmoderne 1950er und 60er Jahre
18.4.2012
Beispielhaft stehen die Filme von Jacques Tati beispielhaft für eine genaue Beobachtung und subtile Darstellung von Mensch-Objekt-Beziehungen
Lecture 2: Film used as a tool
Die Filme von Charles and Ray Eames
2.5.2012
Das umfangreiche filmische Schaffen von Charles und Ray Eames steht beispielhaft für eine durch filmische Mittel, mit bewegten Bildern und visueller Dramaturgie verdichtete Untersuchung und Vermittlung von Ideen
Lecture 3: Design aktuell
Gegenwärtige Filme zu Designthemen
9.5.2012
Beispiele für den Einsatz von Filmen vorhnehmlich für die Vermittlung von Design-Geschichte(n) und Reportagen
Lecture 4: The Triple „I”
Information, Interpretation, Intervention
23.5.2012
Beipiele für die Vermittlung, Darstellung und Interpretation von Information bis hin zur Initation von Interventionen
Lecture 5: Essayfilm
am Beispiel Agnès Varda und Chris Marker
30.5.2012
Als experimentelle Ausdrucksform zwischen Fiktion und Dokumentation stehen Essayfilme als Anregung für ein exploratives Öffnen und Erweitern von narrativen Mitteln mit Montage aus Standbildern, Bewegtbildern, Text und Ton
Lecture 6 (Exkurs): Jean-Luc Godard entdecken …
13.6.2012
Session 1 – 1960–1966
Von der Nouvelle Vague zum Ende des Kinos
Session 2 – 1967–1979
Soziologische und revolutionäre Phase
Session 3 – 1980–2014
Rückkehr zum Kino
Der Exkurs beschliesst als kulminierendes Arrondissement die Vorstellung der „Souvenirs” … steht doch Jean-Luc Godard in besonderem Maß für ein an- und ausdauerndes Ausloten der erzählerischen, dramaturgischen und bildnerischen Grenzen des Filmemachens … und damit disziplinen-übergreifend grundsätzlich und vorbildlich für einen Erweiterer von gestalterischen Handlungsfeldern und Erfahrungsräumen.