F) KINKS IN FLATLAND /// Einführungskurs für 3D-Scan und Blender

In seiner Erzählung „Flatland" aus dem Jahr 1884 beschreibt Edwin Abbott Abbott die Abenteuer des gelehrten Quadrats Square. Es lebt zusammen mit anderen geometrischen Formen in einer zweidimensionalen, flachen Welt. Erschüttert wird Squares Weltbild, als eines Tages scheinbar aus dem Nichts ein kreisartiges Wesen vor ihm auftaucht und verkündet, es käme aus der dritten Dimension. Nach zahlreichen Versuchen, den Raum zu erklären, aus der sie stammt, zieht die Kugel Square kurzentschlossen hinauf in ihr Universum. Dort beginnt er langsam zu verstehen und denkt sogar (zum Verdruss seiner Lehrmeisterin) über hypothetische Räume mit vier-, fünf oder noch mehr Dimensionen nach. Doch zurück in Flatland gelingt es ihm nicht, seine Erkenntnis mit den anderen Bewohner_innen zu teilen. Zu schwer sind seine Ausführungen mit der erlebten Realität in Flatland zu vereinbaren, sodass Square am Ende selbst an seinen Erlebnissen zweifelt.

Ganz im Sinne des Lehrstücks zum mathematischen Raum von Abbott wird im Rahmen des einwöchigen Kurses auf spielerisch experimentellem Weg das Wesen von Zwei- und Dreidimensionalität im wirklichen und im virtuellen Raum erkundet. Dafür werden unterschiedliche Objekte mittels 3D-Scan digitalisiert, um daraus Faltvorlagen für dreidimensionale Papierobjekte anzufertigen: Aus der Fläche heraus formen sich dreidimensionale Objekte, deren Einfachheit an die derb flächige Abstraktheit von Gegenständen in frühen Computergames erinnert. Erneut digitalisiert werden die Plastiken mit anderen Modellen in der 3D-Grafiksoftware Blender im virtuellen Bühnenraum durch Variation von Materialität und Licht inszeniert.   

Thematische Inputs kontextualisieren im Laufe des Kurses die spezifische Bildform des 3D-Renderings durch historische und zeitgenössische künstlerische Positionen oder popkulturelle Bezüge, um im gemeinsamen Austausch ein Grundverständnis für diese Art der computergenerierten Bildwelt zu erarbeiten.

Dem wohl traurigsten Wesen begegnet Square noch gegen Ende seiner Erzählung: Der Punkt lebt in seiner nulldimensionalen Welt ohne Ausdehnung. Verdammt zur Einsamkeit führt er einen ewigen Monolog mit sich selbst, in dem er ohne die Möglichkeit der Erfahrung des anderen für immer gefangen bleibt.