DEN WALD VOR LAUTER GLAS NICHT SEHEN
Eine gestalterische Auseinandersetzung mit einer unsichtbaren Materialkultur
von Malte Glatzel
So wie es in den Wald hineinschallt, so hallt es aus dem Glas zurück: Das Projekt widmet sich dem historischen Kontext zwischen der Glasherstellung und dem Werkstoff Holz. In der frühneuzeitlichen Glasproduktion war Holz ein zentrales Element: als Standortfaktor, Brennmaterial, Quelle für Pottasche oder Formwerkzeug. Trotz dieser konstitutiven Rolle bleibt es im fertigen Produkt unsichtbar. Diese Unsichtbarkeit wird gestalterisch umgekehrt. Die entworfene Artefakte – bestehend aus einer Karaffe und einem Becher – greifen Holz als strukturgebenden Formgeber auf. Jahresringe und Holzmaserung werden im Glas konserviert und visuell wie haptisch erfahrbar gemacht. Alltagsobjekte werden zu Trägern eines kulturellen Gedächtnis. Die Farbgebung greift historische Farbtöne des Waldglases auf und verweist zugleich auf die Rolle von Wasser in der Glasproduktion – etwa als Transportmittel für das Brennholz über Seen oder auf Flüssen oder als Kühlung in der Glasproduktion. Wer den Wald vor lauter Glas nicht sieht, bekommt hier ein Erinnerungsstück. Die Arbeit versteht sich als zeitgenössische Hommage an eine übersehene Materialkultur und lädt zur kritischen Auseinandersetzung mit Ressourcennutzung, Sichtbarkeit und dem kulturellen Nachhall von Handwerk ein.