Wer mit frühneuzeitlichen Texten und Bildern arbeitet, wird sich schnell klar darüber, dass der Begriff der Imagination sich stark von modernen Vorstellungen unterscheidet und dass die Imagination viel stärker psychophysisch in der Materialität und der materiellen Erfahrung der Welt verankert ist. Im Vortrag wird es darum gehen, dieses materielle und kosmopoetische Verständnis der Imagination, das in einigen Aspekten die Rolle der Imagination in Formen des New Materialism vorweg nimmt, anhand von Beispielen nachzuzeichnen. Dabei wird die Wunderkammer als Sammel-, Repräsentations-, aber insbesondere als Erfahrungsraum eine wichtige Rolle spielen.
Der Vortrag von Prof. Niklaus Largier ist öffentlich und steht allen Interessierten – auch außerhalb der Hochschule – offen.
Niklaus Largier ist Professor für Deutsche und Vergleichende Literatur an der University of California, Berkeley, wo er den Sidney and Margaret Ancker Chair in the Humanities innehat. Er studierte Germanistik, Philosophie und russische Literatur in Zürich und Paris und gilt international als führender Experte für mittelalterliche Mystik, insbesondere Meister Eckhart. Seine Forschung verbindet Literatur, Kulturwissenschaft, Philosophie und Ästhetik mit einem besonderen Schwerpunkt auf Sinneserfahrung, Affekte und Imagination. Für seine wissenschaftlichen Leistungen wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Anneliese-Maier-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen Lob der Peitsche. Eine Kulturgeschichte der Erregung (2001), Die Kunst des Begehrens (2007), Spekulative Sinnlichkeit (2018) und Figures of Possibility (2022).