Obwohl die Vernichtung von kulturellem Erbe durch die Haager Konvention sowie die Resolution 2347 des UN-Sicherheitsrates als Kriegsverbrechen geächtet werden, haben die Kriege der letzten Jahrzehnte verheerende Schäden angerichtet. Durch gezielte Angriffe – oder sogenannte Kollateralschäden – wurden bedeutsame Architekturen, Kunstwerke und Kulturlandschaften an vielen Orten der Welt unwiderruflich zerstört. 

Aber auch immaterielles Kulturerbe, zum Beispiel lokale Kunst- und Handwerkstechniken, sind durch Kriege bedroht. Oft weil die Menschen, die sie ausführen, getötet werden oder flüchten müssen, aber auch, weil Herstellungsgeräte wie Webstühle zerstört werden. Sichtbar wird derartige Kriegsschäden beispielsweise in der Altstadt von Aleppo, die im Jahr 2009 von einer Gruppe Textildesign-Studierenden der Burg Giebichenstein besucht wurde. Damals sind Studierende Kooperation mit syrischen Handwerksbetrieben eingegangen von denen nun, im Jahr 2025, nichts mehr über ist. Sämtliche Orte, die damals besucht wurden, die Betriebe, die ehemalige Karawanserei mitten im Souk oder der Atelier-Raum in der Shibani-Schule - alles wurde durch den Krieg in Syrien unwiederbringlich zerstört.

In Kooperation mit dem Textildesign der Burg Giebichenstein wollen wir uns in diesem Seminar dem widmen, was im Krieg verloren geht. Wir werden fragen, welche Auswirkungen Krieg und Vertreibung auf lokale Designkulturen haben und was mit den Mustern passiert, die spezifisch für Ortschaften sind, die angegriffen und schwer beschädigt wurden. Wie werden Fertigungstechniken erhalten? Wie verändern sich Bedeutungen von Mustern durch Kriege? Was geht für immer verloren? Was kann wie bewahrt werden?

Zur Beantwortung dieser Fragen werden wir zunächst erarbeiten, wie ein wertschätzender und respektvoller Blick von Europa auf das kulturelle Erbe der betroffenen Regionen und ihren textilen Kulturen erfolgen kann. Daran anschließend soll es um die Vernichtung von kulturell bedeutsamem Wissen als Form epistemischer Gewalt gehen. Schlussendlich werden wir gemeinsam überlegen, ob es einen Weg gibt, durch die eigene Forschungs- oder Gestaltungspraxis auf die Zerstörung von kulturellem Erbe aufmerksam zu machen, oder sogar zu seiner Wahrung beizutragen.

Das Herzstück des Seminars stellt eine vierteilige Vortragsreihe dar, die Donnerstagabends stattfindet (Do.18:00 Uhr) und für alle Teilnehmer*innen des Seminars verpflichtend ist. In ihr stellen Textildesigner*innen und Designforscher*innen ihre Arbeit mit und über Textilkunst und -design aus den betroffenen Gebieten vor.

Das Seminar steht Studierenden aller Fachbereiche offen. Für Studierende des Textildesigns gibt es die Möglichkeit, begleitend an dem Praxisseminar Lost Patterns bei Prof. Bettina Göttke-Krogmann teilzunehmen. Leider ist es nicht möglich, dass begleitende Praxisprojekt für Studierende anderer Studiengänge zu öffnen.

Das Seminar und die Vorträge werden an folgenden Terminen stattfinden, die dem Seminarplan entsprechend vollständig besucht werden müssen:

Mi., 15.10.2025, 14:15-15:45

Do., 23.10.2025, 18:00-19:30

Do., 06.11.2025, 18:00-19:30

Mi., 12.11.2025, 14:15-15:45

Do., 27.11.2025, 18:00-19:30

Mi., 03.12.2025, 14:15-15:45

Mi., 17.12. 2025, 14:15-15:45

Do., 08.01.2026, 18:00-19:30

Mi., 21.01.2026, 14:15-15:45