ID Neuwerk

Design Education Research

Film-Diskurs als begleitende Vorlesungsreihe


Tücke des Objekts
Die Filme von Jacques Tati

Kommentierte Filmvorführung
am 18.4.2012

 

Zwischen Euphorie und Skepsis
Design-Kritik in der Nachkriegsmoderne 1950er und 60er Jahr
e

 

American Look (1958) W.F. Banes, John Thiele

Der von Chevrolet produzierte Film als „Tribute to the man and woman who design” ist neben seiner verdeckten Werbung für das seinerzeit aktuelle Automodell von Chevrolet auch eine stramme Propaganda für den amercian way of life zur Zeit des Kalten Krieges zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion und ihren jeweiligen Verbündeten. Zum Zeitpunkt seiner Entstehung absolut ernst gemeint, wirkt der Film heute in seinem bedingungslosen Fortschrittsglauben und seines auf ein reines „Styling” verengten Blick auf die Aufgabenfelder des Design unfreiwillig komisch.

 

Im selben Jahr 1958 realisiert Jacques Tati seinen erfolgreichsten Film:
Mon Oncle.

 

 

Jacques Tati: Mon Oncle (1958)

Mein Onkel (Originaltitel: Mon oncle) ist eine französische Filmkomödie von Jacques Tati aus dem Jahr 1958. Tati verkörpert in dieser Satire, die die sterile und automatisierte moderne Welt karikiert, nach Die Ferien des Monsieur Hulot zum zweiten Mal den tollpatschigen Außenseiter Monsieur Hulot. Mein Onkel wurde zu Tatis größtem Erfolg; der Film gewann 1958 den Sonderpreis der Jury bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes und ein Jahr später den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.

aus
wikipedia.org/wiki/Mein_Onkel

 

In Jacques Tatis Film hat ein Haus die Hauptrolle. Es ist, obwohl von Menschenhand entworfen, ein Gegenspieler der Menschen. Sie haben mit seiner futuristischen Ausstattung zu kämpfen, mit den technischen Erleichterungen, die das Leben schwer machen, vor allem aber müssen sie sich einem autoritären Design unterwerfen, das keine Unordnung duldet. Um in diesem Haus nicht zu stören, müsste der Mensch zum Sofa oder zum Cocktailsessel werden. Selten hat Filmarchitektur eine so entscheidende Rolle eingenommen wie in den Filmen Jacqes Tatis. Das wie der angelsächsische Ausdruck dafür lautet, hat hier seine eigene Herrschsucht, die Herrschsucht des Designs in der modernen Welt inszeniert.

aus
zeit.de/2005/07/K-Retro/seite-1

 

 

Excerpt from the documentary
Once Upon A Time … Mon Oncle (ina.fr)

Jacques Tati explains his methods of film making, with reference here to his parody of modernism in the 1958 film „Mon Oncle“. American film maker David Lynch remarks on the significance of sound effects in Tati’s films.

 

Jacques Tati

(bürgerlich Jacques Tatischeff; * 9. Oktober 1907 in Le Pecq im Département Seine-et-Oise, heute Yvelines; † 4. November 1982 in Paris) war ein französischer Drehbuchautor, Schauspieler und Regisseur.

Mit der von ihm entwickelten und dargestellten Figur des Monsieur Hulot eroberte er sich einen Platz in der Filmgeschichte – und das mit insgesamt nur fünf langen Spielfilmen. Als Schauspieler bediente er sich der Mittel von Pantomime und Slapstick und agierte in der Gestalt des Monsieur Hulot als unermüdlicher Zivilisationskritiker.

Als Regisseur war Tati – auch wenn er inhaltlich oft die gute alte Zeit beschwor – seiner Zeit in manchem weit voraus. So beeindruckte er z. B. durch den einfallsreichen Einsatz moderner filmtechnischer Mittel. Zudem war er ein Einzelgänger, der die völlige künstlerische Kontrolle über seine Filme anstrebte. Darin und in seinem Hang zum Perfektionismus ist er auf dem Gebiet der Filmkomik am ehesten mit Charles Chaplin und Buster Keaton vergleichbar.

aus
wikipedia.org/wiki/Jacques_Tati

 

 

Interview mit Jacques Tati (1977)
in englischer Sprache

 

 

Interview mit Jacques Tati (1977)
in deutsch

Jacques Tati zählt zu Frankreichs größten Kinolegenden, sein Genie für die Filmkomödie und die Begabung als Pantomime standen seinen Vorläufern Charlie Chaplin oder Buster Keaton in nichts nach. Der von ihm kreierte, durchs Leben stolpernde Monsieur Hulot ist ein Clown, der immer seine Fans haben wird. Wenn er versucht, sich mit der modernen Technik und ihren raffinierten und nicht weniger tückischen Erfindungen anzufreunden, hat man das Gefühl, dass in allen von uns ein bisschen Hulot steckt, obwohl wir uns damals noch nicht mit seltsamen Übersetzungen in der Bedienungsanleitung unserer elektronischen Geräte herumschlagen mussten. Tati drehte insgesamt nur fünf Filme, die jedoch sorgten für Furore: „Die Ferien des M. Hulot“ (1953), „Playtime“ (1967) oder „Traffic“ (1971) gehören zu den unterhaltsamsten und ebenso seltsamsten Werken der Filmgeschichte, weshalb François Truffaut „Playtime“ als einen Film wie von einem anderen Stern bezeichnete.

fluter.de/de/367/heimkino/8525/

 

 

 

Jacques Tati: Playtime (1967)

Für den Regisseur war der Konflikt des Menschen mit der zunehmenden Technisierung eine thematische Obsession. In „Playtime“, einer Satire auf die moderne Großstadt, malte er eine futuristische Vision aus, die ähnlich großartig und zeitlos geriet wie Fritz Langs „Metropolis“ oder Ridley Scotts „Blade Runner“. Er war ein Megalomane und Perfektionist, der vor nichts zurückschreckte, und durch die Kostspieligkeit seiner Forderungen alles davor in den Schatten stellte.

fluter.de/de/367/heimkino/8525/

 

1 Ankunft in Tativille

 

Für „Playtime“ schuf Tati am südöstlichen Rand von Paris eine gigantische Filmstadt. Eine surreale Utopie der französischen Hauptstadt, mit einem Aufwand der ebenfalls surreal wirkt. Tativille wurde aus 50.000 Kubikmetern Beton, 4 Quadratkilometern Kunststoff und 1200 Quadratmetern Glas, auf einer Fläche von 15.000 Quadratmetern erschaffen und war eine kleine Stadt für sich. Es gab gepflasterte Straßen, funktionierende Ampelanlagen und unzählige Neonreklamen. Den Strom dafür produzierten zwei Elektrizitätswerke, die eine 15.000-Einwohner-Stadt hätten versorgen können… Durch Tativille wurde Filmarchitektur ans Limit geführt.

unoculus.wordpress.com/tatis-playtime

 

Jacques Tati – Making Of Playtime

 

1.200 Quadratmeter Plexiglas für Hochhausattrappen, dreimal so viel Kunststoff und fünfzigtausend Kubikmeter Zement wurden herangeschafft, um Tativille zu bauen. Auf einem Areal von fünfzehntausend Quadratmetern entstand die durchdesignte Stadt der Zukunft. Ausgestattet mit voll funktionstüchtigen Fahrstühlen und Rolltreppen, Leuchtschildern und einem Drugstore, war die Kopfgeburt einer amerikanisierten Metropole komplett. Eine kritische Anspielung auch auf den damals entstehenden Gare Montparnasse und die Trabantenstadt Sarcelles mit ihren kalten, blockigen Wohnbauten. Tatsächlich erinnern die Gebäude von Tativille an „La Défense“, das neue Geschäftsviertel von Paris. Jacques Tati selbst meinte, er habe das Viertel schon vor seinem Bau filmisch karikiert. Ironie der Geschichte: Das Filmset zu „Playtime“ entwarf Jacques Lagrange, der später die ersten Entwürfe zu „La Défense“ erstellte.

aus
taz.de/1/archiv

 

Die „Handlung“ des Films scheint nie auf ein Ziel hinauszulaufen, sondern wirkt eher wie die Aneinanderreihung verschiedener Episoden (Flughafen, Bürohaus, Industrieausstellung, Privatwohnung, ‚Drugstore’, Nachtclub, Kaufhaus und Rückreise zum Flughafen). Das ruhige Montagetempo des Films verstärkt diesen Eindruck noch. Tati nimmt sich Zeit und breitet die einzelnen Szenarien, ohne Rücksicht auf dramaturgische Gepflogenheiten, ganz behutsam aus.

 

2 Verloren

 

Zudem sind die einzelnen Einstellungen in „Playtime“, wie in allen Filmen Tatis, relativ lang und meist aus weiter Entfernung aufgenommen (meist benutzt Tati die Totale), so dass der Zuschauer die Möglichkeit bekommt, seinen Blick schweifen zu lassen. Diese Methode wird noch durch das 70-mm–Format des Films unterstützt, wodurch eine enorme Raumtiefe entsteht.

Auf diese Weise laufen in vielen Einstellungen des Films Unmengen von kleinen Handlungen gleichzeitig ab. Dabei ist das Bild meist in Vorder-, Mittel-, und Hintergrund gestaffelt. Auf jeder Ebene geschehen unterschiedliche Dinge, so dass sich der Zuschauer stets aussuchen kann (und muss), welchem Teil des Bildes er seine Aufmerksamkeit schenkt. Der Betrachter hat somit die Möglichkeit, seinen ganz eigenen Film zu schauen. „Normalerweise lachen die Leute in einer Komödie zur gleichen Zeit über die gleichen Dinge. In ‘Playtime‘ dagegen lacht man zu verschiedenen Zeiten über die unterschiedlichsten Dinge“ (Maddock).

 

3 Appartement

 

Tati untergräbt gängige Kinokonventionen, indem er den Blick des Zuschauers nicht durch Kameraeinstellungen, Schnitt und/oder Großaufnahmen „lenkt“. Er verwendet ein „demokratisches“ Prinzip, das jedem Zuschauer die Möglichkeit bietet, selbst zu entscheiden, welchen Handlungen im Bild er folgen möchte.

aus
unoculus.wordpress.com/tatis-playtime

 

Die Wände in Tatis City sind transparent, aber Innen- und Außenräume bleiben tonal getrennt. Schaukastenartige Wohnboxen mit freizügigen Fensterfronten gewähren tiefe Einblicke in private Familienszenen – wie in Hitchcocks „Fenster zum Hof“ dem Voyeur ausgestellt. Der Familienvater nippt heimlich an der Brandyflasche. Wrumm, der Bus fährt vorbei. Die Geräusche der inneren Szenerie bleiben verborgen. Architektur wird in „Playtime“ zur unsichtbaren Barriere. So manche Nase stößt auf Glastüren, Spiegelbilder lösen Verwirrung aus. Die Touristen bekommen das historisch gewachsene Paris nur vermittelt zu sehen: eine Reflexion des Eiffelturms in der Glastür, eine Abbildung von Sacre-Coeur auf einem Kopftuch.

aus
taz.de/1/archiv

 

4 Drugstore

 

Günther Anders’ These von der Antiquiertheit des Menschen in der technischen Zivilisation hat bei Tati seine satirische Veranschaulichung gefunden; wir sind nur noch Diener der gebauten Zukunftsvisionen, und nirgends wird das so deutlich wie in Tatis Playtime, wo die Glastüren eines Restaurants zu Bruch gehen und die solchermaßen herrenlos gewordenen Türgriffe nunmehr von einem Kellner in der Luft bewegt werden müssen, nach außen, wenn ein Gast kommt, und nach innen, wenn einer geht – mit anderen Worten: Der Kellner hat die Funktion der Tür übernommen, und damit kehrt sich alles um, was einst der Werkzeuggebrauch des Homo Faber versprach: Der Mensch der Moderne ist zum Werkzeug seines Werkzeugs geworden.

aus
zeit.de/2005/07/K-Retro/seite-1

 

5 Restaurant

 

Im Frankreich des wirtschaftlichen Aufschwungs und Futuroptimismus fand dessen Kritik am modernen Städtebau wenig Resonanz. An den französischen Kinokassen der späten Sechzigerjahre war „Playtime“ ein Flop, durch den Tati an den Rand des Ruins geriet. Der kommerzielle Fehlschlag hatte aber auch technische Gründe. Fraß das gigantische Projekt schon während des Drehs und der Entstehung Unsummen, war auch das Endprodukt nicht leicht auf den Markt zu lancieren. Es existierten kaum Kinos, die das 70-Millimeter-Format abspielen konnten. Kopien im gängigen 35-Millimeter-Format zu ziehen, das wiederum widersprach der kinematografischen Vision des Regisseurs. „Ich frage einen Künstler ja auch nicht, warum er denn ein ganzes Blatt Papier zum Zeichnen verwendet“, empörte sich Tati.

aus
taz.de/1/archiv

 

Hier setzt sich die Kompromisslosigkeit dieses Werks fort. Tati musste einfach wissen, dass der enorme finanzielle und technische Aufwand, verbunden mit der gängigen Vorführpraxis und dem vorherrschenden Publikumsgeschmack, einen Fehlschlag nach sich ziehen würde. Trotzdem lenkte er in keiner Weise ein und macht „Playtime“ dadurch zu einem künstlerischen Manifest, das in seiner radikalen Ausführung einmalig in der Geschichte des Films ist.

 

6 Autokorso

 

Tati verlor durch „Playtime“ sein Vermögen, seine Produktionsfirma, die Rechte an seinen Filmen und seine künstlerische Freiheit.

Aufgrund der Schulden, die Playtime hinterlassen hatte, sah sich Tati in seinem voletzten Film „Trafic“ (1971) gezwungen, Hulot wieder in den Mittelpunkt des Films stellen, was er eigentlich hatte vermeiden wollen. In dem Film versucht er, einen Auto-Prototypen rechtzeitig zu einer Automobilmesse zu bringen. 

Doch Tati konnte seinen Bankrott nicht mehr abwenden und zog sich enttäuscht aus dem Filmgeschäft zurück. 1974 folgte lediglich noch ein für das schwedische Fernsehen produzierter Zirkusfilm für Kinder mit dem Titel „Parade“.

1977 wurde Tati mit dem Ehren-César der Académie des Arts et Techniques du Cinema ausgezeichnet.

Jacques Tati starb am 4. November 1982 an einer Lungenembolie und wurde auf dem Cimetière ancien in Saint-Germain-en-Laye beigesetzt.

 

Jacques Tati / Filmography

L’École des facteurs (1947) (short film)
Jour de fête (1949)
Les Vacances de Monsieur Hulot (1953)
Mon Oncle (1958)
Play Time (1967)
Trafic (1971)
Parade (1974)
Forza Bastia (1978) (short film)

 






Film used as a tool
Die Filme von Charles and Ray Eames

Kommentierte Filmvorführung
am 2.5.2012

 

Charles & Ray Eames used film as a “tool,” and asserted that their films were vessels for an idea. For them, the idea was more important than the medium. When one interviewer proposed that their films might be interpreted as experimental, Charles replied, “They’re not experimental films, they’re not really films. They’re just attempts to get across an idea.” Paul Schrader, in the lone academic article about their films, “Poetry of Ideas,” published in Film Quarterly in 1970, said, “The classic movie staple is the chase, and Eames’ films present a new kind of chase, a chase through a set of information in search of an Idea.”

Der vollständige Artikel unter:
snoreandguzzle.com/?p=149

 

Introduction Films of Charles and Ray Eames (7:11)

 

The Films of Charles & Ray Eames

Charles & Ray Eames were artists adept at an astonishing number of disciplines. They produced museum exhibitions, architecture, logotypes, toys, slide-shows, furniture, books, photography, paintings and over 100 films. However, their films are the least discussed of their output. One of the main reasons is the sheer difficulty in acquiring access to them. Only about a quarter of their films have been released on home video. They are one of the few American artists with an entire era named after them, but their films are rarely placed on a level with their furniture or architecture. And yet their films contain some of the most generous, sincere and original ideas of the century.

Der vollständige Artikel unter:
snoreandguzzle.com/?p=149

 

Design Questions+Answers (1972) 5:28

 

A communications primer (1953)

Anna Daly at Senses of Cinema describes it as follows: “Schematic diagrams and simple associations serve to highlight the message: clear communication betters humanity. The film is thus an accomplished work of design as well as being a beautifully composed documentary that brings an artist’s feel for colour and composition to the moving image, ensuring visual delight despite theoretical archaism.”

Rezension in sensesofcinema.com/charles and ray eames

A communications primer Transcript als pdf-Datei

 

 

Tops (1969) 7:37

Toys occupy several of the Eames films, including Tops (1969), a purely visual film that documents the short life span of a spinning top. It’s essentially a silent anthropological film and captures tops from different cultures and eras. The Eames Office contained a menagerie of toys, and it was Charles who once asked rhetorically, “Who would say that pleasure is not useful?” Both Toccata for Toy Trains and Tops are shot from the extreme perspectives of close-ups – an expressionistic technique that lets the audience experience toys as if from the eyes of a child.

 

 

Solar Do-Nothing Machine (1957) 2:16

 

 

Powers of Ten (1977) 9:02

Powers of Ten (1977) is the Eames’ best known work and a culmination of many ideas and themes. It is also something of a skeleton key for understanding the rest of their work. It presents the profound idea of orders of magnitude, with the subtitle of the film being: A Film Dealing With the Relative Size of Things in the Universe and the Effect of Adding Another Zero. The film was originally developed in 1968 and was entitled, A Rough Sketch for a Proposed Film Dealing with the Powers of Ten and the Relative Size of Things in the Universe. The “rough sketch” in the title is testament to the Eames’ penchant for perpetually iterative design. This is the case for many of their projects — Tops was initially made in black and white in 1957, and perfected 12 years later in color; the Eames Lounger was an idea 30 years in the making; Powers of Ten took so long to evolve that in the time it took to produce, science had broken through yet another power in the understanding of quantum physics.

Der vollständige Artikel unter:
snoreandguzzle.com/?p=149

 

 

Kepplers Law (1974) 2:53

 

 

The Expanding Airport (1958) 9:26

 

 

Fiberglass Chairs (1970) 8:45

 

 

Eames Lounge Chair (1956) 2:08

 

 

SX 70 Polaroid (1972) 10:51

 

 

IBM Fair (1964) 7:33

 

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Eames: The Architect & The Painter (2011)

von Jason Cohn, Bill Jersey

ist der erste Film über Charles & Ray Eames seit ihrem Tod im Jahr 1978 bzw. 1988. Er beschäftigt sich sowohl mit der privaten als auch mit der beruflichen Beziehung der beiden Designer, die gemeinsam zahllose Design-Klassiker entworfen haben.

Selbst diejenigen, die in den letzten Jahren keine der so zahlreich zu den Eames erschienenen Neuerscheinungen verpasst haben, erfahren bei Cohn und Jersey noch Neues, vor allem aus den Interviews mit Lucia Eames, Charles Tochter aus erster Ehe, dem Enkel Eames Demetrios, dem Filmemacher Paul Schrader, dem Ted-Mitbegründer Richard Saul Wurman und ehemaligen Mitarbeitern des legendären Eames Studios am 901 Washington Boulevard in Venice, Kalifornien. Mit fabelhaften Aufnahmen wird hinter die Kulissen der wie eine Wunderkammer bis zur letzten Ecke gefüllten Werkstatt geschaut, in der Charles und Ray insgesamt 45 Jahre ihren erfrischend heiteren Zirkus des Alltäglichen betrieben. Hier entstnad ganze Bogen: von den ersten Billigmöbeln im Ikea-Stil für Herman Miller bis hin zum Designer als visuellen Kommunikator des Informationszeitalters.

weiterlesen:
artnet.de/dokumentarfilm-eames-the-architect-and-the-painter

 

Filmografie Charles and Ray Eames

1978 Cézanne (Documentary short)
1978 Degas in the Metropolitan (Short)
1978 Kites (Polavision Vignette) (Short)
1978 Llisa Draws a Letter (Polavision Vignette) (Short)
1978 Macbeth (Polavision Vignette) (Short)
1978 Masks (Polavision Vignette) (Short)
1978 Polavision Vignettes
1978 Sonar One-Step (Short)
1978 Vignettes for Polavision: The Chase (Short)
1977 Daumier: Paris and the Spectator
1977 Polavision (Short)
1977 Powers of Ten (Documentary short)
1977 The Look of America
1976 Atlas (Short)
1976 Paris: The Opening of an Exhibition (Documentary short)
1976 Something About Photography (Short)
1975 Metropolitan Overview (Short)
1974 Callot (Short)
1974 Kepler’s Laws (Documentary short)
1973 Copernicus (Documentary short)
1973 Exponents: A Study in Generalization (Short)
1973 Franklin & Jefferson Proposal Film (Documentary short)
1973 Two Laws of Algebra
1972 Alpha (Short)
1972 Banana Leaf (Short)
1972 Cable: The Immediate Future (Short)
1972 Computer Perspective (Documentary short)
1972 Design Q & A (Documentary short)
1972 SX-70 (Documentary)
1971 Clown Face (Short)
1971 Computer Landscape (Documentary short)
1971 Johnny Peer’s Clown Face (Short)
1971 Movie Sets (Documentary)
1970 Cemeteries
1970 Circus
1970 India
1970 Polyorchis Haplus (Documentary short)
1970 Soft Pad (Short)
1970 Tanks
1970 The Black Ships (Short)
1970 The Fiberglass Chairs: Something of How They Get the Way They Are (Documentary short)
1969 Decorator Crab
1969 Diatoms
1969 Image of the City (Short)
1969 Tops (Documentary short)
1968 A Rough Sketch for a Proposed Film Dealing with the Powers of Ten and the Relative Size of Things in the Universe (Documentary short)
1968 Babbage
1968 IBM Museum (Short)
1968 The Lick Observatory
1968 A Computer Glossary (Documentary short)
1967 G.E.M.
1967 National Fisheries Center and Aquarium (Short)
1967 Picasso
1967 Scheutz
1966 Horizontes (Short)
1965 Computer Day at Midvale (Short)
1965 IBM at the Fair (Documentary short)
1965 IBM Puppet Shows (Short)
1965 Sherlock Holmes in the Singular Case of the Plural Green Mustache (Short)
1965 The Smithsonian Institute (Documentary short)
1965 View from the People Wall (Short)
1965 Westinghouse in Alphabetical Order (Documentary short)
1964 House of Science (Short)
1964 Think (Short)
1963 IBM Fair Presentation #2 (Short)
1962 Before the Fair (Short)
1962 IBM Fair Presentation #1 (Short)
1962 The House of Science (Short)
1962 Meet Me in St. Louis (Short)
1962 Panic on Wall Street (Short)
1962 San Francisco Fire (Short)
1961 ECS (Short)
1961 Eratosthenes (Documentary short)
1961 IBM Mathematics Peep Show (Documentary short)
1961 Something About Functions (Documentary short)
1961 Symmetry (Documentary short)
1961 Topology (Documentary short)
1961 2n: A Story of the Power of Numbers (Short)
1960 ‚Where Did You Go?‘ ‚Out.‘ ‚What Did You Do?‘ ‚Nothing.‘
1960 Comics of the Fifties (Short)
1960 Fifties Dead Sequence (Short)
1960 Fifties Music Sequence (Short)
1960 Gift from the Sea (Short)
1960 Introduction to Feedback (Documentary short)
1960 Kaleidoscope Jazz Chair (Short)
1960 The Fabulous Fifties (Documentary)
1959 Glimpses of the USA (Short)
1959 Kaleidoscope Shop (Short)
1958 De Gaulle Sketch (Short)
1958 Herman Miller at the Brussels Worlds Fair (Short)
1958 The Expanding Airport (Documentary short)
1957 Day of the Dead (Documentary short)
1957 Do-nothing Machine (Short)
1957 The Information Machine (Documentary short)
1957 Tops (Short)
1957 Toccata for Toy Trains (Short)
1956 Eames Lounge Chair (Documentary short)
1955 House: After Five Years of Living (Documentary short)
1955 Textiles and Ornamental Arts of India (Short)
1955 Two Baroque Churches (Short)
1954 S-73 (Short)
1953 A Communications Primer (Documentary short)
1953 Bread (Short)
1953 Calligraphy (Short)
1952 Blacktop: A Story of the Washing of a School Play Yard (Short)
1952 Parade, or Here They Come Down Our Street (Short)
1950 Traveling Boy (Short)






Aktuelle Filme
zu Designthemen

Design > Themen und Haltungen

Kommentierte Filmvorführung
am 9.5.2012

 

 

Making of Setu
Produktentwicklung eines Drehstuhls für Herman Miller
Studio 7.5 Berlin

 

 

Design by its nature is collaborative
Studio 7.5 Berlin

 

 

Design Thinking
Tim Brown urges designers to think big

 

 

Cooperative design process
Protei.org

opensailing.net/protei/home

 

 

Protei, a community-generated technology

 

 

„social design”
WE CANNOT NOT CHANGE THE WORLD!

 

 

Sustainability / cradle-to-cradle
Nie mehr Müll – Leben ohne Abfall

 

 

0bjectified (2009) Gary Hustwit

 

 

Helcetica (2007) Gary Hustwit

 






The Triple „I”
Information, Interpretation, Intervention

Design > Themen und Haltungen 2

Kommentierte Filmvorführung
am 23.5.2012

 

1st i = Information

Richard Saul Wurman:
Information anxiety is the black hole between data and knowledge, and it happens when information doesn’t tell us what we want or need to know.

Exactly what is an information architect?
„Someone who enables data to be transformed into understandable information.”

 

1.1
Richard Saul Wurman: On Cities

 

1.2
Richard Saul Wurman: The journey begins here

The singular passion in Richard Saul Wurman’s life is making information understandable. Each of his 80 books focuses on some subject or idea that he personally had difficulty understanding. They all stem from his desire to know rather than already knowing, from his ignorance rather than his intelligence, from his inability rather than his ability. His best-selling book Information Anxiety (and a later edition: Information Anxiety 2), serves as an overview of the motivating principles found in his previous works. 

 

inf_anxiety       understanding_usa

 

download here:
UnderstandingUSA.pdf

 

Part 1

 

1.3
TEDxBrooklyn 2010 – Richard Saul Wurman and Kurt Andersen
by TEDx Brooklyn

Spurred by the dance between his curiosity and ignorance, Richard Saul Wurman has sought ways to make the complex clear. He has now written, designed and published 82 books on topics ranging from football to health care to city guides, but he likes to say that they all spring from the same place – his ignorance.

Described by Fortune magazine as an „intellectual hedonist with a hummingbird mind,“ Wurman has been shaped by an epiphany he had as a young man: ignorance and embracing the understanding of what it is like to not understand.

Wurman created the TED conference in 1984, bringing together many of America’s clearest thinkers in the fields of technology, entertainment and design. He continues to co-chair the annual TEDMED meetings.

 

Part 2

 

 

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2nd i = Interpretation

Hans Rosling:
Don’t just show the notes, play the music!

Data and information are not boring. The key is to select the appropriate (and accurate) data to support your message. But it also matters how you bring the data alive, giving it context and meaning. One of the masters of displaying data in live talks is Swedish doctor and researcher, Hans Rosling.

 

2.1
Hans Rosling and the magic washing machine (2011)

 

2.2
Hans Rosling on global population growth (2010)

 

2.3
Hans Rosling’s 200 Countries, 200 Years, 4 Minutes (2010)

 

2.4
Hans Rosling – Der Regisseur der Zahlen
Spiegel Online 28.2.2010

Hans Rosling hat eine Mission. Der Professor für Internationale Gesundheit vom Karolinska-Institut in Stockholm will nicht die Welt verändern, aber den Blick, den die Menschen auf sie haben. Er will, dass sie ihre Vorurteile ablegen. Etwa jenes, dass die Welt sich simpel in arme Entwicklungsländer und reiche Industriestaaten unterteilen ließe. Viele Entwicklungsländer hätten längst große Fortschritte gemacht, sagt der Mediziner. Und er inszeniert seine Botschaft – „Das scheinbar Unmögliche ist möglich” – gern so dramatisch, dass die Zuschauer sie nicht so schnell vergessen.

weiterlesen unter …
spiegel.de/wissenschaft/technik

 

2.5
Hans Rosling
One of „The 100 Most Influential People in the World”
Time Magazine Apr. 18, 2012

Hans Rosling trained in statistics and medicine and spent years on the front lines of public health in Africa. Yet his greatest impact has come from his stunning renderings of the numbers that characterize the human condition.

Read more:
time.com/time/specials/packages/article

 

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3rd i = Intervention

 

 

Die Yes Men regeln die Welt (2009)

Sometimes it takes a lie to expose the truth.

„At an international conference in Austria, about the importance of free markets, we [posing as representatives of The World Trade Organization] said we have a giant free market, it’s called democracy, and the only problem is that corporations can’t buy and sell votes, we want to open a free market and democracy by allowing people to sell their votes to the highest bidder. The audience of highly educated lawyers and government officials said, „You’re right. Great idea. Let’s implement it. Let’s figure out how to do it.“ And they just accepted it because it stayed within their logic of the free market.”

The Yes Men

 

 

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Appendix

Journalism in the Age of Data
by Geoff McGhee

Journalists are coping with the rising information flood by borrowing data visualization techniques from computer scientists, researchers and artists. Some newsrooms are already beginning to retool their staffs and systems to prepare for a future in which data becomes a medium. But how do we communicate with data, how can traditional narratives be fused with sophisticated, interactive information displays? Watch the full version with annotations and links at datajournalism.stanford.edu. Produced during a 2009-2010 John S. Knight Journalism Fellowship at Stanford University.

 

 

Information aesthetics. Where form follows data.

Inspired by Lev Manovich’s definition of „information aesthetics“, this weblog explores the symbiotic relationship between creative design and the field of information visualization. More specifically, it collects projects that represent data or information in original or intriguing ways.

Siehe auch …
infosthetics.com/archives/movie

 

Beispiele aus infosthetics.com 

 

1
Titanic – for BBC History
by After the Flood

We worked with the BBC to make this video about the Titanic. It is for BBC History and serves to introduce people to the basics of the story. We think it is important to compliment the material for enthusiasts with something for those new to the subject.

 

2
The Stars – for BBC Science and Nature
by After the Flood

This is a format development project for BBC Knowledge and Learning. After the Flood were asked to look at how complex, information rich subjects can be told well in short videos.

 

3
Twitter Dots: Mapping all Tweets for a specific Keyword

Twitter Dots [twitterdots.com] translates individual tweets as simple dots on a geographical world map. It is as simple as that. The actual keyword changes each day. Still interesting to observe how a timeline animation shows some people still tweet „Good Morning“ in the late evening… That or the geographical location might be off for a lot of people (e.g. overseas holidays?).

 

4
A Year in Snapshots: Revealing where Photos are Taken in the World

Mobile travel guide provider Triposo has a natural interest in location-based data, as its free travel guides are automatically generated from a large collection of open datasets. To show off their expertise, they have recently created „A Year Long Snapshots around the World“ [triposo.com], a short movie that reveals the exact locations in the world where pictures were taken, and that for each day of the year. In short, the movie shows a world map in which pixels light up according to the relative amount of pictures taken. As the resulting animation is too dense and fast to make sense of, they have provided a series of snapshots to highlight some remarkable trends and outliers. In particular, they are requesting advice for some hugely popular event on 30 November that is reflected by an immense amount of photos taken everywhere in the world (although they suspect a default camera setting to be the real reason).

 

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Wireless in the world 2

This new urban landscape is no longer predicated solely on architecture and urbanism. These disciplines now embrace emerging methodologies that bend the physical with new measures, representations and maps of urban dynamics such as traffic or mobile phone flows. Representations of usage patterns and mapping the life of the city amplify our collective awareness of the urban environment as a living organism. These soft and invisible architectures fashion sentient and reactive environments.

 

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Touch: Design practice & experiments in film

 

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Immaterials: Light painting WiFi

This project explores the invisible terrain of WiFi networks in urban spaces by light painting signal strength in long-exposure photographs. A four-metre long measuring rod with 80 points of light reveals cross-sections through WiFi networks using a photographic technique called light-painting.

 






Essayfilm
am Beispiel Agnès Varda und Chris Marker

Kommentierte Filmvorführung
am 30.5.2012

 

Der Essayfilm (von frz.: essai = Versuch) ist eine experimentelle Filmform zwischen den Filmgattungen Spielfilm und Dokumentarfilm, in welcher der Regisseur mit betont subjektiver Betrachtungsweise aus den Zwängen der Erzählmuster ausbricht. Der Essayfilm gilt daher als offenes Werk, das mit verteilter Aufmerksamkeit und Multiperspektivität auf der Suche nach Zusammenhängen eine künstlerische Freiheit beansprucht, die sich den Konventionen des Filmemachens entzieht. Dabei kommt dem Ton eine übergeordnete Bedeutung zu; häufig werden die freischweifenden Reflexionen durch einen Erzähler zusammengehalten. Charakteristisch für den Essayfilm ist weiterhin der Bruch mit den Prinzipien der Kohärenz, Kausalität und Kontinuität von Raum und Zeit und die Bildung von Bildmetaphern.

aus
wikipedia.org/wiki/Essayfilm

siehe auch:

Hanno Möbius: Das Abenteuer Essayfilm,
in: Versuche über den Essayfilm (Augenblick 10), Marburg 1991, S. 10-24

moebius-1991.pdf

 

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The Beaches Of Agnès (2008) Agnès Varda

 

Agnès Varda wurde 1928 in Bruxelles, Belgien, geboren. Nach ihrem Studium in Paris (Sorbonne, École du Louvre und Ausbildung zur Fotografin) arbeitet sie als Fotografin am Théâtre National Populaire von Jean Vilar.

Aufgrund des Bekanntheitsgrades des T.N.P. und der Popularität Gérard Philipes, werden ihre Bilder schnell bekannt. Sie macht auch große Fotoreportagen unter anderem in Spanien, China und Kuba. Im Jahr 1954 macht sie sich selbstständig und steigt in die Filmbranche ein: Sie gründet die Firma Tamaris Films (später Ciné Tamaris) und dreht ihren ersten Film La Pointe Courte, mit dem sie sich als Vorläuferin der „Nouvelle Vague“ erweist.

 

Cléo de 5 à 7 (1962) Agnès Varda – Ausschnitt

 

Ab 1958 dreht Agnès Varda unaufhörlich, in Eigenproduktion und im Auftrag für andere Firmen, Dokumentarfilme, Kurz- und Spielfilme, Portraits und Hommagen (insbesondere über ihren Mann, Jacques Demy). Als Erfinderin der „cinécriture“, des filmischen Schreibens in Abhängigkeit von Begegnungen, Zufällen, Wünschen, Bedürfnissen und möglichen Exkursen, kreiert Varda einen Stil, der sich zwischen dokumentarischem Realismus und poetischer Fiktion bewegt. Sie richtet einen direkten und aufmerksamen Blick auf die Dinge und die Menschen, die sie umgeben, auf das Leben, das für sie eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration bedeutet (die Krankheit in „Cleo – Mittwoch zwischen 5 und 7”, die Schwangerschaft in „L’Opéra-Mouffe”, der Ehebruch in „Das Glück”, die Liebesbeziehungen in „Die Geschöpfe”, die Stellung der Frau in „Die Eine singt, die Andere nicht”, die Parallelwirtschaft in „Die Sammler und die Sammlerin”, etc.)

 

Agnès Varda – Porträt in 4 Minuten

 

 

Filmbeispiele von Agnès Varda

Salut les cubains (1963) Agnès Varda

 

Black Panthers (1968) Agnès Varda

 

Ihr Werk umfasst insgesamt über 30 Filme, die frei, subjektiv, poetisch, sensibel und aufmerksam die alltäglichen Dinge des Lebens zum Thema machen. Es ist das Werk einer Sammlerin, einer Vagabundin.

 

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Chris Marker

„Chris Marker wollte nicht repräsentieren und daher auch nicht fotografiert werden.“ Dies sagte Agnès Varda auf den „Rencontres photographiques d’Arles“ im Sommer 2011 über den ihr sehr vertrauten Künstler.

 

Agnès Varda zu Besuch im Atelier von Chris Marker

 

Kurz nach dem zweiten Weltkrieg nahm der ehemalige Philosophiestudent Christian-François Bouche-Villeneuve das amerikanisch klingende Pseudonym Chris Marker an. Als Anhänger der Nouvelle Vague ließ er sich dabei sicherlich von deren Vorliebe für das amerikanische Kino leiten. Mit seinem Freund Alain Resnais drehte er den Film Les statues meurent aussi (1953), der sich gegen die im Westen übliche Verachtung der „Negerkunst“ wandte. Auf eigenständige Weise nahmen Resnais und Marker Einfluss auf ihre Zeit, über den Umkreis der Intellektuellen- und Künstlerkreise von Saint-Germain-des-Prés hinaus und das Umfeld der Freunde von der Zeitschrift „Cahiers du cinéma“ hinaus. So wusste Marker als Herausgeber einer Reisebuchreihe („Petite Planète“, Verlag Le Seuil), dass sich die Veränderung der Welt nur durch konsequentes Überdenken von Form und Filmsprache sowie durch eine Erneuerung der Erzählweisen adäquat ausdrücken lässt.

 

Chris Marker par Agnès Varda

 

Wer war Chris Marker … in Blow Up / Arte (2013)

Auf arte …
Hommage an Chris Marker
Chris. Markers Kinosaal

Youtube

La Jetée wird 50 / Arte

 

Sein berühmtester Film, Am Rande des Rollfelds (1963), ist auch Science-Fiction: symptomatisch für den Künstler, der formale, räumliche oder zeitliche Grenzen überwinden will. Der Protagonist des Films wird Opfer grausamer wissenschaftlicher Experimente, die ihn in die Vergangenheit und in die Zukunft blicken lassen. Mit Ausnahme eines durch seine Kürze (1 Sekunde!) und Einmaligkeit besonders eindrucksvollen bewegten Bildes (eine schlafende Frau schlägt plötzlich die Augen auf und schaut den Betrachter fragend an) wird die Geschichte durchweg in Standbildern erzählt. In diesem vom Autor selbst „Fotoroman“ genannten Werk wird ständig ein Spiel mit den Sehgewohnheiten des Zuschauers getrieben. Die Kommentarstimme des Erzählers Jean Négroni und die Musik von Trevor Duncan verstärken die mitreißende Wirkung des Streifens.

 

La Jetée (1963) Chris Marker

 

Am Rande des Rollfelds hat nicht nur seine Zeit geprägt, sondern auch den Regisseur Terry Gilliam zu seinem Film 12 Monkeys (1995) angeregt. Darin bedient sich Gilliam verfremdender Stilmittel, um sich mit der Reise ins Innere und den Narben der Zeit auseinanderzusetzen. Gleichzeitig beschäftigt er sich auf einer allgemeineren Ebene mit Wahrnehmungsfragen, mit der Subjektivität des Gedächtnisses und mit dem nahem Beieinander von Verrücktheit und Normalität. Diese Themen bilden auch den Kern von Markers Werken und stehen für dessen politischen Ansatz. Auf dieser Grundlage wollte Marker von den 1950er Jahren an die Entwicklung der Welt dokumentieren (Beispiele: Dimanche à Pékin (1956), Lettre de Sibérie (1958) und ¡Cuba Sí! (1961]).

 

Chris Marker Documentary

 

In all seinen Filmen ist das Publikum nicht nur Zeuge des Geschehens, sondern soll sich – vermittelt durch Markers Blick – Gedanken über seine eigene Betrachtungsweise machen und die passive Zuschauerhaltung überwinden. Dasselbe gilt für Le fond de l’air est rouge (1977), einen dreistündigen Film über die Geschichte der revolutionären Utopien. Sans soleil – Unsichtbare Sonne (1983) bewegt sich in anderen Breitengraden (von Japan über Kap Verde bis nach Guinea-Bissau), um uns mit unserer eigenen, westlichen, Lebensweise zu konfrontieren.

 

Sans Soleil (1983) Chris Marker

 

Sans Soleil – Unsichtbare Sonne (deutsch: Ohne Sonne) ist ein französischer Essayfilm aus dem Jahr 1983 von Chris Marker. Der Titel bezieht sich auf den gleichnamigen Liederzyklus von Modest Mussorgski. Sans Soleil ist eine Meditation über die Natur menschlicher Erinnerung.

Bei dem Film handelt es sich um eine reiche Vermischung von Gedanken, Bildern und Szenen vor allem aus Japan und Guinea-Bissau. Andere Szenen wurden in Paris und San Francisco gedreht. Eine Erzählerin liest fiktive Briefe des erfundenen Kameramannes Sandor Krasna, der darin auch seine Erlebnisse auf Reisen beschreibt. Der Wechsel von Themen und Orten ist frei fließend. Im Film wird über die Schönheiten der Natur referiert und sie gezeigt, gleichzeitig auch ihre Bedrohung durch die Zivilisation beleuchtet.

Jochen Brunow bezeichnete den Film im Metzler Filmlexikon als einen „Film von großer Dichte und Komplexität, kein(en) klassische(n) Essayfilm. (…) Reisebeschreibungen, in Briefform geäußerte Gedanken, Gedichte, Anekdoten, thematische Reflexionen über Bilder und das Kino wechseln kunstvoll miteinander ab. Sans soleil setzt auf die analytische Kraft der Bilder, auf die Errettung der äußeren Wirklichkeit. Der Film schafft dies, indem er die große Bilderflut, die numerische Vervielfachung der existierenden Bilder und die Zersetzung ihrer Abbildfunktion durch die elektronische Bearbeitung im Computer, in den Körper des Films selbst hineinholt.“

In Sans soleil (1983) untersucht Regisseur Chris Marker die Begriffe Wirklichkeit, Beständigkeit und Vergessen in einem Prozess der Selbstfindung. Der meditative Film über die Natur menschlicher Erinnerung[7] wird durch das selbstkritische Kommentieren von Lebensepisoden einer mit dem Regisseur identischen, fiktiven Figur in einer „eigentümlichen Schwebe zwischen Vergangenheit und Gegenwart gehalten“.

Chris Marker starb am 29. Juli 2012 in Paris.

Vita:
wikipedia.org/Chris_Marker

Chris Markers Youtube-Channel …
creative.arte.tv/de/Kosinki
youtube

 






Jean-Luc Godard entdecken
… 1960–1966

Kommentierte Filmografie (Auswahl),
Vorlesung am 13.6.2012

 

Jean-Luc Godard ist einer der bedeutendsten französischen Regisseure und einer der bekanntesten Vertreter der Nouvelle Vague, der Bewegung, die ab Ende der 1950er Jahre das französische Kino revolutioniert und die Film- und Bildsprache bis in die Gegenwart nachhaltig beeinflusst. Der Autorenfilmer darf als ihr innovativster und radikalster Vertreter gelten und entwickelt eine Filmsprache, die mit sämtlichen Konventionen filmischen Erzählens bricht. Zwischen Montage und Bruch verknüpft der Filmemacher Literatur und Musik und Bild zu einem essayhaften Nebeneinander, in dem sich die Wahrnehmung des Regisseurs wie die des Zuschauers stets neu konfiguriert.

Sein erklärtes Ziel war es, die durch Gewöhnung als natürlich angesehene Wahrnehmung des Films aufzulösen, um eine Analyse der eigenen, subjektiven Wahrnehmungsweise in den Mittelpunkt zu stellen. Häufig verwendet er in seinen Filmen Schrift, um sie auf bildhafte Qualitäten hin zu untersuchen (Une femme est une femme ).

Er setzt sich in vielen seiner Filme mit der Frage auseinander, in welcher Beziehung Sprache und Bild miteinander stehen und suggeriert einerseits, dass die Sprache zwar niemals akkurat eine bildliche Handlung wiedergeben könne, andererseits traut er der Poesie der Bilder nicht („Wir versuchen, immer weniger Bilder zu zeigen und mehr Töne zu machen.“) und versucht, die Kontrolle über die Bilder mit Hilfe der Sprache zu gewinnen. Nach 1967 spricht Godard nicht mehr vom Film an sich, sondern nur noch von Bildern und Tönen. Interessant ist für ihn auch die Frage, warum gerade die Worte oder Bilder benutzt werden, die benutzt werden und nicht irgendwelche anderen. Er befindet sich deswegen auf der Suche nach den „richtigen“ Wörtern und Bildern und bietet dem Zuschauer in manchen seiner Filme diesbezüglich verschiedene Möglichkeiten an. Ständig stellt er die Wahrnehmung in Frage und verweist auf ihren subjektiven und unsicheren Charakter. Er zeigt, wie begrenzt das sichere Wissen der Menschen über Gegenstände oder Personen jedweder Form ist. In seinem Film Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß beruft er sich auf Ludwig Wittgenstein. Dort sagt seine Darstellerin: „Die Grenzen der Sprache sind die Grenzen der Welt – meiner Sprache, meiner Welt.“

Das Kino Godards lässt sich nicht auf eine Stilrichtung reduzieren, denn gerade seine qualitativ unterschiedlichen und zum Teil sich widersprechenden Haltungen machen sein Gesamtwerk teilweise schwer fassbar. Wie ein Wissenschaftler war Godard immer auf der Suche nach der Wahrheit, die seiner Meinung nach mit den klassischen Mitteln der Filmerzählung höchstens vorübergehender Natur war. Er bezog die Experimentalanordnung seiner Filme mit in die Bewertung des Ergebnisses ein („Ich ziehe es vor, etwas zu suchen, was ich nicht kenne, statt etwas, was ich kenne, besser zu machen.“) Ähnlich wie für Friedrich Schlegel („Nur das Unvollendete kann begriffen werden.“) waren für Godard die neuen Ziele wichtiger als der zurückgelegte Weg. Immer wieder stellte sich für ihn die Frage, wie das Wissen als angestrebtes Ziel über die Technik des Filmes zu erlangen sei und in welcher Weise diese Technik die Realität darstellen könne.

 

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Introduction
5×2 Minuten about Jean-Luc Godard auf Arte

 

Blinde Liebe – Gespräch mit Jean-Luc Godard (Alexander Kluge, 2001)

 

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1960: Außer Atem (À bout de souffle)

ist ein Klassiker des französischen Kinos und der Nouvelle Vague und der erste Langfilm von Jean-Luc Godard. Der Film entstand nach einem von Godard umgeschriebenen Drehbuch von François Truffaut, das wiederum auf einem Zeitungsbericht über einen Polizistenmord basierte.

Außer Atem ist auch aufgrund seiner innovativen filmischen Mittel berühmt geworden. Dazu zählen die Verwendung einer Handkamera, Aufnahmen unter natürlichem Licht statt aufwändiger Beleuchtung und die Schnitttechnik des Jump Cut. In Dialogszenen verlaufen Sprache und Bildmontage statt der üblichen Schuss-Gegenschuss-Montage oftmals asynchron.

Der Film wurde nicht im Studio, sondern an Originalschauplätzen, nämlich auf dem Land, in Zimmern und den Straßen von Paris gedreht, was einen Bruch mit den bisherigen Methoden darstellte. Godard wollte das Leben dort filmen, „wo es ist“. Er sah seinen Film als „ein[en] Film ohne Regeln oder dessen einzige Regel hieß: Die Regeln sind falsch oder werden falsch angewendet“. Schon deshalb war der Film für die damalige Zeit absolut revolutionär. Manche Zeitgenossen verglichen Godards filmtechnische Revolution mit dem Kubismus, der die Regeln der Malerei brach. Zum besonderen Flair des Films tragen auch die Alltagsgeräusche der Metropole Paris und die Filmmusik bei, die großteils von dem bekannten Jazzpianisten Martial Solal interpretiert wurde.

„Der Film wimmelt von inszenatorischen Regelverstößen, die man damals der Unerfahrenheit des Anfängers zuschrieb und erst später als raffinierte Absicht erkannte, einerseits den Artefaktcharakter des Films hervorzuheben, andererseits das amerikanische Ideal der ‚unsichtbaren‘ Regie zu torpedieren.“

aus: Lexikon des Internationalen Films

 

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1960: Der kleine Soldat (Le petit soldat)

ist der zweite Langspielfilm von Jean-Luc Godard. Darin äußert die Hauptfigur die bekannte Äußerung Godards: Die Fotografie, das ist die Wahrheit. Kino, das ist die Wahrheit 24 Mal in der Sekunde.

Godards zweiter Film sorgte nicht nur künstlerisch, sondern vor allem politisch für Aufsehen. Der kleine Soldat (Le petit soldat) spiegelte die Brutalität des Algerienkriegs, den die französische Armee gegen die dortige Unabhängigkeitsbewegung führte. Der Film wurde von der Zensur verboten und durfte in Frankreich zwei Jahre lang nicht aufgeführt werden mit der Begründung, dass die Jugend Frankreichs davon abgehalten werden könnte, in Algerien zu dienen. Erst nachdem Godard in den Radionachrichten dieses Films alle Namen und die Zeitungsnachrichten gelöscht hatte, erhielt der Film in Frankreich die Freigabe.

 

1960 Le petit soldat – Einführung von Colin MacCabe

 

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1961: Eine Frau ist eine Frau (Une femme est une femme)

Die lebenslustige Stripperin Angela lebt mit ihrem Freund Émile glücklich zusammen – bis sie eines Tages beschließt, unbedingt ein Kind haben zu wollen. Der überraschte Émile ist davon alles andere als begeistert. Also will Angela sich von ihrem gemeinsamen Freund Alfred beglücken lassen. Das lässt dieser sich nicht zweimal sagen.

„Eine Frau ist eine Frau“ markiert in vieler Hinsicht einen Unterschied zu Godards bisherigem Werk. Inspiriert von den großen Hollywoodromanzen und Musicals schuf er nicht nur seinen ersten Farbfilm, es ist seine erste Komödie überhaupt. Auf der Berlinale 1961 erhielt er dafür den Spezialpreis der Jury und Anna Karina den Silbernen Bären als Beste Darstellerin.

 

1961 Une femme est une femme – Einführung von Colin MacCabe

 

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1962: Die Geschichte der Nana S. (Vivre sa Vie)

Der Film erzählt die Geschichte der 22-jährigen Nana, die aufgrund von Geldnot in die Prostitution gerät und schließlich bei einem geplanten Handel ihres Zuhälters zu Tode kommt. Es werden insgesamt 12 Szenen gezeigt, die Zwischentitel voneinander trennen. Die meisten der Szenen sind längere Dialoge Nanas mit unterschiedlichen Männerbekanntschaften, Freundinnen, Kunden oder auch zufälligen Begegnungen. Die meisten Dialoge finden in den unterschiedlichsten Cafés statt. Ein Dialog ist ein längeres Gespräch Nanas mit dem Philosophen Brice Parain.

Lexikon des internationalen Films: „Der durch Zwischentitel in zwölf Kapitel gegliederte Film ist Godards erster Versuch, die übliche Filmerzählung durch einen Film-Essay zu ersetzen. Die häufige Diskrepanz zwischen Bild und Ton sowie das scheinbar willkürliche Nebeneinander gegensätzlicher Stilmittel (starre und bewegliche Kamera, Montage- und Plansequenzen, Abblende und Schnitt) hält den Zuschauer auf Distanz und zwingt ihn, mitzudenken statt mitzufühlen. Indem Godard sozusagen Brechts Theorie des epischen Theaters auf den Film anwendet, vollzieht er den bis dahin (1962!) radikalsten Bruch mit dem klassischen Erzählkino.“

 

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1962: Die Karabinieri (Les Carabiniers)

was about the horror of war and its inherent injustice. It was the influence and suggestion of Roberto Rossellini that led Godard to make the film. It follows two peasants who join the army of a king, only to find futility in the whole thing as the king reveals the deception of war-administrating leaders.

The renowned author and critic Susan Sontag referenced the film in her 1977 collection of essays On Photography. With respect to the „two sluggish lumpen-peasants“ returning home bearing postcards of the treasures of the world instead of tangible treasure, Sontag noted that „Godard’s gag vividly parodies the equivocal magic of the photographic image.“

 

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1963: Die Verachtung (Le Mépris)

Die Verachtung ist ein Film von Jean-Luc Godard aus dem Jahr 1963, Hauptdarsteller sind Brigitte Bardot und Michel Piccoli in seiner ersten Hauptrolle. Nebenrollen spielen u.a. Fritz Lang als Fritz Lang in der Rolle des Regisseurs und Godard selbst in einem kurzen Auftritt als dessen Assistent. Der Film ist unter anderem ein Ausdruck von Godards Verachtung für die Filmindustrie Hollywoods (im Film symbolisiert durch einen US-Produzenten, gespielt von Jack Palance) und der Kommerzialisierung des Films. Die Verachtung zeigt aber auch seine Liebe für die Kunst, Filme zu machen und Filme zu sehen. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman des italienischen Schriftstellers Alberto Moravia.

Auf Geheiß des Produzenten, der sich nicht ohne Grund Sorgen um die Einspielergebnisse machte, musste Godard ein paar Nacktaufnahmen von Brigitte Bardot nachdrehen. Eigentümlicherweise fungieren diese nachgedrehten Szenen, die eine ganz eigene Ästhetik aufweisen, als Rückblenden, untermalt von einem banalen, neckischen Dialog. Camille: „Liebst du meine Brüste ganz oder nur deren Spitzen?“ Paul: „Ich weiß nicht …“ (Übersetzung aus dem französischen Original).
Während der Dreharbeiten verhielten sich die echten Produzenten immer mehr wie die Figur, die Jack Palance im Film verkörperte: ihr Hauptinteresse galt schließlich den Nacktszenen. Godard verbannte sie schließlich vom Set und kommunizierte mit ihnen nur noch per Telegramm.

 

Le Mépris – Anfangsszene

 

Le Mépris – Szene Fritz Lang im Studio

 

Le Mépris – Szene Casting / Fritz Lang / Brecht-Ballade

 

Le Mépris – Szene Ablehnung Drehbuch

 

1963 Bardot et Godard

 

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1964: Die Außenseiterbande (Bande à part)

Die ziellos durchs Leben streunenden Helden, deren Einsamkeit durch das in Schwarzweiß gefilmte trostlose Setting der Pariser Vorstädte unterstrichen wird, träumen vom schönen, sorglosen Leben in Amerika. Eine der schönsten Szenen ist die Madisontanzeinlage von Odile, Franz und Arthur in einem Café. Eine Fülle von visuellen und akustischen Gags verleiht dem Film eine verspielte Frische und Leichtigkeit. Godard selbst inszeniert sich als scheinbar allwissenden Erzähler mit ironisch wirkenden Kommentaren.

„Auf zwei Wirklichkeitsebenen angesiedelte Gangsterparodie mit einer Fülle visueller, akustischer und erzählerischer Gags. Das Grau in Grau und die Trostlosigkeit der Pariser Banlieue wird äußerst sensibel durch die Schwarz-Weiß-Fotografie eingefangen. Eine sehr einfallsreiche Komödie, zugleich wohl Godards heiterstes und am leichtesten zugängliches Werk.“

aus: Lexikon des Internationalen Films

 

1964 Bande à part – behind the scenes

 

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1964: Eine verheiratete Frau (Une femme mariée)

Film-Dienst: „In diesen „Fragmenten eines 1964 gedrehten Films“ Godards geht es darum, die Welt im Sinn der Semiotik als Sprache bewußt zu machen, als ein Zeichensystem, das es zu entschlüsseln gilt. Bilder, Wörter, Musik und Geräusche werden scheinbar willkürlich kombiniert, verweisen aber auf die im Alltag kaum bewußt wahrnehmbaren Manipulationen, die menschliches Verhalten steuern.“
Heyne Filmlexikon (1996): „Das „Fragment eines 1964 gedrehten Films“ (Godard) ist ein brillanter Essay über Wahrnehmungen und (Selbst-)Betrug im Alltagsleben.“

 

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1965: Lemmy Caution gegen Alpha 60 (Alphaville, une étrange aventure de Lemmy Caution)

Godard nutzt dieses gradlinige Science-Fiction-Szenario, um einen bizarren, unordentlichen Film mit einer absichtlich unausgeglichenen Handlung zu schaffen. Der Film ist dunkel – sowohl was seine sparsame Ausleuchtung betrifft, als auch die elliptisch-philosophischen Dialoge und den zynischen Humor.

Caution ist die Parodie eines amerikanischen Privatdetektivs. Mit seinem Trenchcoat und seinem fahrlässigen Umgang mit der Waffe ist er provozierend regellos in der logischen Stadt. Seine Liebe zu Natascha bringt Gefühle und Unvorhersehbarkeit in die Stadt, die vom Alpha-60-Computer nach seinem Bild geschaffen wurde.

Der Film wurde in Paris gedreht. Die nächtlichen Straßen der Hauptstadt mit ihren modernen Glas- und Betonfassaden wurden zu Alphaville und projizieren die Probleme der Zukunft auf das Frankreich der Gegenwart. Godard verwendet keine Spezialeffekte, um die Science-Fiction-Elemente zu steigern.

Vergleichsweise durchschaubar wollte Godard seinen Film zunächst Tarzan versus IBM nennen.

„Godard mischt ebenso intelligent wie anspruchsvoll Science-Fiction- und „film noir“-Motive. Er siedelt sie unverkennbar im Paris des Jahres 1965 an und macht damit klar, dass nicht die Zukunft, sondern bereits die Gegenwart voller Schrecken ist, da Zeichen und Maschinen den Menschen immer mehr zurückdrängen. Eine formal wie gedanklich eindrucksvolle filmische Reflexion, die in eine mögliche Befreiung durch die Poesie und die Liebe mündet.“

aus: Lexikon des Internationalen Films

 

1965 Alphaville – Einführung von Colin MacCabe

 

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1965: Elf Uhr nachts (Pierrot le fou)

„Ein romantischer junger Mann nimmt eine Leiche in seiner Wohnung zum Anlaß, aus der bürgerlichen Gesellschaft auszubrechen und sich dem Abenteuer der Freiheit zu überlassen. Zwischen Improvisation und Reflexion, zwischen Komödie und Tragödie schwankender, mit Anspielungen und Zitaten gespickter Film, in dem Jean-Luc Godard Eigenes und Fremdes mit der Allüre des nur seiner Inspiration verpflichteten Poeten durcheinandermischt.“

aus: Lexikon des internationalen Films

Like many of Godard’s films, Pierrot le fou features characters who break the fourth wall by looking into the camera. It also includes startling editing choices; for example, when Pierrot throws a cake at a woman in the party scene, Godard cuts to an exploding firework just as it hits her. The film has many of the characteristics of the then dominant pop art movement,[1] making constant disjunctive references to various elements of mass culture. Like much pop art the film uses visuals drawn from cartoons and employs an intentionally garish visual aesthetic based on bright primary colors.

Pierrot le fou is sometimes seen as an early and paradigmatic example of postmodernism in film.[2] The film’s postmodern elements include its parodic but affectionate attitude towards American pop culture, its deliberate mixing of high and low art, its frequent dissection of popular movie conventions, and its use of a decentered, collage-like (or paratactic) narrative structure. The central character of Ferdinand also embodies Jameson’s notion of the postmodern citizen as a victim of „compensatory decorative exhilaration“ or a mass media-addled mindset in which individuals lose the ability to distinguish truth from fiction or important issues from trivial ones.

 

1965 Pierrot le fou – Einführung von Colin MacCabe

 

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1965: Masculin – Feminin oder: Die Kinder von Marx und Coca-Cola
(Masculin – féminin: 15 faits précis)

Das Drehbuch basiert lose auf zwei Erzählungen Guy de Maupassants, Le Signe und La Femme de Paul.

Das Lexikon des internationalen Films schrieb, mit diesem Film beginne Godards Interesse am „dialektischen Materialismus“ und an der Politik, allerdings in einem ganz eigenwilligen Sinn: Er wolle nicht „politische Filme“, sondern „politisch Filme machen“. Die Fragmentierung der Geschichte und das „Verweilen bei Randereignissen“, die keinen unmittelbaren Bezug zu ihr hätten, seien als Andeutung verstanden worden, wie schwer es heute sei, Gemeinsamkeit herzustellen. Es scheine, als müsse sich der Einzelne vor den Kräften der Kollektivierung immer weiter in den Privatbereich zurückziehen.

 

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1966: Made in U.S.A.

directed by Jean-Luc Godard. Greatly inspired by the Howard Hawks film The Big Sleep and unofficially based on the novel The Jugger, by Richard Stark (a.k.a. Donald E. Westlake), it stars Anna Karina, Jean-Pierre Léaud, László Szabó and Yves Afonso.

Made in U.S.A „has rarely been seen in the U.S.A.“; it was shown at the 1967 New York Film Festival, prompting The New York Times to call it an „often bewildering potpourri of film narration, imagery and message“ and point out that „Anna Karina, as the questing girl friend, supplies not only a luminous beauty but also a unifying thread of humanity.“ Over forty years later, A.O. Scott saw it at Film Forum and said while it is „far from a lost masterpiece, it is nonetheless a bright and jagged piece of the jigsaw puzzle of Mr. Godard’s career“; he suggested a number of „reasons for non-Godardians“ to see the film: „There is, for one thing, a pouting and lovely Marianne Faithfull singing an a capella version of ‚As Tears Go By.‘ There are skinny young men smoking and arguing. There are the bright Pop colors of modernity juxtaposed with the weathered, handsome ordinariness of Old France, all of it beautifully photographed by Raoul Coutard. There are political speeches delivered via squawk box. And of course there is a maddening, liberating indifference to conventions of narrative coherence, psychological verisimilitude or emotional accessibility.“

 

1966 Made in U.S.A. – Einführung von Colin MacCabe

 

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1966: Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß (2 ou 3 choses que je sais d’elle)

Der Film gilt als das Hauptwerk der soziologischen Periode Godards, in der dieser unter anderem Masculin – Feminin Oder: Die Kinder von Marx und Coca Cola, Weekend und Die Geschichte der Nana S. drehte.

Die Idee zu Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß kam Godard aufgrund einer Zeitungsreportage über Hausfrauen, die durch Prostitution ihr Einkommen aufbessern. Der Regisseur sagte dazu: „Jeder, der heutzutage in Paris leben will, egal in welcher sozialen Schicht, muss sich in gewisser Weise prostituieren.“ Der Film, dessen Titel sich sowohl auf die Stadt Paris als auch auf die Hauptfigur Juliette bezieht, stellt einen kritischen Kommentar zur Situation des Gaullistischen Frankreichs in den 1960er Jahren dar. Godard, der das Werk als Essay bezeichnete und selbst als flüsternder Erzähler fungiert, beklagt den Identitätsverlust in der modernen kapitalistischen und industrialisierten Welt. Er kritisiert die Amerikanisierung Frankreichs, den Krieg in Vietnam und den Verfall der Werte in einer konsumfixierten Gesellschaft.
Godard sagte: „Ich schaue mir zu beim Filmen, und man hört mich denken. Man kann alles in einem Film unterbringen. Man muss alles in einem Film unterbringen. Wenn man mich fragt, weshalb ich sprechen lasse von Vietnam, von Jacques Anquetil, von einer Frau, die ihren Mann betrügt, verweise ich den, der mich fragt, auf seine alltägliche Umgebung. Da gibt es das alles. Und alles existiert da nebeneinander.“

Der Filmkritiker J. Hoberman bezeichnete Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß als einen der zehn besten Filme des 20. Jahrhunderts. Richard Roud und die Schriftstellerin Susan Sontag hielten ihn beide für den Höhepunkt von Godards Schaffen. Das New York Magazine meinte, der Film sei visuell fesselnd, während die Time Out New York die Schönheit des Werkes hervorhob. Das Lexikon des internationalen Films schreibt: „Ein zur Diskussion anregender Film, der auch inszenatorisch zu überzeugen versteht.“

 

Cafehaus-Szene

 

Endszene

 

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Jean-Luc Godard / Filmography 1954–1967

 

Early works

1954 Opération béton (Operation Concrete)
1955 Une femme coquette (A Coquettish Woman)
1957 „Charlotte et Véronique,“ ou „Tous les garçons s’appellent Patrick“ („Charlotte and Véronique,“ or: „All Boys Are Called Patrick“)
1958 Une histoire d’eau (A history of Water)
1958 Charlotte et son Jules (Charlotte and Her Boyfriend)

 

French New Wave (1959–1967)
Feature films

1960 À bout de souffle (Breathless)
1961 Une femme est une femme (A Woman Is a Woman)
1962 Vivre sa vie (To Live One’s Life) — a.k.a. My Life to Live
1963 Le Petit soldat (The Little Soldier)
1963 Les Carabiniers (The Riflemen)
1963 Le Mépris (Contempt)
1964 Bande à part (Band of Outsiders)
1964 Une femme mariée, fragments d’un film tourné en 1964 en noir et blanc (A Married Woman: Fragments of a Film Shot in 1964 in Black and White)
1965 Alphaville, une étrange aventure de Lemmy Caution (Alphaville: One of Lemmy Caution’s Strange Cases)
1965 Pierrot le fou (Crazy Pete)
1966 Masculin Féminin, 15 faits précis (Masculine Feminine: 15 Precise Facts)
1966 Made in U.S.A.
1966 2 ou 3 choses que je sais d’elle (2 or 3 Things I Know About Her)
1967 La Chinoise (The Chinese)
1967 Week End

 

Short films

1961 „La Paresse“ (Sloth)
from Les Sept péchés capitaux (The Seven Deadly Sins)
1962 „Il Nuovo mondo“ (The New World) from RoGoPaG
1963 „Le Grand escroc“ (The Big Swindler) from Les plus belles escroqueries du monde (The World’s Most Beautiful Swindlers)
1964 „Reportage sur Orly“ (Reporting on Orly)
1965 „Montparnasse-Levallois“ from Paris vu par… (Paris as Seen by…) — a.k.a. Six in Paris
1967 „Anticipation, ou: l’amour en l’an 2000“ (Anticipation: or Love in the Year 2000) from Le Plus vieux métier du monde (The World’s Oldest Profession)
1967 „Caméra-oeil“ (Camera-Eye) from Loin du Vietnam (Far from Vietnam)
1967 „L’amore (Andate e ritorno dei figli prodighi)“ (Love: Departure and Return of the Prodigal Children) from Amore e rabbia (Love and Anger)

 






Jean-Luc Godard entdecken
… 1967–1979

Kommentierte Filmografie (Auswahl),
Vorlesung am 13.6.2012

 

Bis zum Ende der 1960er Jahre war Godard sehr produktiv, wobei Filme wie Week-End, La chinoise oder Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß chronologisch schwer einzuordnen sind, da sie teilweise parallel gedreht wurden. Godard bewegte sich in diesen Werken immer weiter weg vom realistischen Erzählkino im Stile Truffauts hin zu einem experimentellen Umgang mit Musik, Schrifttafeln und zum Beispiel Beiträgen zum Vietnamkrieg, der in fast allen Filmen dieser Zeit Erwähnung fand. Week-End beispielsweise enthält eine der längsten Kamerafahrten der Filmgeschichte, die jeweils viermal durch Schrifttafeln unterbrochen wird …

besonders nach 1968, provozierte Godard in seinen Filmen immer wieder mit radikaler Gesellschaftskritik. Dieses Jahr ist kulturgeschichtlich gesehen von einschneidender Bedeutung, denn es kam zu den heute so genannten „Ereignissen“ („événements“) des Pariser Mai, die Godard aus der Reserve lockten. Nachdem er den Produzenten seines Films One plus One (auch: Sympathy for the Devil) geohrfeigt hatte, wurden seine Werke dem Kinopublikum nicht mehr über den Filmverleih zugänglich gemacht, was in beiderseitigem Einvernehmen geschah. Daher werden die nach diesem Ereignis entstandenen Werke oft als die unsichtbaren Filme bezeichnet. Gemeinsam mit dem sozialistischen Theoretiker und Althusser-Schüler Jean-Pierre Gorin gründete er die Groupe Dziga Vertov (benannt nach dem sowjetischen Filmemacher und Filmtheoretiker Dsiga Wertow), die dem kommerziellen Kino eine Absage erteilte und ihre Filme in den Dienst der Revolution stellte. Aus Sicht dieser Gruppe konnte man das imperialistische Kino jener Zeit nicht mit seinen eigenen Waffen bekämpfen. Und da seit Griffith keine revolutionären Filme mehr hergestellt worden waren, musste man auch die Grammatik und die Formen der Darstellung neu (er-)finden.

 

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1967: Camera Eye 
Beitrag zu: Loin du Vietnam (Fern von Vietnam) 1967

Godard was asked to make a short piece on Vietnam as part of an omnibus film called ‘Far From Vietnam’ that was being edited by the great experimental filmmaker Chris Marker. He was unable to actually go there so he used film clips and shot himself looking through a 35mm camera. His voiceover connects the war in Vietnam to his own life and to social struggles going on in Paris. He makes a fascinating attempt to express the futility of making a film about the war without any real understanding of it.

 

Spiegel v. 06.11.1967
spiegel.de/1967
prisma.de/1967_fern_von_vietnam

 

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1967: Die Chinesin (La Chinoise).

Thematically, La Chinoise concerns the 1960s New Left political interest in such historical and ongoing events as the legacy of Lenin’s October 1917 Russian Revolution, the escalating U.S. military activities in the increasingly unstable region of southeast Asia, and especially the Cultural Revolution brought about by the Red Guards under Mao Zedong in the People’s Republic of China. The film also touches upon the rise of anti-humanist poststructuralism in French intellectual life by the mid-1960s, particularly the anti-empiricist ideas of the influential French Marxist, Louis Althusser.
Godard likewise portrays the role that certain objects and organizations — such as Mao’s Little Red Book, the French Communist Party, and other small leftist factions — play in the developing ideology and activities of the Aden Arabie cell. These objects and organizations appear to become ironically fetishized as entertainment products and fashion statements within a modern consumer-capitalist society — the very society which the student radicals hope to transform through their revolutionary project.

This paradox is illustrated in the various joke sunglasses that Guillaume wears (with the national flags of the USA, USSR, China, France and Britain each filling the frames) while reading Mao’s Little Red Book, as well as the sight gag of having dozens of copies of the Little Red Book piled in mounds on the floor to literally create a defensive parapet against the forces of capitalist imperialism, and a jaunty satirical pop song, „Mao-Mao“ (sung by Claude Channes), heard on the soundtrack. Godard seems to suggest that the students are at once serious committed revolutionaries intent on bringing about major social change as well as confused bourgeois youngsters merely flirting with the notion of radical politics as a fashionable and exciting distraction.

La Chinoise is not one of Godard’s most widely seen films, and until 2008 was unavailable on DVD in North America. However, a number of critics such as Pauline Kael, Andrew Sarris and Renata Adler have hailed it as among his best.[citation needed] Given that the film was made in March 1967 — one year before violent student protest became a manifest social reality in France — La Chinoise is now regarded as an uncannily prescient and insightful examination of the New Left activism during those years.

Along with Pierrot le fou, Masculin, féminin, Two or Three Things I Know About Her and Week End, La Chinoise is often seen as signaling a decisive step towards Godard’s eventual renunciation of „bourgeois“ narrative filmmaking.[citation needed] By 1968, he had switched to an overtly political phase of revolutionary Maoist-collectivist didactic films with Jean-Pierre Gorin and the Dziga Vertov Group, which lasted for the next six years until 1973.

 

1967 Die Chinesin – Einführung von Colin MacCabe

 

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1967: Week-End

1967, Godard made a more colorful and political film, Week End. It follows a Parisian couple as they leave on a weekend trip across the French countryside to collect an inheritance. What ensues is a confrontation with the tragic flaws of the over-consuming bourgeoisie. The film contains some of the most written-about scenes in cinema’s history. One of them, an eight-minute tracking shot of the couple stuck in an unremitting traffic jam as they leave the city, is cited as a new technique Godard used to deconstruct bourgeois trends.[16] Startlingly, a few shots contain extra footage from, as it were, before the beginning of the take (while the actors are preparing) and after the end of the take (while the actors are coming out of character). Week End’s enigmatic and audacious end title sequence, which reads „End of Cinema“, appropriately marked an end to the narrative and cinematic period in Godard’s filmmaking career.

Der Wochenendausflug eines jungen Paares aus Paris wird unvermittelt zu einer allegorischen Reise durch Zeiten und Kultur, auf der die zerstörerischen Kräfte ans Licht treten, die unter der Oberfläche der bürgerlichen Wohlstandsgesellschaft schlummern. Godard zeigt eine Welt am Rande des Abgrunds und beendet den Film folgerichtig mit dem Schlußtitel: „Ende der Geschichte, Ende des Kinos“. Man kann über die Richtigkeit der Diagnose streiten, nicht aber über Godards Virtuosität als Regisseur. Die fast zehnminütige Kamerafahrt entlang einer Autokolonne auf einer Landstraße, untermalt von einer ohrenbetäubenden Geräuschkulisse, gehört zu den unvergeßlichen Sequenzen der Filmgeschichte. Ein ungeheuer aggressiver Film, der seine Kritik in eine intellektuelle Form gießt und durch seine formale Virtuosität besticht.

 

Week-End Traktor-Szene

 

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1968: Fröhliche Wissenschaft (Le Gai savoir)

Joy of Learning (French: Le Gai savoir) is a 1969 film by Jean-Luc Godard, started before the events of May 68 and finished shortly afterwards. Coproduced by the O.R.T.F., the film was upon completion rejected by French national television, then released in the cinema where it was subsequently banned by the French government. The film was entered into the 19th Berlin International Film Festival.[1] The title references Nietzsche’s The Gay Science.

Godard hat den Film, dessen Titel von Nietzsche entliehen ist, eine Art Sprachforschung genannt, das Ergebnis seiner Beschäftigung mit Russell, Wittgenstein und dem Strukturalismus. Es geht ihm um das Aufdecken von Strukturen in der täglich auf uns einströmenden Flut von Bildern, Wörtern, Signalen und Stimuli; er will Modelle entwickeln, die unsere Realität erfahrbar und verfügbar machen im filmischen Extrakt. Man sollte den Regisseur hier wörtlich nehmen, sollte „Die fröhliche Wissenschaft“ nicht als pseudophilosophische Quasselstory abtun oder den Film emphatisch und wortreich nachempfinden, sondern ihn an dem Anspruch messen, den Godard erhebt.

Godards Film seziert nicht eine Realität, sondern dreht alles, was er von ihr in den Griff bekommt, durch den Fleischwolf seines „Cinemarxismus“ — er spiegelt unsere konfuse Realität in einem konfusen Film wider. Die Frage bleibt natürlich, ob eine andere Lösung überhaupt möglich wäre, ob nicht die Unsystematik der „Fröhlichen Wissenschaft“ die berechtigten Skrupel ausdrückt vor einem wohlgeordneten, auf Identifikation und Bestätigung hinarbeitenden Bild der Wirklichkeit, das diese nur simplifizieren und verfälschen kann.

Das Prinzip seiner letzten Filme und vor allem der „Fröhlichen Wissenschaft“ ist die Collage — ein Prinzip, das seine Arbeitsweise, den Film selber und dessen Rezeption gleichermaßen betrifft. Schon immer hat Godard unmittelbar aufgenommen und verwertet, was er gerade sah, hörte, las oder erfuhr, ein flexibler, ungeheuer schneller Seismograph alles Neuen und Akuten, aller Moden, Trends und augenblicklichen Probleme.

Die Beschreibung von „Le gai savoir“ könnte den Eindruck erwecken, es handle sich um ein abstraktes, blutleeres Gedankengebäude, doch das Gegenteil ist der Fall: Godard verfremdet, neutralisiert und versinnlicht zugleich sein Material mit einem unglaublichen Gespür für optische Wirkungen, er arrangiert das modisch revolutionäre Treibgut zu erregend schönen Bildfolgen. Kaum glaublich, welche ästhetischen Qualitäten er allein der kargen Szenerie des Studios abgewinnnt, wie er mit so einfachen Dingen wie einem bunten Schal oder einem durchsichtigen Schirm sinnliches, faszinierendes Kino macht.

 

Wolf Donner, 20.2.1970 
Zeit-Archiv
zeit.de/1970/ein-improvisiertes-abc-des-modernen-kinos

 

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1968: One Plus One – Sympathy for the Devil

„One Plus One“ ist allegorischer Spielfilm und experimentelles Rolling Stones-Musikvideo zugleich, geschrieben und inszeniert von Regie-Legende Jean-Luc Godard. In seinem sozialkritischen Film hat Godard die Entwicklung des Songs „Sympathy for the Devil“ (1968) festgehalten, der die Rolling Stones bei der Arbeit im Studio zeigt und diese montageartig mit absurd anmutenden, radikal gesellschaftskritischen Szenen verknüpft. Der legendäre Stones-Song steht als Metapher für die Aufbruchstimmung der 68er Jahre: Die Musik wechselt sich ab mit einem im Off verlesenen Polit-Porno.

In den 60er Jahren bewegte sich Jean-Luc Godard, auf der Suche nach neuen, subversiven Ausdrucksformen, immer weiter weg vom realistischen Erzählkino hin zu experimentellem Umgang mit Musik, Schrifttafeln und dokumentarischen Sequenzen. Nach verschiedenen Erfahrungen mit Dreharbeiten im Kollektiv, etwa bei seinen Beiträgen zum Vietnamkrieg, war „One Plus One“ der ersten Film, in dem Godard seine Intention, „politische Filme politischer Art zu machen“, realisieren konnte. Es war der Abschied des Meisters der Nouvelle Vague vom bürgerlichen Kino, zu dem er erst 1980 mit „Rette sich, wer kann “ zurückkehren sollte.

 

aus:
arte.tv/de/3362264,CmC=3347978.html

 

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1972: Alles in Butter (Tout va bien)

Film directed by Jean-Luc Godard and collaborator Jean-Pierre Gorin and starring Jane Fonda and Yves Montand.

The film centers on a strike at a sausage factory which is witnessed by an American reporter and her French husband, who is a film director. The film has a strong political message which outlines the logic of the class struggle in France during the revolution. It also exploits the social destruction caused by capitalism. Brechtian distanciation is used by many of the performers/actors in Tout va bien. This technique, which requires actors to give an opaque performance, is one of the many self-reflexive qualities of the film. Self-reflexivity is a technique used to distance the audience from the film’s diegesis in an attempt to prompt the audience to make larger, more important inferences about the film’s meaning.

The factory set consists of a cross-sectioned building and allows the camera to dolly back and forth from room to room, theoretically through the walls. Another self-reflexive technique, this particular set was used because it forces the audience to remember that they are witnessing a film, breaking the fourth wall in a literal sense. This type of staging was also used in Jerry Lewis’s film The Ladies Man. Godard and Gorin use other self-reflexive techniques in Tout va bien such as direct camera address, long takes, and abandonment of the continuity editing system.

 

Interview mit Antoine de Baecque 

 

Interview mit Armand Marco 

 

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1972: Letter to Jane

Godard and Gorin followed Tout va bien up with Letter to Jane, an essay film which deconstructs a photograph of Fonda visiting Hanoi during the Vietnam War. It asks what the position of the intellectual should be in the class struggle and points out the irony of Jane Fonda’s participation in the photo shoot, which was staged. Godard presents several interesting facts such as the staging of the photo, Jane Fonda’s rehearsed facial expression, and the inappropriate focus on Jane as the star of the photo rather than the Vietnamese victims whose images are blurred or invisible.

 

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1975: Numéro 2

Die bruchstückhafte Darstellung des Alltags einer Arbeiterfamilie und insbesondere der Abhängigkeit der auf Haushalt und Kinder eingeschränkten Ehefrau. Indem Godard hier Film und Video kombinierte, wagte er – nicht zum letzten Mal – einen Neuanfang. Bemerkenswert die konsequente Verwendung der „Splitscreen“-Technik mehrere Handlungen werden gleichzeitig projiziert. Das Werk eines Filmemachers, der sich beständig Rechenschaft ablegt über die Bedingungen seines Mediums – und über die Krisen, die er als Mensch und Künstler durchlebt.

 

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Jean-Luc Godard / Filmography 1968–1978

Dziga Vertov Group/political films (1968–1972)

1968 Le Gai savoir (The Joy of Knowing)
1968 Ciné-tracts
1968 Un Film comme les autres (A Film Like the Others)
1968 One Plus One — a.k.a. (in a version in which the ending was re-cut by the producer) Sympathy for the Devil
1968 One A.M. (One American Movie) unfinished
incorporated into One P.M. (One Parallel Movie/One Pennebaker Movie) by D. A. Pennebaker in 1971
1969 Communications unfinished
1969 British Sounds a.k.a. See You at Mao
1969 Pravda
1969 Le Vent d’est (Wind from the East)
1969 Luttes en Italie (Struggles in Italy)
1970 Jusqu’à la victoire (Until Victory) unfinished
(incorporated into Ici et ailleurs (Here and Elsewhere) by Godard & Anne-Marie Miéville in 1974)
1971 Vladimir et Rosa (Vladimir and Rosa)
1972 Tout va bien (Everything’s Going Fine)
1972 Letter to Jane

 

Transitional period (SonImage) (1974–1978)

1974 Ici et ailleurs (Here and Elsewhere)
1975 Numéro deux (Number Two)
1976 Comment ça va? (How’s It Going?)
1976 Six fois deux, sur et sous la communication (Six Times Two: On and Beneath Communication)
1978 France/tour/détour/deux/enfants (France/Tour/Detour/Two/Children)

 






Jean-Luc Godard entdecken
… 1980–2014

Kommentierte Filmografie (Auswahl),
Vorlesung am 13.6.2012

 

Erst im Jahre 1980 kehrt Jean-Luc Godard mit RETTE SICH WER KANN (DAS LEBEN) (1979) ins Kino zurück. Der Film spielt mit sich kreuzenden und verlierenden Lebensfäden von Menschen auf der Suche nach dem Leben und dem, was nach dem Zusammenbruch der politischen Utopien der 1968er Glück sein kann. In den folgenden Filmen PASSION (1982), VORNAME CARMEN (1983) und MARIA UND JOSEPH (1985) setzt sich der Filmemacher mit alten Mythen bürgerlicher Kultur auseinander: der Passion künstlerischer Arbeit als Vorbild besserer gesellschaftlicher Praxis, der wahnsinnigen und zerstörerischen Liebe einer Carmen, sowie mit dem katholischen Mythos unbefleckter Empfängnis. Bewusst inszeniert er hier Impressionen der Schönheit – aber er versieht sie mit Skepsis. In VORNAME CARMEN (1983) tritt er selbst als wahnsinnig gewordener Regisseur auf, dem die Welt in ein Puzzle zerfällt, das er nicht wieder zusammen zu setzen vermag.

Im Jahre 1990 dreht Jean-Luc Godard den Film NOUVELLE VAGUE (1990), der ausschließlich aus Zitaten und Anspielungen besteht. Geräusche und Bilder, Musik und narrative Fragmente werden zum Material eines Films. Virtuos spielt das Werk mit Metamorphosen und Identitäten und bezieht sich ironisch auf die Filmbewegung, der er den Titel entlehnt. Nach dem Fall der Mauer realisiert der Regisseur den Film DEUTSCHLAND NEU(N) NULL (1991), der wiederum fragmentarisch ein weiteres Ende kommentiert: das des Sozialismus. Gleichzeitig ist der Film eine Hommage an deutsche Philosophie, Musik und Literatur. Im Jahre 1998 erscheint HISTOIRE(S) DU CINEMA (1998), an dem der Regisseur fast zehn Jahre gearbeitet hatte. Er läßt mit dem Film das Jahrhundert des Kino Revue passieren und verknüpft dessen Geschichte eng mit der Geschichte überhaupt, sei dies nun die politische oder auch die kulturelle, die Kunstgeschichte. Seine letzten Arbeiten wie ELOGE D’AMOUR (2001) oder NOTRE MUSIQUE (2004) sind erneut radikale Infragestellungen des Kinos, kommen aber bei uns in Deutschland schon lange nicht mehr in dasselbe. Lediglich auf Filmfestivals sind seine jüngsten Filme regelmäßig zu sehen.

 

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1980: Rette sich, wer kann (… das Leben)
(Sauve qui peut (la vie))

Rette sich, wer kann (Das Leben) ist ein Film von Jean-Luc Godard. Er wurde erstmals an den Filmfestspielen von Cannes im Mai 1980 aufgeführt und kam 1981 in die deutschen Kinos. Der Film erzählt die ineinander verstrickten Geschichten dreier Protagonisten, die jeweils auf ihre eigene Weise ihr Leben zu ändern versuchen. Die Fernsehschaffende Denise (Nathalie Baye) trennt sich von ihrem Freund Paul, gibt ihren Job auf und will ihre Stadt-Wohnung loswerden, um auf einem Bauernhof zu arbeiten und einen Roman zu schreiben. Der von ihr verlassene Paul (Jacques Dutronc), selbst Filmemacher von Beruf, befindet sich in einer Lebenskrise. In seiner allgemeinen Verunsicherung kann er sich nicht entscheiden, ob auch er seinen Job aufgeben und abhauen soll, oder ob er bleiben und die Wohnung seiner Ex übernehmen soll. Die Prostituierte Isabelle (Isabelle Huppert) schliesslich hat es satt, ständig von Zuhältern verdroschen und um die Hälfte ihrer Einnahmen gebracht zu werden – sie zieht schliesslich in die Wohnung, die Denise geräumt hat.

Mit Rette sich, wer kann (Das Leben) meldete sich Godard nach über zehn Jahren, in denen er sich vorwiegend mit experimentellen Videofilmen beschäftigt hatte, mit einem Kinospielfilm zurück. Rette sich, wer kann (Das Leben) verweigert jede konventionelle Erzählstruktur, er wird vielmehr durch assoziative Bilder und Momentaufnahmen aus dem Leben der drei Protagonisten geprägt, deren Ganzes kein eindeutiges Bild ergibt.

 

1980 Rette sich … – Gespräch mit Antoine de Baecque

 

1980 Rette sich … – Gespräch mit Isabelle Huppert

 

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1982: Passion

Passion is a 1982 film by Jean-Luc Godard, and the second feature film made during his return to relatively mainstream filmmaking in the 1980s, sometimes referred to as the Second Wave. As with all films Godard made during this period, the „mainstream“ refers more to their budget, casting and distribution than to their content, which builds on the radical aesthetic of his post-New Wave forays into video and essay filmmaking.

The film marks Godard’s reunion with cinematographer Raoul Coutard, his most famous collaborator during the New Wave era; the last time they had worked together was on Week End (1967), which is usually considered the end of the New Wave. Like most of Godard’s work from this period, the film is shot in color with a 1.37 aspect ratio. Coutard won the Technical Grand Prize for cinematography at the 1982 Cannes Film Festival.

 

1982 Passion – Einführung von Colin MacCabe

 

Passion – Szene Rembrandt

 

Passion – Szene Goya

 

Passion – Szene Tag und Nacht

 

Passion – Kamerafahrt

 

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1983: Vorname Carmen (Prénom Carmen)

Vorname Carmen (Prénom Carmen) ist ein französischer Spielfilm von Jean-Luc Godard aus dem Jahr 1983. Darin ist die Niederländerin Maruschka Detmers in ihrer ersten Kinorolle zu sehen. Godards Film unterscheidet sich deutlich von den anderen beiden Carmen-Filmen der gleichen Saison, Carmen von Carlos Saura und Carmen von Francesco Rosi. An die Handlung des bekannten Carmen-Stoffs lehnt sich der Film nur lose an. Die Carmen-Musik von Georges Bizet ist im Film lediglich ein paar Sekunden lang zu hören; Godard hat den Film um Streichquartette von Beethoven konstruiert.

Ein Banküberfall, ein Entführungsversuch, ein alternder Regisseur, der wieder ins Geschäft kommen will, Musiker, die Beethovens Streichquartette proben, dazu einige Zitate aus „Carmen“. Indem Godard mit Bild, Ton und Musik experimentiert sowie narrative Elemente mit nicht-narrativen verbindet, erforscht er die Möglichkeiten des Mediums und erweist die Beschränktheit des traditionellen Erzählkinos a la Hollywood. Tiefsinn und Burleske, Ruhe und Action, optische und akustische Eindrücke: Gegensätzliches ist in einer außerordentlich kunstvollen Komposition, die eine Vielzahl von Deutungsansätzen herausfordert, gebändigt.

 

1983 Prénom Carmen – Einführung von Colin MacCabe

 

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1984: Maria und Joseph

Bereits über ein Vierteljahrhundert war Jean-Luc Godard als Filmemacher tätig, als er Maria und Joseph schuf. Er hatte in den 1960er Jahren filmische Konventionen angegriffen und die Filmsprache revolutioniert; ab etwa 1967 vertrat er einen radikalen Marxismus. Nach einer Phase mit Experimentalfilmen in den 1970ern kehrte er 1980 zu Kinofilmen zurück. Anstelle soziologischer oder politischer Themen traten vorrangig ästhetische, die Malerei (in Passion) und die Musik (in Vorname Carmen). Obwohl Godard diese zwei Filme und Maria und Joseph nicht als Trilogie konzipiert hat, hat sie Marc Cersisuelo als „Trilogie des Sublimen“ bezeichnet, weil den Regisseur die Frage der Schönheit und ihrer Darstellung umtreibe.[56]

Maria und Joseph ist kein christlicher Film, noch weniger katholisch oder theologisch, doch ebenso wenig blasphemisch oder atheistisch. Godard behandelt das Dogma der Jungfrauengeburt, ohne darüber zu urteilen.[57] Er war als Protestant erzogen worden, bezeichnete sich aber als nicht praktizierend. Die Bibel sei ein großartiges Buch, das auf starke Weise von heutigen Ereignissen spreche. „Vielleicht brauchte ich eine Geschichte, die größer war als ich.“[15] Das Fehlen eines religionskritischen Ansatzes ließ Religionsskeptiker an Godard zweifeln.[58] Man war verwundert, dass ausgerechnet ein Bilderstürmer und filmsprachlicher Ketzer wie er sich diesen Stoff vorgenommen hatte.[59] Zum Teil entstand der Eindruck, er hätte den Marxismus gegen die Mystik und den Glauben ans Göttliche getauscht.[7][14] Die Proteste erzkatholischer Kreise können umso mehr erstaunen, als er mit einigen Aussagen des Professors kreationistische Positionen in den Hörsaal trägt.[7]

Mit Maria und Joseph setzt Godard seine Versuche fort, statt gefällige Filme herzustellen die Aufmerksamkeit seines Publikums auf die Filmherstellung und -sprache zu lenken. In diesem Sinne ist sein Werk ein aufklärerisches Projekt. Mit dem christlichen Mythos der Maria bot sich ihm ein neues Vehikel, künstlerischen Ausdruck zu ergründen und den Paradigmen der konventionellen Kultur zu entgehen.[60] Er ging der Frage nach, wie sich das jenseits des Materiellen Bestehende, nicht visuell Zeigbare durch das Medium Film darstellen lässt.[61] Dass der Film als eine Abkehr Godards von seinen Prinzipien missverstanden wurde, sei, räsonierte Kevin Moore, ein Beweis für seine ungebrochene Originalität und seine Fähigkeit, gewohnte Interpretationsmuster in Frage zu stellen.[4]

 

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1985: Detective

In einem Pariser Luxushotel trifft sich eine Gruppe unterschiedlicher Menschen: ein Pilot und seine Ehefrau, ein Boxmanager mit seinem Schützling, ein schwermütiger Hausdetektiv, ein italienischer Mafia-Boß. Ihre Schicksale berühren und überschneiden sich. Jean-Luc Godard entwickelt aus dieser Ausgangssituation ein vertracktes, amüsantes, mit erstaunlicher Leichtigkeit inszeniertes Gedankenspiel um Liebe, Geld und Tod – mit Anleihen beim „film noir“, gespickt mit literarischen Zitaten, streng durchkomponiert wie eine musikalische Fuge. Schwereloses Kino, das seine komödiantische Note aus der Unberechenbarkeit des wirklichen Lebens bezieht. Videotitel: „Investigation – Die totale Überwachung“

 

1985 Detective – Einführung von Colin MacCabe

 

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1986: Meetin‘ WA

is a 1986 short film by Jean-Luc Godard. In the film, he interviews his „old friend“ Woody Allen. Throughout the film there are cuts in the interviews featuring photographs and film clips from Woody Allen’s films. The two of them talk about movies, life, relationships to other directors and actors and Woody’s past. The segments of the interview are separated by title cards, black cards and white type, a Woody Allen trademark. It runs for 26 minutes.

 

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1986/87: Aria (Episodenfilm)

Aria ist ein britischer Episodenfilm aus dem Jahr 1987. Zehn namhafte Regisseure steuern in je einem Beitrag ihre filmische Umsetzung einer Opernarie bei.

Ein durch eine Rahmenhandlung zusammengefaßter Bilderbogen, in dem zehn namhafte Regisseure ihre jeweilige Lieblingsarie aus großen Opern verfilmen. Entstanden ist eine Folge schreiend bunter „Opern-Clips“, die nur in Ansätzen zu einer Auseinandersetzung mit der faszinierenden Künstlichkeit von Opern anregt.

 

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1987: King Lear

King Lear is a 1987 cinematic adaptation of the Shakespeare play of the same title, directed by Jean-Luc Godard. The script is primarily by Peter Sellars and Tom Luddy. The film’s plot, centred around a late descendant of Shakespeare attempting to restore his plays in a world rebuilding itself after the Chernobyl catastrophe obliterates most of human civilisation, is centred around a resort in Nyon, Vaud, Switzerland.

 

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1987: Schütze deine Rechte (Soigne ta droite)

Der Idiot eine Anspielung auf Dostojewski soll einen Film drehen. Das Problem ist, daß das Projekt nur negativ definiert werden kann. Es soll weder von Sex, Liebe und Gewalt noch von Politik, Wahrheit und Freiheit handeln. Der Idiot besteigt ein Flugzeug und kehrt mit dem fertigen Film, einer Collage von unzähligen möglichen Filmen, zurück. Eine meisterhafte Mixtur aus Ton, Bildern und Geschichten, die als vielschichtiger Diskurs über das Filmemachen, die Filmsprache und die Möglichkeiten filmischer Ausdrucksmittel angelegt ist; zugleich eine Hommage an das Kino früherer Zeiten als Ort des großen Erlebens. Ein Film, der zwar nur ein begrenztes Publikum anspricht, dieses jedoch durch seine Vielzahl von Geschichten faszinieren wird.

Soigne ta droite is a phrase from boxing – a trainer’s call to „keep your right up“. The immediate reference is to Jacques Tati’s first short film, Soigne ton gauche (Keep Your Left Up). But this is neither a comedy in the classical sense, nor a film about boxing. Godard describes it as „the camera versus landscapes over 17 rounds“. It may also be described as a film which does a two-way travel between sky and earth, between comic and experimental, between shadow and light. With humour and multiplying literary references and citations, Godard question himself on life and thus on death, within his kaleidoscope of images. This engaging film, which mixes genres, goes through the shadowy sky of the history of cinema a luminous way.

 

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1988: Kraft des Wortes (Puissance de la parole)

Schon in Vivre sa vie hatte Godard Edgar Allan Poes Erzählung „The Oval Portrait“ aus dem Off vorgelesen. Nun aktualisiert er dessen kosmologischen Dialog „The Power of Words“ von 1845. Bei Poe schwebten zwei Engel, Agathos und Oisos, durch ein bodenloses Jenseits zwischen den Sternen, vertieft ins Gespräch über die Unendlichkeit des Weltalls, die All- oder Ohnmacht eines Gottes, die Kraft der Worte und des Äthers. Godard bleibt Poes Wortlaut treu, aber er holt die Engel zurück auf die Erde. In seiner Montage müssen Agathos und Oisos als irdische, etwas altmodische Wesen neben einem Oldtimer stehen und diskutieren. Ihren Platz am Himmel haben moderne Satelliten übernommen, die von ihrer extraterrestrischen Umlaufbahn aus die Telefone miteinander ins Gespräch bringen.

 

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1990: Nouvelle Vague

Eine Großindustrielle macht einen Fremden zum Partner, der ihre Liebe aber nicht erwidert, läßt ihn bei einem Bootsausflug ertrinken und erlebt das Ganze noch einmal mit vertauschten Rollen und seinem Zwillingsbruder. Eine von einem mehr erahnbaren als tatsächlich gespielten Handlungsgerüst getragene Bild- und Toncollage, die Banalitäten und Zitate nicht ohne eine gewisse Selbstgefälligkeit zu einem intellektualisierten, filmischen „Kreuzworträtsel“ stilisiert; in dem schier unerschöpflichen philosophischen Hintergrund finden sich zwar schwer faßbare, dennoch für ein aufmerksames Publikum faszinierende Reflexionen über die Liebe, das Licht, die Natur, menschliche Wirklichkeit und die immerwährende Erneuerung von dem, was ist.

 

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1991: Deutschland Neu(n) Null (Allemagne année 90 neuf zéro)

Jean-Luc Godard reflektiert über Deutschland: Zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung wird Geheimagent Lemmy Caution – in den 60er Jahren Held zahlreicher trivialer Krimis und Hauptfigur des Godard-Films „Alphaville“ 1965 – reaktiviert. In den vergangenen Jahrzehnten lebte er als Spion auf Abruf in Ostdeutschland, nun kommentiert er während einer Reise von Ost nach West seine subjektiven Erinnerungen an die deutsche Kultur. Godard jongliert mit Assoziationen und Zitaten, die sich zu einem eigenwilligen Beziehungsgeflecht verdichten. Der Filmtitel ist doppeldeutig: Deutschland im Jahr 90 oder ein neues Deutschland im Jahre Null.

 

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1993: Weh mir (Hélas pour moi)

Ein Mann will am Genfer See einem Paar seine Geschichte abkaufen, die davon handelt, daß die Frau überzeugt ist, daß ihr in der Gestalt ihres Mannes jemand anders, möglicherweise ein Gott, erschienen ist. Diese „Handlung“ ist nur der vage Aufhänger für eine multiperspektivische Bild- und Toncollage, mit der sich Godard auf die Suche nach Figuren und Handlungselementen begibt. Ein „Sinn“ wird nicht durch lineare Erzählmuster repräsentiert, sondern blitzt vielmehr „zwischen den Bildern“, in den Lücken und Spalten auf. Ein hermetisches Werk, das sich allen Kinokonventionen widersetzt, wobei seine betonte Offenheit oft auch die Gefahr der Beliebigkeit beinhaltet.

Alles ist wie gewohnt. Der Ort, an dem die Geschichte spielt, ist das Städtchen Rolle am Nordwestufer des Genfer Sees, wohin sich Jean-Luc Godard aus der Welt der schmutzigen und korrupten Kinobilder geflüchtet hat, die männliche Hauptrolle spielt ein Star, diesmal Depardieu, und die weibliche Hauptrolle eine schöne unentdeckte Frau. Aber die eigentliche Hauptfigur ist der See, sein Glitzern und Blinken, sein Wellenrauschen und sein unendliches Blau, das Blau des Wassers, in das fast alle großen Godard-Filme münden, von der „Verachtung“ über „Pierrot le Fou“ bis „Nouvelle Vague“. Und natürlich ist „Weh mir“ kein plot movie, sondern wieder ein „VORSCHLAG FÜR EINEN FILM“, ein Hin und Her von Worten und Bildern, Gesten und Geräuschen, ein ozeanisches Spiel, in dem sich die eine Welle in der anderen bricht, der Mythos von Amphitryon in den Texten der christlichen Denker, die Liebesgeschichte in Erinnerungen an Krieg und Tod, die Aura des Gottes im Bauerngesicht von Gérard Depardieu.

„Wird nicht die Stimme unserer Freunde bisweilen vom Echo der Stimmen derer heimgesucht, die vor uns auf der Erde waren? Und die Schönheit der Frauen eines anderen Zeitalters – ähnelt sie nicht der unserer Freundinnen? Täglich müssen wir uns bewußt werden, daß die Vergangenheit nach Erlösung verlangt. Es gibt geheimnisvolle Begegnungen zwischen den verstorbenen Generationen und derjenigen, der wir selbst angehören. Wir wurden auf der Erde erwartet.“ So spricht der Film. Und manchmal, wenn Godards Kamera ihn anschaut, wirkt Depardieu nicht mehr wie ein Star, und manchmal, wenn die Erzählung auf den See hinausblickt oder in die Weinberge oder ins Gesicht von Laurence Masliah, wirkt auch der Film nicht mehr wie ein angestrengter Essay, sondern wie ein wundervolles, göttliches Fragment.

aus
zeit-online, 3.2.1995
www.zeit.de/Spiel_der_Wellen

 

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1993: Je vous salue Sarajevo

Eine Fotografie aus dem Jugoslawienkrieg – zwei bedeutsame Minuten gegen das Vergessen.

“In a sense, fear is the daughter of God, redeemed on Good Friday night. She’s not beautiful, mocked, cursed and disowned by all. But don’t get it wrong: she watches over all mortal agony, she intercedes for mankind.

For there’s a rule and an exception. Culture is the rule, and art is the exception. Everybody speaks the rule: cigarette, computer, t-shirt, television, tourism, war.

Nobody speaks the exception. It isn’t spoken, it’s written: Flaubert, Dostoyevsky. It’s composed: Gershwin, Mozart. It’s painted: Cezanne, Vermeer. It’s filmed: Antonioni, Vigo. Or it’s lived, and then it’s the art of living: Srebenica, Mostar, Sarajevo.

The rule is to want the death of the exception. So the rule for Cultural Europe is to organize the death of the art of living, which still flourishes.

When it’s time to close the book, I’ll have no regrets.

I’ve seen so many people live so badly, and so many die so well.”

 

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1995: Godard über Godard (Godard par Godard)

Das Video-Selbstporträt des französischen Regisseurs Jean-Luc Godard, der das Medium nutzt, um seinen künstlerischen Standort zu lokalisieren. Der Film arbeitet die bekannten Themen Godards ab und zeigt den Exzentriker zwischen Selbstreflexion und Selbstbespiegelung, wobei der philosophische Diskurs durchaus nicht ausgeschlossen ist.

 

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1996: Forever Mozart

Vier Filme, die nicht notwendigerweise ein Ganzes ergeben, so wie vier Wände nicht unbedingt ein Haus ausmachen: Theater, Man spielt nicht mit der Liebe in Sarajevo, Ein Film über Un-Ruhe, For Ever Mozart. Der Faden, der diese Filme verbindet, ist der Regisseur, ein Mensch, der Anstrengungen unternimmt, der manipuliert und ausgebeutet wird. Der Krieg – das Theater des Kriegführens – folgt dem Theater. Und das Kino folgt dem Krieg. In beiden werden die Akteure bezahlt, und sie werden sich loskaufen müssen. Die Musik wird bleiben, aber man muß immer noch wissen, wie man die Seiten der Partitur umblättert, wie man der Zeit ein Schnippchen schlägt. (Jean-Luc Godard) / Godards Meditation über den Krieg in Bosnien etabliert zunächst drei Charaktere, die eine aussichtslose Reise in das Kriegsgebiet unternehmen. Camille ist eine Intellektuelle, Professorin für Philosophie und Enkeltochter von Albert Camus; ihr Ehemann Jerome ist offensichtlich ein erfolgreicher Geschäftsmann (er liest Finanzzeitungen und macht sich Sorgen um den Kurs des Franc); ihr Dienstmädchen Dzamila ist vermutlich – Godard macht nichts deutlich – eine bosnische Muslime. Im zweiten Teil reflektiert Godard wieder über den Prozeß des Filmemachens. Ein Regisseur und ein Autor, beide bezeichnenderweise schlaffe alte Männer und keine jungen Cinéasten, arbeiten an einem Film mit dem Titel „The Fatal Bolero”.

 

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1998-1998: Geschichte(n) des Kinos (Histoire(s) du cinéma)

Between 1988 and 1998 he produced perhaps the most important work of his career in the multi-part series Histoire(s) du cinéma, a monumental project which combined all the innovations of his video work with a passionate engagement in the issues of twentieth-century history and the history of film itself.

Wie die Geschichte des Kinos denken? Wie Filmgeschichte(n) schreiben? Was ist Kino, was will es, was kann es? Kein anderer Filmemacher der Moderne hat sich mit diesen Fragen so unab-lässig und intensiv beschäftigt wie Jean-Luc Godard – ausgehend von der Überzeugung, dass „eine wahre Geschichte des Kinos“ nicht zu schreiben, sondern nur vom Kino selbst zu erzählen sei, mit Bildern und Tönen, seinen ureigensten Mitteln, in Gestalt von Filmen. Durch seine filmischen Interventionen hat Godard nicht nur das Gesicht des Kinos verändert, sondern – indem er sich für das kinematografische Unbewusste interessierte – dem Kino auch ein Bewusstsein seiner selbst gegeben, das für den Übergang in die Bild- und Medienkultur des 21. Jahrhunderts unerlässlich war.

Das Werk ist in vier Kapitel unterteilt, die jeweils aus zwei Teilen bestehen. … ein Essay über den Film mit den Mitteln des Films. Eine Geschichte des Films und eine Geschichte, die mit Hilfe des Films interpretiert wird. Eine Hommage und eine Kritik. Eine anekdotische Autobiografie, der Godards enzyklopädisches Wissen Glanz verleiht und die das sprachliche Idiom, das er etabliert hat, mit Hilfe von Jean-Luc Godard erweitert. Ein episches – und nicht-lineares – Gedicht. Eine freie assoziative Abhandlung. Eine ausgedehnte, vielschichtige musikalische Komposition.

Für den amerikanischen Filmkritiker Jonathan Rosenbaum stellt Godards Video-Reihe den Höhepunkt des Filmschaffens im 20. Jahrhundert dar: ›Genau wie ›Finnegans Wake‹, jenes Kunstwerk, mit dem ›Histoire(s) du cinéma‹ wohl noch am ehesten zu vergleichen ist, sich auf einer theoretischen Stufe jenseits der Grenzen der englischen Sprache, wie wir sie kennen, befindet, projiziert sich Godards Magnum Opus in ähnlicher Weise in die Zukunft, um zu fragen: Was war Film?‹

 

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2001: Eloge de l’amour

Jean-Luc Godard widmet sich einmal mehr der Liebe, doch der Rück-Blick ist diesmal wesentlich milder ausgefallen. Im ersten Teil, in Schwarz-weiß gedreht, erzählt Godard anhand dreier Paare unterschiedlichen Lebensalters Jugend, Erwachsensein und Alter von Schlüsselerlebnissen der Liebe: der ersten Begegnung, der körperlichen Anziehung, der Trennung, der Versöhnung. Der zweite Teil, amateurhaft mit grellen Farben auf Video gedreht, stellt die Geschichte der Resistance den individuellen Geschichten entgegen. So verdichtet sich der Film zur Reflexion über Liebe, Alter, Tod, Kino und Kunst. Ästhetisch knüpft Godard an frühere Arbeiten an, nutzt Schwarzblenden zur Akzentuierung und Zwischentitel zur thematischen Zuordnung; mitunter klaffen Bild und Ton auseinander, Standbilder frieren die Einstellungen fest. Ein hochspannender Film, der sich über einen individuellen Zugang erarbeitet werden muss.

This film is notable for its use of both film and video – the first half captured in 35 mm black and white, the latter half shot in color on DV – and subsequently transferred to film for editing. The blending of film and video recalls the statement from Sauve Qui Peut, in which the tension between film and video evokes the struggle between Cain and Abel. Eloge de l’Amour is rich with themes of aging, love, separation, and rediscovery as we follow the young artist Edgar contemplating a new work on the four stages of love (should it be an opera? a film?). He meets up with a lost love who is terminally ill, and at her death we are thrust into the second half of the film where Edgar meets with her at her grandparent’s house two years before. Producers for Steven Spielberg are negotiating the purchase of her grandparent’s World War II story; the young woman attempts to stall the deal. This is one of Godard’s most tender films, yet it is characteristically enigmatic and demands the viewer’s full attention.

 

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2002: Dans le noir du temps (Episode des Films Ten Minutes Older: The Cello)

Episodenfilm von acht namhaften Regisseuren über das Thema Zeit, zusammengefasst zu einer Art Fortsetzung von „Ten Minutes Older – The Trumpet“, mit dem er zeitgleich entstanden ist. Die Themen reichen vom Totschlag über Sozialkritik, Philosophie-Lektionen bis zu filmischen Lebensbildern, formal von klassischen Kurzspielfilmen bis teils herausragenden Experimentalfilmen. Zwischen den einzelnen Episoden beobachtet ein neunter Kurzfilm die Farb- und Formveränderungen von Wasser als eine Art Metapher für den Fluss der Zeit und der Gedanken.

 

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2004: Notre musique

Dreiteilige Meditation über den Krieg, die Bilder des Krieges und die Präsenz des Krieges in Zeiten scheinbaren Friedens, wobei Jean-Luc Godard einmal mehr den Versuch unternimmt, die Grenze zwischen dem Fiktiven und dem Dokumentarischen aufzuheben. Der Hauptteil des Films spielt in Sarajewo, wo eine junge Frau die Möglichkeit nach Versöhnung repräsentiert sieht; andererseits sieht man allerorten die Spuren von Zerstörung und Barbarei. Das intellektuell hochstehende Filmessay hinterfragt den ikonografischen Gehalt der Bilder und nimmt dabei eine äußerst skeptische Grundhaltung ein.


Dieser Bilderstrom am Anfang von „Notre Musique“ sieht ähnlich aus wie in seinen essayistischen „Histoires de cinéma“, die Godard seit den späten 80ern in Portionen herstellt, und er gibt Ähnliches zu denken. Und ist doch etwas ganz Bestimmtes im Zusammenhang dieses neuen Filmes, nämlich die Hölle. „Erstes Königreich – Die Hölle“ heißen mit Dante die ersten zehn Minuten des Spielfilms, der uns nun über eine Stunde ins Fegefeuer führen wird, bevor wir ganz am Schluss noch ein paar Blicke aufs Paradies werfen können. Das ist übrigens ein unspektakuläres Teichufer, das von amerikanischen Soldaten bewacht wird. Man spielt dort Volleyball und liest Krimis, deren Titel auf Deutsch „Ohne Hoffnung auf Wiederkehr“ lauten würden.

aus taz, Diedrich Diedrichsen, 01.12.2005
www.taz.de/1/archiv

 

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2010: Film socialisme

Godards dreiteiliges multilinguales Filmessay spannt mit einer assoziativen Bilderflut und den Kapiteln „Things such as“ eine Schifffahrt durchs Mittelmeer, „Quo Vadis Europa“ zwei Kinder setzen die Reise übers Land fort und suchen Erklärungen und „Nos Humanites“ historische Plätze in Ägypten, Palästina, Odessa, Griechenland, Neapel und Barcelona ein Netz aus Chiffren, Bedeutungen und Querverweisen. Bilder und Musik stellen ein dichtes Assoziationsfeld aus politischen, philosophischen, literarischen und kinematografischen Bezugspunkten her und sprengen einen kaum zu überblickenden intellektuellen Steinbruch frei. Ein faszinierender Film als Aufforderung zum Denkexperiment, bei dem die offene Gestalt und die von Widersprüchen aufgeladenen Reflexionen dazu auffordern, den vorgefundenen Widersprüchen nachzugehen.


Godard hebt Erinnerungssplitter an die Unterlegenen der Geschichte hervor. Und setzte sich mit dieser Haltung wiederholt Vorwürfen aus, er zeige Palästina einseitig als Opfer Israels. Godard als Antisemiten zu bezeichnen, ist fahrlässig. Film Socialisme zielt, wenn man überhaupt versuchen will, seine Assoziationsfülle zu einer Argumentation zu begradigen, auf die Tragik der Verlierer, auf die Unmöglichkeit, in dieser Welt zu Liebe, Selbstliebe und Nächstenliebe zu finden – es ist ein Trauergesang, der in einer eingeflochtenen „häuslichen Szene“ im Film entfaltet wird.

Aus dem rätselhaften, schier überfordernden Essay schält sich am Ende ein politisch-moralischer Aufruf des zornigen alten Mannes Godard: Dem Reißwolf von Kapital und Politik, alten Medien und neuen digitalen gilt es, die Splitter und Reste der europäischen Kultur zu entziehen. Film Socialisme versucht das wütend, verheddert sich, aber lässt das Mit- und Nebeneinander gleichwertig gelten – insofern ist die Arbeit ein Versuch, den „Sozialismus“ wenigstens in Bildern/Geschichten aus dem Schutthaufen der Geschichte hervor zu ziehen. Die Revolution muss neu gedacht werden, meint Jean-Luc Godard, denn: „Wenn das Gesetz nicht gerecht ist, hat die Gerechtigkeit Vorrang vor dem Gesetz.“

aus zeit-online, 28.09.2011
zeit.de/kultur/film-socialisme

 

1 Film socialisme Trailer

 

2 Film socialisme Trailer

 

3 Film socialisme Trailer

 

4 Film socialisme Trailer

 

5 Film socialisme Trailer

 

6 Film socialisme Trailer

 

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2012: Adieu au Langage

Godard 2010 zu seinem neuen Projekt: „Es ist über einen Mann und eine Frau, die nicht mehr länger die selbe Sprache sprechen. Der Hund, den sie auf Spaziergänge mitnehmen, greift dann ein und spricht. Wie ich es machen werden, weiß ich noch nicht. Der Rest ist leicht.”

Adieu au langage ist ein experimenteller Film des legendären französischen Regisseurs Jean-Luc Godard (Außer Atem), den er in 3D gedreht hat. Darin treffen eine verheiratete Frau und ein lediger Mann aufeinander. Sie lieben sich, fangen aber an zu streiten und es kommt zur Eskalation. Ein Hund wandert zwischen Stadt und Land hin und her. Er findet sich zwischen ihnen wieder. Der frühere Ehemann zerstört alles. Ein zweiter Film beginnt. Es passiert genau dasselbe wie im ersten, und doch ist es nicht derselbe Film. Statt des Menschen steht die Metapher im Mittelpunkt. Das Ganze endet mit einem Bellen und einem schreienden Säugling. In der Zwischenzeit werden wir Menschen über den Untergang des Dollars, über die Wahrheit in der Mathematik und über den Tod eines Rotkehlchens reden haben hören.

 

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2013: 3x3D

Ein Film-Tryptichon dreier herausragender Inspirationsgeber des europäischen Kinos: Jean-Luc Godard, Peter Greenaway und Edgar Pêra setzen sich hier mit der Geschichte, Ästhetik und Technologie von 3D auseinander und deren Wirkung auf die Zuschauer. Dabei experimentieren sie selbst auf höchst unterschiedliche Weise mit diesem Verfahren, das mittlerweile unsere Leinwände dominiert. Zentrierender Knotenpunkt der drei Episoden ist die portugiesische Stadt Guimarães, die im letzten Jahr Kulturhauptstadt Europas war. 3X3D ist ein höchst inspirierendes Omnibusprojekt. Eine intellektuelle und visuelle Herausforderung im besten Sinne.

In the two-thousand-year-old city of Guimaraes, three renowned directors, Jean-Luc Godard, Peter Greenaway, and Edgar Pêra, explore 3D and its evolution in the world of cinema. How does 3D affect the audience and their perception? Peter Greenaway employs double explosure and superimposition in Just in Time, Edgar Pêra playfully questions notions of the new cinema spectator in Cinesapiens, while Jean-Luc Godard sketches a 3D history of cinema in Les 3 désastres.

 

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Jean-Luc Godard / Filmography 1979–present

Second Wave (1979–1988)
Feature films

1979 Sauve qui peut (la vie) (Save (Your Life) Who’s Able / Run for (Your Life) If You Can)
1982 Passion
1983 Prénom Carmen (First Name: Carmen)
1985 Je vous salue, Marie (I Salute Thee, Marie / Hail Mary)
1985 Détective (Detective)
1987 King Lear
1987 Soigne ta droite, une place sur la terre (Keep Your Right Up: A Place on the Earth)

 

Short films/videos

1979 Quelques remarques sur la réalisation et la production du film ‚Sauve qui peut (la vie)‘ (A Few Remarks on the Direction and Production of the Film Sauve qui peut (la vie))
1982 Lettre à Freddy Buache à propos d’un court-métrage sur la ville de Lausanne (Letter to Freddy Buache Regarding a Short Work About the Town of Lausanne)
1982 Changer d’image (To Alter the Image)
from Le Changement a plus d’un titre (Change Has More Than One Title)
1982 Scénario du film Passion
1983 Petites notes à propos du film Je vous salue, Marie (Small Notes Regarding the Film Je vous salue, Marie)
1986 Grandeur et décadence d’un petit commerce de cinéma (Grandeur and Decadence of a Small Movie Concern)
1986 Soft and Hard
1986 Meetin‘ WA
1987 „Armide“ from Aria
1988 Closed Jeans: Marithé François Girbaud, série 1, 1-10 (Closed Jeans: Marithé François Girbaud: Series 1: 1-10)
1988 Closed: Marithé et François Girbaud, série 2, 1-7 (Closed: Marithé and François Girbaud: Series 2: 1-7)
1988 On s’est tous défilé (We All Filed Past / We All Stole Away / We All Took Cover / We’ve All Undone Ourselves)
1988 La Puissance de la parole (The Power of Speech)
1988 „Le Dernier mot/Les Français entendus par…“ (The Last Word/The French as Understood by…)
from Les Français vus par… (The French as Seen by…)

 

1989–present: all works

1989 Le Rapport Darty (The Darty Report / The Darty Connection)
1990 Marithé François Girbaud: Métamorphojean
1990 Nouvelle Vague (film) (New Wave)
1991 Allemagne année 90 neuf zéro (Germany Year 90 Nine Zero)
1993 Les Enfants jouent à la Russie (The Kids Play Russian)
1993 Hélas pour moi (Alas for Me / Oh Woe Is Me)
1993 Je vous salue Sarajevo (I Salute Thee Sarajevo / Hail Sarajevo)
1994 JLG/JLG, autoportrait de décembre (JLG/JLG: Self-Portrait in December)
1995 2 x 50 ans de cinéma français (2 x 50 French Cinema Years)
1996 For Ever Mozart
1998 Histoire(s) du cinéma (History(s) of the Cinema) — 1988–1998
1999 Small Notes Regarding the Arts at Fall of 20th Century: The Old Place (with Anne-Marie Miéville)
2000 De l’origine du XXIe siècle pour moi (Of the Origin of the XXIst Century for Me)
2001 Eloge de l’amour (Elegy for Love / Ode to Love) — a.k.a. In Praise of Love
2002 Liberté et patrie (Freedom and Fatherland) (with Anne-Marie Miéville)
2004 Notre musique (Our Music)
2004 Moments Choisis (A collage taken by Godard from Histoire(s) du Cinema)
2006 Vrai faux passeport (True False Passport)
2006 Prière pour refuzniks (1) (Prayer for Refuseniks (1))
2006 Prière pour refuzniks (2) (Prayer for Refuseniks (2))
2010 Film Socialisme (Socialism)
2010 Tribute to Eric Rohmer (short)
2012 Adieu au Langage (Farewell to Language)
2013 3x3D (Jean-Luc Godard, Peter Greenaway, and Edgar Pêra)
2014 Les Ponts de Sarajevo

 

Quelle:
unifrance.org/jean-luc-godard