In vielen Regionen herrschen kriegerische Konflikte oder Krieg. Folgen sind Flüchtlingsströme mit der damit verbundenen Entwurzelung. Durch Generationen überlieferte Kultur geht verloren.

Palästinenser*innen leben seit der Gründung Israels im Jahre 1948 mit Flüchtlingsstatus in Jordanien, Syrien oder Ägypten. Durch die anhaltenden Angriffe auf den Gazastreifen verlieren weitere hunderttausende Palästinenser*innen ihre Heimat ohne Aussicht auf eine friedliche Bleibe – im Land selbst oder in den Nachbarländern, die sich nachwievor weigern, Palästinenser*innen einzubürgern.

2009 waren wir mit einer Textildesign-Studierenden Gruppe in Aleppo in der Altstadt tätig. Wir haben textile Handwerksbetriebe besucht und mit ihnen zusammen Produkte entwickelt. Jeder Raum, den wir bespielt haben, seien es die Betriebe, sei es die ehemalige Karawanserei mitten im Souk, wo wir gewohnt haben oder der Atelier-Raum in der Shibani-Schule - alles wurde durch den Krieg unwiederbringlich zerstört.

Wir machen uns auf die Suche nach den verlorenen Stoffen in diesen oder anderen Konfliktregionen.

Welche Auswirkungen hat Krieg und Vertreibung auf die Kultur? Was passiert mit den Mustern, die zum Teil spezifisch für einzelne Ortschaften sind? Wie werden Fertigungstechniken erhalten? Wie verändern sich Bedeutungen von Mustern? Was geht für immer verloren? 

Diese oft sehr komplexen, nicht leicht zu durchschauenden Situationen werden im Seminar Lost Pattern in den Design Studies von Mara Recklies beleuchtet. Parallel zu unserem Praxisprojekt soll das Seminar von den Teilnehmenden regelmäßig besucht werden. Wir gehen das ganze Semester in einen gemeinsamen Austausch. Ergänzend zum Seminar können im Projekt die eigenen Schwerpunkte noch gezielter vertieft werden.

Teil des Seminars wie auch des Projektes sind die „Dialoge“. An vier Donnerstagen treffen wir uns am Abend zum Austausch mit Zeug*innen – wir möchten mit auf verschiedene Weise mit Betroffenen ins Gespräch kommen – sei es eine gemeinsame Diskussion mit Jüd*innen und Palästinenser*innen, Erfahrungsberichte aus Aleppo oder ein Austausch Expert*innen zu Krisenregionen.   

Eine weitere gemeinsame Aktion ist eine Exkursion nach Hamburg zur Ausstellung „Inspiration SWANA“ im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg und weiteren Orten wie dem Museum am Rothenbaum für Kunst und Kulturen.

Im Textil soll aufbauend auf den eigenen Recherchen zu einem Krisengebiet auf die „Lost Pattern“ reagiert werden – zum Beispiel durch eine Neuinterpretation, durch Erfindung neuer identitätsstiftender Muster, durch die Erzählung der Vertreibung und des Leids, möglicherweise durch die Erfindung einer global geltenden Mustersprache.

Die Umsetzung der „Found Patterns“ ist frei wählbar (Ausnahme: Studierende des 3.Studienjahres arbeiten im Rahmen einer Kollektion). Orientierung bieten die traditionellen Techniken der bearbeiteten Region, ebenso die Farben und Muster, es geht aber nicht um eine Nachbildung, sondern eine aktuelle Reaktion auf die kriegsbedingte Situation. Gruppenarbeiten sind möglich und erwünscht.

Die Dokumentation zum Abschluss des Projektes soll zum einen den Prozess und die Ergebnisse dokumentieren, aber auch Text: neben der gerne ausführlichen Dokumentation der Recherche soll ein begleitendes Essay als Ergänzung zur praktischen Arbeit geschrieben werden