Geschichte der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

von den Anfängen bis zur Gegenwart

1945 – 1958
Nach zunächst erfolgversprechenden Versuchen, an die eigene Tradition vor 1933 anzuknüpfen, ist die Schule mit ungeklärtem Status im Zuge der sogenannten Formalismusdebatte heftigen Anfeindungen und den Auswirkungen einer doktrinären Kulturpolitik ausgesetzt. Von massiven Schließungsabsichten bedroht, kämpft sie um den Wiedergewinn und Erhalt eines breiten Ausbildungsspektrum mit „baulich-räumlicher Gestaltung, bildender Kunst, kunsthandwerklicher und industrieller Formgebung“. Zugleich ist es die Zeit eines hoffungsvoll beginnenden kollektiven Aufbruchs in eine ideal gesetzte Zukunft unter sozialistischem Vorzeichen. Mitte der fünfziger Jahre entstehen die ersten von der Werkkunst emanzipierten Designentwürfe
.

1945

am 17. und 18. April nehmen amerikanische Truppen die Stadt kampflos ein; am 10. Oktober wird der praktisch nie unterbrochene Schulbetrieb offiziell wieder aufgenommen; der Jurist, Kunstwissenschaftler und Kunstkritiker Ludwig Erich Redslob übernimmt die Leitung (bis 1946)

1946
Umbenennung in Burg Giebichenstein – Kunstschule und Werkstätten der Stadt Halle-Saale; der Architekt Hanns Hopp wird Direktor (bis 1949); Wiedereinrichtung der Klassen für Malerei, Architektur (bis 1968) und Bildhauerei; Gründung einer Klasse für Gebrauchsgrafik (bis 1968); Reorganisation der Schule; künstlerische Ausbildung im Rahmen handwerklicher Werkstattarbeit; Einrichtung eines Vorsemesters; Abschluss mit Gesellenprüfung nach sieben bis acht Semestern Fachausbildung; nach kommissarischer Leitung durch den Buchbinder und Archivar Wilhelm Nauhaus wird der Architekt Hanns Hopp Direktor (bis 1949)

1948

die Schule wird administrativ dem Ministerium für Volksbildung des Landes Sachsen-Anhalt unterstellt; Einrichtung einer Klasse für Innenarchitektur / Fachklasse für Bau- und Raumausstattung; Beginn der staatlich gelenkten sogenannten Formalismusdebatte, mit in der Folge verstärkten Kontrollen durch die
Staatliche Kommission für Kunstangelegenheiten und weitreichenden Eingriffen in das
Ausbildungsprogramm

1949
eine großangelegte staatlich gelenkte Reorganisation der Ausbildung an den Kunsthochschulen beginnt und bringt in den folgenden Jahren die Einführung des marxistisch-leninistischen Grundlagenstudiums sowie schmerzhafte Einschränkungen für Malerei, Grafik und Plastik, und zugleich die Konzentration auf die Ausbildungsschwerpunkte Werkkunst und Industrieformgestaltung

1950
Direktor, ab 1958 Rektor, wird der ehemalige Bauhäusler, Architekt und Gebrauchsgrafiker Walter Funkat (bis 1964); die Schule wird der halleschen Universität als Institut für angewandte Künste – Werkstätten der Burg Giebichenstein an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg angegliedert; ab jetzt ist es möglich, das Studium mit einem Hochschuldiplom zu beenden; Architektur und Innenarchitektur werden zum Fachseminar Bau- und Raumgestaltung zusammengeschlossen

1952
im Textilbereich wird neben der bestehenden Flachweberei mit dem Aufbau einer Hochweberei begonnen; in der Folge werden 1961 die Halleschen Werkstätten für Weberzeugnisse (VEB HAWEBA) gegründet

1955

eine von der Bauhauslehre, insonderheit des Vorkurses von Johannes Itten beeinflusste systematische Theorie der Grundlagen visueller Gestaltung wird entwickelt und gelehrt

1956
administrative Angliederung an die Kunsthochschule Berlin-Weißensee als Institut für künstlerische Werkgestaltung der Hochschule für bildende und angewandte Kunst Berlin - Halle/Saale – Burg Giebichenstein

1957
Gründung einer Entwicklungsstelle für die Zusammenarbeit mit der Industrie, ein Jahr später eines Instituts für Entwurf und Entwicklung; 1959 wird die Ausbildungsrichtung Technische Formgestaltung begründet, das neue Ausbildungsziel heißt Industrieformgestalter, das erste Diplom wird 1961 vergeben; die Emanzipation des Designs von der Werkkunst vollzieht sich vor allem mit der Gestaltung von Kunststoffprodukten; ab Mitte der 1960er Jahre sind Werkzeug- und Baumaschinen, Schienen- und Fahrzeugtechnik Schwerpunkte in Forschung, Entwicklung und Lehre