Ausstellung

graduiert ≈ präsentiert

Die Stipendiat*innen der Graduiertenförderung des Landes Sachsen-Anhalt stellen Ergebnisse ihrer Forschungen vom 15. Oktober bis 9. November 2025 in der Burg Galerie im Volkspark aus.

Es ist wieder so weit: Die Ausstellung graduiert ≈ präsentiert gibt einen interessanten Einblick in neu entstandene Werke von zehn jungen Künstler*innen und Designer*innen, die an der BURG studierten und 2024 sowie 2025 das Stipendium der Graduiertenförderung erhielten. 

Die Ausstellenden Simon Baumgart (Absolvent Bildhauerei/Figur), José Madrigal Despaigne (Absolvent Bildhauerei/Materialität und Raum), Michal Fuchs (Absolventin (Bildhauerei/Metall), Binha Haase (Absolventin Zeitbasierte Künste), Vanessa Henning (Absolventin Zeitbasierte Künste), Philipp Keidler (Absolvent Kunstpädagogik), Youjeong Kim (Absolventin Malerei), Younghyun Min (Absolvent Bildhauerei/Figur), Bettina Nagler (Absolventin Design Studies) und Carla Westphälinger (Absolventin Visual Strategies and Stories) erhielten durch die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle im Rahmen des Graduiertenförderprogramms des Landes Sachsen-Anhalt für den künstlerischen und wissenschaftlichen Nachwuchs eine finanzielle Unterstützung. So konnten sie während dieses Zeitraums im Austausch mit der Hochschule ihr Forschungsvorhaben und damit einen neuen Werkkomplex entwickeln. Die abschließende Ausstellung ist ein wichtiger Baustein der umfangreichen und in den letzten Jahren stetig intensivierten Absolvent*innenförderung an der BURG.

graduiert ≈ präsentiert lädt dazu ein, die vielfältigen Ergebnisse des Förderzetraums aus Kunst und Design in der Burg Galerie im Volkspark zu entdecken. 
So setzt Simon Baumgarts Arbeit in der Kirche von Pretzschendorf im Erzgebirge an und fragt, was eine Gemeinschaft prägt: das Erzählte oder das Verschwiegene. Ausgangspunkt ist sein Urgroßvaters Willy K., der im Dorf in den verschiedenen Zeiten unterschiedliche Funktionen wahrnahm. Der installative Bildraum 365,25 Gefühle meines Urgroßvaters, NSDAP-Ortsgruppenleiters und LPG-Vorsitzenden Willy K. wird zur Chronik unausgesprochener Emotionen. Er untersucht Muster der Wiederholung und lässt dabei offen, ob sie zur Befreiung oder gar zur Falle werden. 

Während seines Stipendiums entwickelte José Madrigal Despaigne das Projekt Echar de Mas, das Installation, Performance und poetisches Schreiben verbindet. Die Grundlage seiner Arbeit bilden seine Migrationserfahrungen und kulturelle Verschiebungen. Seine Werke thematisieren Identität, Trauer und Entwurzelung, etwa in der typografischen Installation Untitled (human), die das Wort „Mensch“ in 99 Sprachen zeigt, oder in einer Performance mit Kleidung, auf die er über Jahre gesammelte Steine genäht hat, die so immer schwerer wurde.

Statt in die ihr vertraute Forschung zu gehen, ist Michal Fuchs nach dem 7. Oktober 2023 durch das Zeichnen von Tausenden kleiner Linien in Form tanzender Frauen und Rauchfahnen vollständig in Selbstheilung eingetaucht. Im Spiegel des wachsenden unmenschlichen Grauens haben sich die Bedeutungen dieser Motive mit der Zeit erweitert. In der zweiten Werkgruppe Hora greift sie den Kreistanz wieder auf und erkundet seine Symbolik als Ausdruck von Gemeinschaft, Tradition und Identität, als Spiegel landwirtschaftlicher Zyklen und nationaler Narrative, die durch Migration transformiert werden.

Binha Haase untersuchte Gender, Travestie und Drag* in Hoch- und Subkultur. Entstanden ist die Video-Sound-Installation resonance in resistance, in der drei Protagonist*innen klassische Opernarien und Songs aus Experimental Soul sowie Arabic Electro performen. In einem gender-queeren Raum verknüpft Haase politische und kulturelle Narrative der Musikgenres. Gleichzeitig stellt sie die Oper gleichwertig neben nicht-westliche Popgenres und hinterfragt damit ihre Vormachtstellung in der westlichen Hochkultur.

Aus biografischen Gründen interessiert sich Vanessa Henning für die Bakchai, eine ekstatische Sekte des Dionysos, da ihre Eltern Mitglied der Kommune des Künstlers Otto Mühl waren. Sie führte Interviews mit ehemaligen Mitgliedern, um aufzuzeigen, wie Ideale in Zwang, Abhängigkeit und Kontrolle umschlugen. Parallel erforscht Henning in AT BAKCHAI improvisierte musikalische Ekstase in Kooperation mit Lika Dittwald und der Theaterproduktion Bakkhai am neuen theater Halle. In der Ausstellung können Besucher*innen mit den entstandenen Tonspuren experimentieren.

Philipp Keidler verknüpft die vom Kaliwerk Teutschenthal geprägte Landschaft mit Erinnerungen an seinen Herkunftsort in den Allgäuer Alpen. Im Förderzeitraum entstanden zwei Soundobjekte sowie Salzdrucke. Im Objekt Aus der Tiefe in den Raum verschmelzen Geräusche aus dem Schacht mit Naturklängen und Alphornmusik zu einem eigens komponierten Stück, das eine Reise von der Tiefe zur Oberfläche inszeniert und Keidlers These verdeutlicht, dass Natur im Zusammenspiel von Mensch, Tier, Pflanze und Maschine entsteht. 

Youjeong Kim zeigt drei großformatige Bilder aus dem Zyklus Das Goldene Tor. Die Künstlerin ist während ihres Forschungszeitraumes der symbolischen Bedeutung von Toren nachgegangen. Inspiriert vom kunstvollen Tor ihres Elternhauses in Nonsan, Südkorea, untersucht sie die Symbolik von Abschied, Verlust und Heimkehr. Gold reflektiert Licht und äußeren Glanz, der ein dunkles Inneres verbirgt. Youjeong Kim fügt den Bildern bronzene, plastisch verzierte Schlüssel hinzu, die auf Öffnung und ein Zuhause verweisen.

In seinen Werken verarbeitet Younghyun Min Erfahrungen aus seinem Militärdienst als Grenzsoldat in Südkorea. Der Überfall Russlands auf die Ukraine 2022 reaktivierte diese Erinnerungen und führte zum Projekt Identität – Cheorwon Calling. Nach seinem Umzug nach Berlin, begann er, die deutsch-deutsche Geschichte entlang der Berliner Mauer zu untersuchen und in Beziehung zur Situation in Korea setzen. In der Ausstellung zeigt er zehn großformatige Collagen, die auch Fundstücke vom Mauerweg enthalten.

Bettina Naglers Forschungsarbeit begann mit der Bauwelt-Sonderausgabe Frauen in der Architektur -: Frauenarchitektur?, die 1979 veröffentlicht wurde. Die Beiträge zeigen den geschlechtspositiven Feminismus der 1970er Jahre und behandeln zugleich Fragen, die bis heute relevant sind: Arbeitsweisen, Autor*innenschaft, Wissensproduktion und Vereinbarkeit von Beruf und Leben. Im Verlauf der Auseinandersetzung entwickelte Nagler den Begriff des Pink Noise, entlehnt aus der Akustik, als Metapher für subversives Rauschen. Damit macht sie den Nachhall der Stimmen aus der Bauwelt-Ausgabe hörbar.

Carla Westphälinger konzipierte, schrieb und illustrierte das Buch Bitte versuchen Sie es später nochmal über Versagen und Fehlerkultur. Gespräche mit vielen Menschen beleuchten unterschiedliche Perspektiven. Die Designerin plädiert für einen offenen Umgang mit Gefühlen wie Schuld und Scham und ermutigt, aus Fehlern zu lernen. Typografie und Erzählstruktur spiegeln den wechselhaften Prozess von Lernen und Charakterbildung wider. In der Ausstellung können Besucher*innen auf einer Pinwand ihre Erfahrungen teilen und eine offenere Haltung zum Scheitern einnehmen.

Eröffnet wird die Ausstellung am Dienstag, 14. Oktober 2025, um 19.30 Uhr. Die Schau wird von einem interessanten Rahmenprogramm begleitet. Zudem bieten jeden Sonntag um 15 Uhr Studierende der kunstpädagogischen Studiengänge sowie des Masterstudiengangs Kunstwissenschaften Führungen durch die Ausstellung an.

graduiert ≈ präsentiert

Ausstellungsdauer: 15. Oktober 2025 bis 9. November 2025
Eröffnung: Dienstag, 14. Oktober 2025, ab 19.30 Uhr
Presserundgang: Dienstag, 14. Oktober 2025, 11 Uhr, einige der Ausstellenden
sind anwesend.
Ort: Burg Galerie im Volkspark, Schleifweg 8a, 06114 Halle (Saale)
Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag, 14 bis 19 Uhr
Eintritt: Der Eintritt ist kostenfrei.
Kuratorin: Dr. Jule Reuter (Kuratorin, Burg Galerie am Volkspark) mit Unterstützung von Luise von Cossart (Kuratorische Assistenz) 
Weitere Informationen: www.burg-halle.de/galerie
Social Media: Die BURG kommuniziert die Ausstellung in den sozialen Medien mit den Hashtags #GraduiertPräsentiert und #BurgHalle. 

Eröffnung
 

Dienstag, 14. Oktober 2025, 19.30 Uhr

Begrüßung
Prof. Tilo Baumgärtel, Prorektor der BURG

Einführung
Dr. Jule Reuter, Kuratorin der Burg Galerie im Volkspark

Im Anschluss
Untitled (03061991), Performance von JoMa Despaigne

Begleitprogramm

Mittwoch, 22. Oktober 2025, 16 Uhr 
AT BAKKAI: Ritual-Noise-Performance mit Lika Dittwald und Vanessa Henning. 
Eine Live-Noise-Performance am Ritual-Setup der LUM Maschine, Teil der künstlerischen Forschung zu ekstase- und führungsfokussierten Kulten. Durch raue Klangflächen und repetitive Strukturen wird ein gemeinsamer Kanal geöffnet. Mit den Mitteln der Chaosmagie – in den Stadien von Invokation, Evokation, Offering und Cleansing – öffnet sich ein Klangraum, in dem Erfahrungen spürbar und bearbeitbar werden können.

Mittwoch, 29. Oktober 2025, 18 Uhr
Echar de Mas: Lesung von Gedichten von JoMa Despaigne auf Spanisch, Englisch und Deutsch, mit dem Künstler und mit Lennart Maximilian Hermanns und Leoni Spiesecke


Führungen durch die Ausstellung: Jeden Sonntag um 15 Uhr führen Studierende der kunstpädagogischen Studiengänge sowie des Masterstudiengangs Kunstwissenschaften durch die Ausstellung. Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung nicht erforderlich.