Isolation ist ein ambivalenter Sachverhalt, der sowohl Schutz als auch Bedrohung bedeutet, sowohl Heilung als auch Ausgrenzung, sowohl Autonomie als auch Kontrollverlust. Wenn wir unserem Masterseminar in den Designwissenschaften den Titel „Isolation denken“ gegeben haben, so wollen wir damit markieren, dass wir in diesem Semester Isolation nicht nur als Zustand, sondern als kulturelle, soziale und gestalterische Praxis untersuchen wollen. Ausgehend von architekturhistorischen und -theoretischen Zugängen über design- und medientheoretische Ansätze bis hin zu anthropologischen, philosophischen und künstlerischen Perspektiven wollen wir danach fragen, wie Isolation verstanden, interpretiert und gestaltet werden kann – und welche Rolle sie in der Entwicklung einer kritischen Haltung zum Design spielt. Oder spielen könnte. Helfen diese unterschiedlichen Sichtweisen auf das, was „Isolation“ sein kann dabei, eine informierte Haltung zum Design zu entwickeln? Das zumindest ist das erklärte Ziel dieser Übung, die sich an Masterstudierende der Design Studies an der BURG wendet.
Eine Vorstellung vom Programm gewinnen Sie über die angehängte Liste der Themen und ausgewählten Texte. Die Texte werden Ihnen als pdf, ausgedruckt in einem Reader und in Buchform im Seminarapparat der Bibliothek zur Verfügung gestellt.
„(Ur)-hütten“
- Vitruv: Vom Ursprung der Gebäude, Auszug aus: Zehn Bücher über Architektur (de architectura), lat. / dt., übers. u. hg. v. Curt Fensterbusch, S. 79–87.
- Alberti, Leon Battista: Die Anfänge der Wohnsitze oder Gebäude, Auszug aus: Zehn Bücher über die Baukunst (de re aedificatoria), dt., übers. u. hg. v. Max Theuer, S. 20–22.
- Laugier: Allgemeine Prinzipien der Architektur, Auszug aus: Das Manifest des Klassizismus (Essai sur l’architecture (1753)), S. 33–37.
- Kommentierend: Ahne, Petra (2019): Hütten. Obdach und Sehnsucht, S. 12–39.
„Gefängnis“
- Foucault, Michel (1976): „Der Panoptismus“, aus: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, S. 251–292.
„Gesundheit“
- Colomina, Beatriz (2019): “Tuberculosis”, aus: X-Ray Architecture, S. 61–116.
„Sphären I“: Das Heilige und das Profane
- Kopp, Stefan (2017): Spirituelle und sakrale Räume. Liturgiewissenschaftliche Differenzierungen im Kontext von Spiritual Care (https://doi.org/10.1515/spircare-2017-0091)
- Agamben, Giorgio (2005): „Lob der Profanierung“, aus: Profanierungen, S. 70–91.
„Schwellen“: Initiationsriten
- Turner, Victor (1967): Betwixt and Between: The Liminal Period in ‛Rites de Passage‛, in: ders.: The Forest of Symbols. Aspects of Ndembu Ritual, Ithaca (New York) , S. 93–111.
„Sphären II“: Das Öffentliche und das Private
- Habermas, Jürgen (1990): „II Soziale Strukturen der Öffentlichkeit, § 6 Die bürgerliche Familie und die Institutionalisierung einer publikumsbezogenen Privatheit“, Auszug aus: Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 107–121.
- Schmied, Andi (2021): Private Views: A High-Rise Panorama of Manhattan (VI PER Gallery, Prag).
„Versteck“: Hetero- und Homosexualität
- Kosofsky Sedgwick,Eve (1990/ 2003): „Epistemologie des Verstecks“, abgedruckt in: Queer Denken. Queer Studies, hg. v. Andreas Kraß, S. 113–143.