Wir alle sind voreingenommen! In der Psychologie steht „Bias“ für eine ganze Reihe kognitiver Verzerrungen, die unsere Wahrnehmung beeinflussen können. Vom bekannten Bestätigungsfehler, also der Neigung, Informationen so auszuwählen und auszuwerten, dass die eigenen Erwartungen bestätigt werden, bis hin zum Gender Bias, also den Vorurteilen gegenüber anderen Geschlechtsidentitäten. Daneben spricht die Soziologie sowie die Anthropologie von Ethnozentrismus, wenn es um die Voreingenommenheit eines Individuums oder kollektiven Akteurs gegenüber einer fremden bzw. als fremd empfundenen Gruppe geht. Ethnozentrismus meint dann die Überzeugung, dass Aussagen und Verhaltensmuster der „eigenen“ ethnischen Gruppe, stets als normal, gut, schön, wichtig und natürlich eingeschätzt und bewertet werden. Das Bekannte und Tradierte wird zum allgemein gültigen normativen gesellschaftlichen Maßstab erkoren, von dem aus alles andere als abweichend bewertet wird. Dem folgend bezieht sich Eurozentrismus auf die explizite und implizite Tendenz, in Europa entstandene Weltanschauungen, den Anschauungen der restlichen Welt vorzuziehen. Die eigene Situiertheit wird so – implizit oder instrumentalisiert – zum Maß aller Dinge. Solche Formen des Bias verstellen den Blick. Sie stehen sowohl Forschenden im Weg, die ihnen unbekannte Kulturen, gesellschaftliche Gruppen oder Milieus untersuchen möchten, als auch Gestalter*innen, die ja in der Regel nicht nur für die „eigene“ Gruppe oder Kultur entwerfen, sondern für Menschen aus ganz unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexten. Denn solche Biases beeinflussen nicht nur unsere Wahrnehmung und unser Denken, sondern beeinflussen bewusst oder unbewusst auch unser Handeln, wodurch sie auch im gestalterischen Schaffen sichtbar werden, etwa durch die eingeschränkte Vorstellung zukünftiger Nutzungsformen oder in der Verwendung stereotyper Darstellungen und Bilder. Im Design schreiben sich Vorannahmen und -urteile in Dinge ein und in Medien fort, sie werden in unserer Kultur reproduziert, wuchern und erscheinen irgendwann ganz natürlich. Dabei ist es nicht immer ganz einfach, die explizite absichtliche Abwertung des Anderen von der impliziten Bevorzugung eigener Vorstellungen zu unterscheiden. Beispielsweise schleichen sich beim als Maschinenbias bezeichneten Effekt Vorurteile in KI-Systeme ein, etwa wenn Trainingsdaten voreingenommene, menschliche Entscheidungen enthalten oder historische soziale Ungerechtigkeiten widerspiegeln, auch dann, wenn sensible Variablen wie Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung (wiederum durch menschliche Arbeit) aussortiert wurden.
Literatur zur Einführung
- Pater, Ruben: The politics of design. A (not so) global manual for visual communication. Amsterdam.
- Bernien; Mareike (2015): Chromapolitics. On the Material, Historical, and Political Dimensions of Color in Film. Dissertation. Akademie der Bildenden Künste Wien, Wien, S. 8-36.