Das Verhältnis zwischen Kunst und Handwerk scheint kompliziert. Einerseits ist eine kategorische Abgrenzung von Bildender Kunst, Gestaltung und Handwerk zu beobachten. Andererseits sind (kunst)handwerkliche Verfahren häufig Teil, manchmal sogar Thema künstlerischen Arbeitens, und künstlerische Denkweisen und Zugänge führen seit jeher zu Weiterentwicklungen im Handwerk. Wie die Kunsthistorikerin und Kuratorin Barbara Steiner bemerkt, ist es deshalb gewinnbringend, die Wechselwirkungen und Relationen im Kontext von handwerklichem Wissen zu betrachten – „nicht abschottend, sondern öffnend – hin zu anderen Kulturen, zur modernen und zeitgenössischen Kunst, zu aktuellen Diskursen und zu digitalen Entwicklungen.“ (Steiner 2019, 82)
Wie verändert sich der Blick auf handwerkliche Techniken, wenn sie von zeitgenössischen Künstler*innen neu kontextualisiert und politisch, performativ oder kritisch aufgeladen werden? Im Seminar untersuchen wir Schnittstellen von zeitgenössischer Kunst und Handwerk, hinterfragen Vorurteile und Grenzziehungen und erkunden, wie wechselseitige Öffnungen und Verbindungen produktiv in der kunstpädagogischen Praxis eingesetzt werden können. Im Zentrum stehen dabei sowohl theoretische Auseinandersetzungen als auch praktische Erprobungen.
Gemeinsam analysieren wir Beispiele aus der Gegenwartskunst, in denen handwerkliche Techniken (z. B. textile Verfahren, Keramik-, Holz- oder Metallverarbeitung) eine zentrale Rolle spielen – nicht als nostalgischer Rückgriff, sondern als bewusste Strategie zur Reflexion von Themen wie Körper, Identität, Nachhaltigkeit, Geschlechterrollen oder Migration. Künstler*innen wie Anette Rose, Olaf Holzapfel oder Azra Akšamija dienen als Ausgangspunkt für Diskussionen über Kategorien, Material, Prozess und Kontext. Weitere Impulse aus der Seminargruppe sind willkommen.
Parallel dazu erproben wir ausgehend von ausgewählten künstlerischen Arbeiten, handwerklichen Techniken oder Materialien kunstpädagogische Impulse. Im Verlauf des Seminars entwickeln die Teilnehmer*innen eigene handlungsorientierte Vermittlungssituationen, welche die Beziehungen zwischen Handwerk und Kunst als Zugang zu einer zeitgenössischen und inklusiven Kunstpädagogik nutzen.
Bitte melden Sie sich unter Angabe des Studiengangs für das Seminar an:
skaiser@burg-halle.de
Die Teilnahme an einer Exkursion ins GRASSI Museum für Angewandte Kunst in Leipzig ist Voraussetzung für die Teilnahme am Seminar. Der Termin wird so bald wie möglich an dieser Stelle bekannt gegeben.
Bringen Sie zur ersten Seminar-Sitzung bitte ein beliebiges Objekt mit, das Sie selbst (egal in welchem Lebensalter und in welcher Qualität) handwerklich hergestellt haben.
Name der Lehrenden – Name of Teacher
Sarah Kaiser
Lernziel / Qualifikationsziele – Objectives / Learning Outcome
Kenntnis grundlegender historischer und aktueller fachdidaktischer Positionen sowie kunstpädagogischer Vermittlungsmodelle und -formate
Entwicklung grundlegender Fähigkeiten zur kooperativen Entwicklung, Planung, Erprobung und Reflexion von Vermittlungssituationen unter Berücksichtigung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen und von schulstufen- und schulformspezifischen Besonderheiten
Entwicklung vertiefter fachdidaktischer Fähigkeiten unter Bezug auf bereits in der Praxis gewonnene Erfahrungen
Bildung einer kritisch-reflexiven Grundhaltung gegenüber wissenschaftlichen Thesen und fachspezifischen Theorien
Fähigkeit, das kulturelle, gesellschaftliche und politische Diskursfeld, in dem sich die Inhalte bewegen, zu reflektieren
Veranstaltungsart und –methodik – Teaching and working methods
Seminar
Beurteilung – Assessment
Studierende Kunst (Lehramt) (WK-FD3): Teilmodulleistung (unbenotete Präsentation) oder / und Modulprüfung (unbenotete Präsentation + benotete mündliche Prüfung).
Studierende M.A. Lehramt Kunst (Fachdidaktik 3): Teilmodul B, Teilnahmeschein (unbenotete Präsentation)
Studierende des MA Kunstwissenschaften bei Modul 2: Teilmodulleistung (unbenotete Präsentation), Studierende des MA Kunstwissenschaften bei Modul 3: Teilmodulleistung (unbenotete Präsentation)
Literatur und Vorbereitungsempfehlung
Adamson, Glenn (Hg.) (2010): The Craft Reader. Oxford, New York.
Black, Anthea; Burisch, Nicole (Hg.) (2021): The New Politics of the Handmade. Craft, Art and Design. London, New York, Oxford, New Delhi, Sydney.
Kunsthaus Graz (Hg.) (2019): Kunst ⇋ Handwerk: zwischen Tradition, Diskurs und Technologien. Wien.
Röhl, Anne (2024): Entanglements. Genderdiskurse textiler Handarbeiten, Bilder, Techniken. Emsdetten, Berlin.
Rose, Anette (2011): Enzyklopädie der Handhabungen: 2006-2010. Bielefeld.
Sennett, Richard (2011): Handwerk. Berlin.
Thun-Hohenstein, Christoph; Franz, Rainald; Zickler, Tina (Hg.) (2016): handWERK. Tradiertes Können in der digitalen Welt. Wien.
BURG Box und Semesterapparat folgen.
Verwendbarkeit
Kunst (Lehramt): Fachdidaktik 3 (WK-FD 3)
M.A. Lehramt Kunst: Fachdidaktik 3, Teilmodul B
M.A. Kunstwissenschaften: Modul 2 oder Modul 3
Zugangsvoraussetzung - Prerequisites
Kunst (Lehramt) und MA Lehramt Kunst: Zum Ablegen der Modulprüfung Fachdidaktik 3 muss das Modul Fachdidaktik 1 abgeschlossen sein (Hausarbeit).
Umfang in SWS
2
Häufigkeit, Dauer und Termine / Ort des Angebots
Montag, 14.15 – 15.45 Uhr
Materialsammlung (Neuwerk, BURG Bibliothek, 1. OG)
Beginn
13.10.2025