Das Motto der BURG Session stand ganz im Zeichen der Unsicherheit, geprägt von den Auswirkungen der Pandemie. Vor dem Hintergrund dieser prekären und volatilen Ausgangslage und im ungewohnten Format der digitalen Versammlung kamen Studierende und externe Gäste auf Einladung der Burg Labs zusammen.
collapse verweist auf das Spannungsfeld aus Chaos, Verlust und Zusammenbruch, das in der Luft lag – und deutet zugleich auf unvorhergesehene Alternativen, neue Wege und Formen kollaborativer Praxis hin.
collabs stellte soziale Prozesse – Fragen des miteinander Lebens und Lernens an der Hochschule – ins Zentrum.
colabs bezeichnet die Orte – BioLab, SustainLab und XLab –, die mit ihren jeweiligen Schwerpunkten über fünf Tage das Programm der Session gestalteten.
Zur Eröffnung wurde entgegen dem Zeitgefühl der Pandemie ein Collective Uncollapsing erprobt: Durch Begrüßungsworte von Prof. Mareike Gast und durch ein anschließendes körperliches Warm-up mit Yoga-Coach Holm Hänsel richteten wir uns geistig und körperlich auf, um in die Workshop-Woche zu starten. Fünf verschiedene Workshops luden die Studierenden zum Mitmachen und Ausprobieren ein:
Das BioLab tauchte in zwei Kursen in die Welt der Mikroorganismen ein. Im Workshop From Molecular Kitchen to Microbial Materials demonstrierte Johann Bauerfeind, wie man Mikroorganismen immobilisieren und in Materialien einbringen kann, damit sie dort, in Gelpartikeln weitestgehend geschützt von äußeren Einflüssen z.B. für die Produktion von pharmazeutischen Wirkstoffen genutzt werden können.
Der Workshop Digital Slime Molds von Thomas Gibbs führte die Teilnehmenden an die Kultivierung von Schleimpilzen heran und zeigte, wie deren Signale digital verarbeitet werden können.
Der umfangreiche, 5-tägige Workshop Soil Grains, Fuzzy Frames des SustainLab setzte sich, angelehnt an das Lab-Forschungsthema Solum, mit dem Boden als Archiv der Erde auseinander. Wissenschaftler*innen vom Umweltforschungszentrum (UFZ) erklärten, wie Boden aufgebaut ist, und die Designerinnen von Atelier NL zeigten ihren gestalterischen Umgang mit der Materie. Anschließend erläuterte der Künstler Asad Raza sein Verfahren des Artificial Soil Making, mit dem die Studierenden ihren eigenen Boden herstellten.
Im XLab-Workshop Scene One, Take One … Upload erhielten die Teilnehmenden einen Einblick in die kreative Verwendung von Robotern. Simon Maris und Michl Goß vermittelten, wie man einfache Bewegungen programmiert. Anschließend übertrugen sie die Signale an den mit LEDs ausgestatteten Roboterarm und machten die Abläufe über Langzeitbelichtungen sichtbar.
Im Workshop How to Play Nice with Artificial Intelligence: Artist and AI Co-creation experimentierten die Studierenden gemeinsam mit Lia Coleman unter anderem mit dem Large Language Model RunwayML, um Bilder künstlich herzustellen.
Zusätzlich bereicherten öffentliche Vorträge die BURG Session im Frühjahr 2021. Das BioLab hatte mit dem Mikrobiologen Dr. Gérald Thouand und dem anti-disziplinären Künstler und Wissenschaftler Pat Pataranutaporn zwei renommierte Gäste eingeladen. In seinem Vortrag Microbial Biosensors – From the Cells to the Device, sprach Thouand über spezielle Bakterien, die in der Lage sind, chemische Schadstoffe zu detektieren und darauf mit der Aussendung von Lichtsignalen zu reagieren. Aufgabe der Forschenden ist es, diese Signale digital verwertbar zu machen und für die Konstruktion neuartiger Messgeräte anzuwenden.
Pat Pataranutaporn beschrieb in seinem Vortrag Prototyping Futures – Wearable Biotech and Growable Interfaces seine Arbeit im Grenzbereich zwischen Biotechnologie und wearable computing am MIT Media Lab in Cambridge, USA, wo er versucht, biologische und digitale Systeme zusammenzubringen, um Eigenschaften aus beiden Bereichen miteinander zu kombinieren. Basierend auf seiner Neugier für Sci-Fi-Szenarien und Dinosaurier entwickelt er Prototypen, um Fragen im Bereich der Mensch-KI-Interaktion, programmierbarer bio-digitaler Organe oder sogar der Lebensfähigkeit außerhalb der Erdatmosphäre zu stellen und zu diskutieren.
Für das SustainLab beschrieb der Architekt und Forscher Hannes Mayer in seinem Vortrag Stupid Materials, Smart Technologies, wie Lehm auf die Möglichkeiten der digitalen Fabrikation trifft. Seine Forschungsarbeit Rapid Robotic Clay Rotunda am Gramazio Kohler Research Institut der ETH Zürich zeigt, wie mit zylindrischen Modulen aus lokalem Lehm ein ganz neuer Umgang mit geogenen Materialien erprobt wird.
Das XLab hatte Dr. Daniel Leufer zum Gespräch über Human Rights in the Age of AI – The Work of Access Now eingeladen. Hier wurde die Arbeit im Einsatz für digitale Rechte der internationalen Organisation Access Now und anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen zum Thema Künstliche Intelligenz diskutiert. Ein Schwerpunkt lag dabei auf Fragen zur KI-Ethik und zu Risiken für digitale Rechte durch Gesichtserkennung.
Zur BURG-Frühjahrssession 2021 ist eine Dokumentation erschienen. In Form eines Newspapers wurden die Vielfalt des fünftägigen Programms von BioLab, SustainLab und XLab sowie Inhalte und Ergebnisse der digitalen Workshops und Vorträge festgehalten. Das Heft trägt das Motto der Session: collapse collabs colabs. Die Gestaltung stammt von Anton Erdle und Nils Krüger.