Befragung von Benita 

Benita Koch-Otte war von 1925 bis ihr 1933 die Nazis kündigten an der Burg Giebichenstein als Leiterin der Textilklasse tätig. Sie studierte am Bauhaus, wechselte an die Burg als Lehrende, um im Anschluss nach einer kurzen Zeit in Prag in Bethel bei Bielefeld in einer Behinderteneinrichtung zu arbeiten.

Wer war sie? Was machte sie aus? Was dachte sie? Wie arbeitete sie?  Was beschäftigte sie vor der Zeit an der Burg, was danach? Was währenddessen innerhalb und außerhalb des Kornhauses? Wie sah ihr jeweiliger Alltag an den verschiedenen Orten ihres Lebens aus?

Und vor allem: Wie pflegte sie ihre Freund*innenschaften? Was prägte insbesondere ihre Freundinnenschaft zu Gunta Stölzl?

Bei den Befragungen geht es nicht um die künstlerischen Arbeiten von Benita Koch-Otte, sondern um ihre Persönlichkeit. Unterschiedliche Facetten sollen beleuchtet werden – als Gestalterin, als Lehrende, aber vor allem als Frau und Freundin.

Als Koch-Otte und Stölzl 1920 in Krefeld Färben lernten, wurden sie ausgelacht, weil sie Naturfarbstoffe benutzen wollten, es galt dort als altmodisch. Am Bauhaus und wahrscheinlich auch an der Burg webten sie mit Cellophan aus Wolfen, auch als „Agfa-Garn“ bezeichnet, es galt als hypermodern. Diese Spannbreite bezeichnet exemplarisch das Spannungsfeld, in dem sich die beiden befanden und das sie bis zum Tod Koch-Ottes verband.

Im Laufe des Projektes soll aufgrund der Befragungen ein Portrait aus textilen Annäherungen an „die Otte“, wie viele und vor allem Gunta sie genannt haben, entstehen – aus heutiger und ganz persönlicher Sicht.

Für die Recherche starten wir mit Besuchen des Burg-Archivs im Hermes und des Archivs der Staatlichen Sammlungen in Weimar. Zudem gibt es zahlreiche Originalbriefe von Benita an Gunta und Kopien weiterer Korrespondenz u.a. mit anderen ehemaligen Bauhäusler*innen oder Luise Peters, ihrer Kollegin aus Halle und später Bethel. Wir schaffen so ein gemeinsames digitales Archiv mit Materialien von und über Koch-Otte. 

Ende Oktober treffen wir voraussichtlich Monika Stadler, die Tochter von Gunta, die Benita als enge Freundin ihrer Mutter erlebt hat. Im Dezember treffen wir voraussichtlich Bahar Oghalai, Mitautorin von  „Freund*innenschaft - Dreiklang einer politischen Praxis“ für einen Vortrag und eine Zwischenpräsentation.

Gearbeitet wird in allen Techniken und Materialien mit dem Schwerpunkt Farbe und Weberei als Verweis auf Benita, die Stoffe können aber ergänzt und erweitert werden mit allen anderen Technologien. Die Realisation mindestens eines Entwurfes ist bei Egelkraut möglich. Teilnehmer*innen des 3.Studienjahrs sollen eine Kollektion gestalten mit Farbkarte und weiteren definierten Parametern, allen anderen steht die Umsetzung frei.

Im kommenden Semester soll es eine Erweiterung des Portraits in Form einer im Folgeprojekt zu erarbeitenden Rauminstallation geben. Diese wird Teil einer Ausstellung über und zu Benita Koch-Otte im Herbst 26 in der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt, an der auch andere Künstler*innen beteiligt sind.