Forschungsprojekt

Measuring Footprints

Konsum- und Produktionsmuster überblicken

Das Forschungsprojekt Measuring Footprints widmete sich der ökologischen Tragweite von Schuhen. Eine systemische Analyse zum Status quo von Schuhproduktion und -konsum zeigt, was wir eigentlich an den Füßen tragen und wie wir damit umgehen.

Schuhe, unsere alltäglichen Begleiter, haben neben ihrem funktionalen auch einen symbolischen Wert für uns, als Ausdruck von Stil und Individualität. Dennoch bringen wir ihnen und den Materialien, aus denen sie bestehen, nur noch wenig Wertschätzung entgegen, sobald wir sie nicht mehr tragen.

Nüchtern betrachtet sind Schuhe lediglich ein komplexes Gemisch aus verschiedenen Materialien: In ressourcen- und energieintensiven Produktionsprozessen gefertigt, linear genutzt und unwiederbringlich entsorgt. Dieser Umgang mit Materialien ist nicht nur Schuhen zu eigen, sondern trotz eines wachsenden Umweltbewusstseins die Norm in unserer globalisierten Konsumkultur. Damit stehen Schuhe sinnbildlich dafür, wie wir konsumieren. Sie sind Stellvertreterobjekte für unseren Umgang mit Material und Umwelt.

Wie lässt sich dieses Konsum- und Produktionsmuster systematisch erfassen und zu den globalen ökologischen Belastungen ins Verhältnis setzen? Welches sind problematische Verhaltensweisen in unserem Umgang mit Material und Energie, die auf verschiedene Produktgruppen zutreffen?

Im Projekt Measuring Footprints wurde das Produktsystem Schuh aus umweltwissenschaftlicher und gestalterischer Perspektive untersucht. Die Analyse folgte dem gesamten Lebenszyklus – von der Rohstoffgewinnung über Herstellung, Transport, Vertrieb und Nutzung bis hin zu Entsorgung, Wiederverwendung und stofflicher Rückführung. Dabei wird das Produkt – selbst eine komplexe Zusammensetzung von Materialien – in ein vielschichtiges Geflecht aus globalen Produktionsstrukturen, rechtlichen Rahmenbedingungen und diffusen Verantwortlichkeiten eingebunden. Das Projekt machte diese Zusammenhänge sichtbar, indem es Daten sammelte, systematisierte und kontextualisierte – mit dem Ziel, fundierte Grundlagen bereitzustellen, die Designer*innen zur informierten Gestaltung und verantwortungsvollen Entscheidungsfindung befähigen.

Materialwahl und ökologische Fußabdrücke

Schuhe bestehen heute überwiegend aus petrochemischen Materialien. Zwar spielt Leder weiterhin eine Rolle, doch seit dem Aufstieg des Sneakers dominieren synthetische Verbundstoffe, deren Trennung und Rückführung technisch aufwändig und bislang kaum möglich ist. Die Materialwahl wirkt sich nicht nur auf die Reparaturfähigkeit aus, sondern auch auf die Recyclingfähigkeit und somit die Umweltbilanz.

Seit den 1950er Jahren hat sich der globale Schuhkonsum deutlich vom Bevölkerungswachstum entkoppelt. Pro-Kopf-Verbrauch und Materialeinsatz steigen kontinuierlich, begünstigt durch die Verbreitung erdölbasierter Kunststoffe. In den 1990er Jahren beschleunigten sich die Produktionsdynamiken nochmals durch die Auslagerung von Fertigungskapazitäten und die Etablierung digitaler Absatzmodelle. Diese Entwicklung führte zu immer kürzeren Nutzungsphasen, komplexeren Lieferketten und einer strukturellen Entkopplung von Herstellung und Vertrieb. Der damit verbundene globale Transportaufwand verursacht erhebliche Emissionen, die zur Überlastung der Atmosphäre, der terrestrischen und marinen Ökosysteme beitragen.

Kunststoffschuhe sind meist günstig aber technisch komplex aufgebaut. Ihre Reparatur ist selten rentabel, ihre Nutzungsdauer in der Regel kurz. Im Vergleich dazu verlieren hochwertige, reparierbare Lederschuhe zunehmend an Marktanteil. Mit dem Rückgang solcher Produkte verschwindet auch das lokale Reparaturhandwerk – ein Indikator für die kulturellen Verschiebungen im Konsumverhalten. Gleichzeitig bleibt das Recycling problematisch: Die Vielzahl an verklebten Materialien erschwert eine sortenreine Trennung und stoffliche Rückgewinnung.

Vom Status quo zur gestalterischen Verantwortung

Die Analyse macht deutlich, dass die ökologischen Belastungen des Produktsystems Schuh keine bloße Folge einzelner Materialien oder Verhaltensweisen sind. Vielmehr spiegelt sie strukturell verankerte Produktions- und Konsummuster wider. Um diese zu verändern, braucht es mehr als rein technische Lösungen, die globale Lieferketten, politische Rahmenbedingungen, Nutzungskontexte und materielle Alternativen in den Blick nehmen.

Hier setzt das Folgeprojekt Prototyping Footprints an. Es überführt die Erkenntnisse aus Measuring Footprints in eine experimentelle Praxis, in der gestalterische Strategien und konkrete Interventionen erprobt werden – mit dem Ziel, Schuhe nachhaltiger herzustellen, zu tragen und wiederzuverwenden.