Die industrielle Seifenproduktion in Deutschland basiert weiterhin stark auf importierten Rohstoffen, vor allem Palmöl. Regionale Alternativen wie die Rohstoffgewinnung aus Sekundärquellen wie kommunalen Biomüll bieten großes Potenzial. Dieses Projekt befasst sich mit der Nutzung von Yarrowia lipolytica – einer robusten, oleogenen Hefe, die Lipide und andere wertvolle Stoffe durch Biofermentation erzeugt.
Als Ausgangsmaterial dient der flüssige Anteil vom Bioabfall privater Haushalte, der beim Kompostiervorgang in Biotonnen austritt. Diese organisch reichhaltige Substanz eignet sich hervorragend für die mikrobielle Kultivierung. In Deutschland wird flüssiger Bioabfall auf verschiedene Weise verwertet: Rückführung in Kompostieranlagen, Nutzung zur Biogasgewinnung, Behandlung in Kläranlagen oder Verbrennung. Ein Teil kann auch auf Deponien gelangen und dort durch Regen herausgelöst werden und in den Boden gelangen.
Diese Verfahren nutzen das Potenzial der kohlenstoffreichen Flüssigkeiten bestenfalls einmalig zur Energiegewinnung. Ein zirkulärer Ansatz hingegen – technisch und ökonomisch umsetzbar – würde ihre Wiederverwendung in biologischen Prozessen ermöglichen und langfristige Nachhaltigkeitsziele fördern.
Die Biofabrikation ist heute zentraler Bestandteil chemischer Produktionsprozesse: 99 % der globalen Zitronensäure wird durch Fermentation mit Aspergillus niger erzeugt – einem pathogenen Schimmelpilz. Mikroorganismen sind längst Grundpfeiler moderner Fertigung. Y. lipolytica hingegen ist ungiftig, sicher und benötigt keine sterilen Bedingungen. Sie verstoffwechselt verschiedenste Substrate wie Zucker, Fette, Glycerin und landwirtschaftliche Rückstände und produziert Fettsäuren, organische Säuren, Polyole, Terpene, Aromastoffe, Lipasen und weitere Biochemikalien. Ihre Stoffwechselwege sind durch Nährstoffe und Fermentationsbedingungen gezielt steuerbar – ideal für lokal angepasste, zirkuläre Systeme, die Abfall aufwerten und Rohstoffabhängigkeiten verringern.
Der Prozess beginnt mit der Filterung und Fraktionierung der Abfallflüssigkeiten in wässrige und lipidische Phasen. Y. lipolytica kultiviert nutzt beide Fraktionen als Nährboden bzw Substrat und wandelt diese in Fettsäuren und andere Rohstoffe um. Die Fermentation wird auf hohe Ausbeuten optimiert. Die Produkte werden mechanisch durch In-vivo-Separation geerntet – das vereinfacht die Rückgewinnung und reduziert Sterilisationsschritte. Anschließend erfolgt die Reinigung durch Kaltpressung. Für die Verseifung werden die Lipide mit Alkali zu Seife verarbeitet. Weitere Fermentationsprodukte wie Säuren und Aromastoffe können integriert werden, sodass aus einem vollständig mikrobiellen, abfallbasierten Prozess ein Produkt entsteht.
Über die Seifenherstellung hinaus eröffnet Y. lipolytica vielfältige Anwendungen: von Biosurfaktanten und Emulgatoren bis zu Biotreibstoffen und Spezialchemikalien. Ihre Vielseitigkeit macht sie zur Schlüsselfigur der zirkulären Chemie, bei der regionale Rohstoffe die Produktionspfade aktiv mitgestalten.
Die Verbindung aus Biotechnologie und Abfallwirtschaft zeigt einen skalierbaren, ökologisch sinnvollen Weg jenseits konventioneller Industrie. Sie ersetzt nicht nur importierte Rohstoffe durch lokale Abfälle, sondern definiert die Wertschöpfungskette neu – vom Haushaltsabfall zu hochwertigen Biochemikalien.