Ein Tiny House, zwei Künstlerinnen, drei Wochen: Die erste Paludikultur-Residenz bei Greifswald ist gestartet

Erstmals ermöglichen das Greifswald Moor Centrum und die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle zwei Burg-Absolventinnen in diesem Sommer eine Paludikultur-Residenz. Die Residenz soll eine künstlerische oder gestalterische Interpretation des Themas Paludikultur ermöglichen. Dabei liefern Wohnen und Umgebung Inspiration.

Tiny House, Residenz, Foto: Vreni Knödler

Die von einer siebenköpfigen Fachjury ausgewählten Stipendiatinnen Vreni Knödler und Lisa-Marie Quester leben während des dreiwöchigen Aufenthalts in einem restaurierten Küstenüberflutungsmoor vor den Toren Greifswalds in einem  mobilen Tiny House, erbaut aus Paludikultur-Baumaterialien. Als erste Stipendiatin ist die Kommunikationsdesignerin Vreni Knödler am 17. August 2020 eingezogen. 

„Die Landschaft, die Wettereinflüsse, die Einfachheit des Tiny House ohne Internet und die Zeit, die für das Thema zur Verfügung steht, ermöglichen ein ganz anderes Arbeiten als im auf Effizienz ausgelegten Alltag. Der Ort ist einfach ein Privileg!“ sagt Vreni Knödler, die erste Residenzlerin. Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben schon während ihres Studiums eine Rolle gespielt, nun kann die Designerin in Bezug auf Moore und deren nachhaltige Nutzung dazu bis zum 5. September 2020 kreativ sein. Vor Ort sammelt sie dafür Material – Fotos, Pflanzen und Wissen. Besonders der Dialog mit den Wissenschaftler*innen des Greifswald Moor Centrums ist ihr dabei wichtig. Die zweite Paludikultur-Residenz absolviert die Künstlerin und Burg-Alumna der Textilen Künste, Lisa-Marie Quester, ab dem 6. September 2020.


Über Paludikultur und die Residenz
Moore nehmen nur 3 Prozent der Landfläche der Erde ein, enthalten aber in ihren Torfen – mit 500 Gigatonnen – zweimal mehr Kohlenstoff als die gesamte Biomasse aller Wälder der Erde. Werden Moore jedoch entwässert, zum Beispiel für großflächige Landwirtschaft, setzen sie extreme Mengen an klimaschädlichem Kohlendioxid frei. In Deutschland sind entwässerte Moore für über 5 Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Die Lösung: die Wiedervernässung von Mooren und ihre innovative nachhaltige Nutzung beispielsweise durch den Anbau von Rohrkolben, Schilf oder Torfmoosen. Die Paludikultur-Residenzen des Greifswald Moor Centrums und der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle fördern eine künstlerische oder gestalterische Interpretation dieser komplexen ökologischen Zusammenhänge. Die Ergebnisse des Aufenthalts sollen helfen, den gesellschaftlichen Dialog zu beflügeln und Moore in eine zutreffende und aktuelle Wahrnehmung zu rücken.
 

Das Paludikultur Tiny House
Das Paludikultur Tiny House steht für eine Auseinandersetzung mit der Küstenlandschaft, ihren Mooren und deren Ressourcen für den Menschen. Der begrenzte Raum steht auch für eine (klima-)bewusste Lebens- und Verhaltensweise, für einen geringen Ressourcenverbrauch und regionale nachwachsende Rohstoffe, die sich nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip in eine Kreislaufwirtschaft einfügen. Das mobile Haus verwendet zum Beispiel den Bau- und Dämmstoff „Typha-board“ aus Rohrkolben, sowie Dämmplatten aus Gras und Einblasdämmung aus Rohrkolben.