Nadine Fischer

HAUCH
Examensprüfungprüfung WS 2014/15

Nadine Fischer, Skizze: Blumenblüten, 2015.

Nadine Fischer, Skizze: Blumenblüten, 2015.

Anhand der Frage nach dem Motiv kann verdeutlicht werden, inwieweit der Landschaftsbegriff von Anfang an gedacht wird. Es wird schnell klar, dass es nicht um eine mimetische Nachahmung von landschaftlichen Räumen geht, sondern vielmehr um die Darstellung von Erinnerung und Wahrnehmungen in/mit Landschaft. 

Somit tendiert die künstlerische Auseinandersetzung zur Konservierung von authentischen Momenten der Landschaftsbegegnungen, wodurch gleichzeitig eine Absage an die Zuhilfenahme von Fotodokumenten stattfindet.

Die Ölfarbe haftet lasierend auf dem Papierträger und wirkt annähernd wie ein Aquarell. Zarte Farbtöne bilden den Kontrast zum satten Auftrag. Leise Himmel stehen neben schroffer Meeresküste. Ein Sog entsteht, der den Rezipienten scheinbar in das Bild zieht. Er/sie kann kaum widerstehen. 

Der Malauftrag kommt sehr gestig daher, indem rhythmische Bewegungen den Malstil Turners und Twomblys tangieren. Ich spiele dabei mit dem Grad der Abstraktion und frage mich, ob und wie Landschaft vom Betrachter identifiziert werden kann/muss. Meine Intention, dass der Betrachter gleichsam einen Teil der Arbeit ausmacht, wird immer stärker. Er/sie soll meine zurückliegende Wahrnehmung in dieser Landschaft über das Medium der Malerei nachspüren können.

In der weiteren Ausstellungschronologie tritt eine Arbeitsskizze als Erklärungsmodell für die Aufrechterhaltung der künstlerischen Arbeit hervor. Es handelt sich lediglich um eine Arbeitsskizze. Auf einem weißen Sockel sind getrocknete duftende Blütenblätter vereint. Sie reichen von Weiß- bis hin zu kräftigen Rottönen und können ein sinnliches Erlebnis hervorrufen. Gleichzeitig präsentieren sie das Geheimnis, wie ich in das künstlerische Arbeiten komme. So brauche ich dabei stets einen realen Bezugspunkt, hier die Blüten, um im Atelier den Erinnerungsmoment zum jeweiligen Landschaftsort zu triggern. 

Was ist der dazwischenliegende Raum? Eine Suche nach einer Klärung leitet die neue Arbeitsphase ein. Im kunstdidaktischen Gestus entsteht dabei das dringliche Bedürfnis nach einem sinnbildlichen Erklärungsmodell für mich und auch für den Rezipienten. Es ist eine Annäherung, das Unaussprechliche zu modellieren und mit diesem Material dann weiterzuarbeiten. Die theoretischen Einflüsse sind dabei nicht unwesentlich und vor allem durch Martin Seels „Ethisch-ästhetische Studien“ und Michel Foucaults „Heterotopien“ zu benennen. 

Ich gehe von einer Art Filter aus, welcher den Raum zwischen mir und der mich umgebenden Landschaft bestimmt. Dieser Filter ist nicht universell zu beschreiben, sondern sehr vielschichtig. Ich kann ihn determinieren, sozusagen verändern. Er kann zum Beispiel architektonische Begebenheiten, Farben, Bewegungen, Geräusche und Düfte gewissermaßen filtrieren. Somit entsteht in der weiteren Verarbeitung ein filtriertes Abbild von Landschaft. 

Die Kuration der folgenden Arbeit greift bewusst den Aspekt des Filters auf, indem die Malerei nahezu schwebt und den Charakter der Leichtigkeit sowie Durchsichtigkeit verkörpert. Sie ist mit dünnen Fäden und etwas Abstand zur Wand befestigt. In diesem Sinne ist die Malerei nicht nur zweidimensional zu begreifen, sondern als objekthafte Malerei. Die Art und Weise der Hängung unterstützt die Auffassung von Raum als etwas Dazwischenliegendes. 

Die objekthafte Malerei leitet den Übergang zur vorliegenden Videoarbeit ein, welche den aktuellen Stand meiner künstlerischen Auseinandersetzung darstellt. Im Video ist die naturalistische Aufnahme von Waldlandschaft zu sehen, die durch ein surreales Moment gebrochen wird. Dieser Moment ist eine durchsichtige, aber dennoch sichtbare Schicht, welche durch das Bild flattert und das Dahinterliegende verzerrt und neu interpretiert. Es ist der Versuch, einen Filter ganz konkret auf einen landschaftlichen Fokus anzuwenden und somit meine These des Zwischenraumes von Betrachter und Landschaft nachzuspielen. Die künstlerische Arbeit verknüpft sich hier mit dem Anspruch, kunstdidaktisch zu handeln, da eine vermittlerische Situation geschaffen wird. 

Es entwickelt sich mit Rückblick auf den künstlerischen Prozess eine Hermeneutik, die aufbauend auf der Erfahrung in/mit Landschaft neue Ansatzpunkte zur Beschreibung von Landschaft mit sich bringt.

(Auszug aus der freien Rede zur künstlerischen Entwicklung und Sichtweise)