Warum wir Design dekolonisieren müssen

Die Zeit des Kolonialismus ist formell längst vorüber. Doch das, was der peruanische Soziologe Aníbal Quijano als ›Kolonialität‹ bezeichnet, ist noch immer präsent: die strukturelle Reproduktion von kolonialen Machtverhältnissen und Denkmustern. Sie haben die imperiale Herrschaft überdauert und prägen bis heute soziale Ordnungen, unser Denken und Wahrnehmen – und das gilt auch für das Design.

In diesem Seminar wollen wir gemeinsam analysieren, wo und wie die Kolonialität des Designs noch immer sichtbar wird. Dafür gehen wir der Frage nach, inwiefern Praxis und Wissenskultur des Designs kolonial imprägniert sind und durch welche Designdogmen, Theoreme, Texte, Methoden aber auch Stile Kolonialität aufrechterhalten wird.

Zu Beginn der Kompaktwoche setzen wir uns mit den theoretischen Grundlagen des lateinamerikanischen Diskurses zur Dekolonisierung auseinander, um ein präzises begriffliches Instrumentarium für den Rest der Woche zu haben. Es wird geklärt was ›Kolonialismus‹, ›Kolonialität‹, ›Post-‹‚ und ›Dekolonialismus‹ bedeuten, und wer die jeweiligen Begrifflichkeiten prägte. Darauf aufbauend widmen wir uns dem Design des ausgehenden 19. und 20. Jahrhunderts. Wir befassen uns mit der Völkerschau der ersten Weltausstellung 1951 in London, analysieren Adolf Loos rassistische Schrift Ornament und Verbrechen und überprüfen, was die sie für einflussreiche Designströmungen wie den Funktionalismus bedeutet. Wir setzen uns aber auch mit dem Exotismus am Bauhaus auseinander, mit dem Buch Design for the Real World von Victor Papanek und dem Neokolonialismus, der durch Social Design perpetuiert wird.

Abschließend verschaffen wir uns einen Überblick über gegenwärtige Publikationen und Forschungsplattformen zum Thema, damit die Teilnehmer*innen des Seminars auch über die Veranstaltung hinaus ihre Kenntnisse zum Thema vertiefen können, wenn sie möchten.

Es sei darauf hingewiesen, dass einige der Inhalte, die wir untersuchen werden, explizit rassistisch sind. Die Veranstaltungen werden jedoch in einer Atmosphäre gegenseitigen Respekts und größtmöglicher Sensibilität stattfinden. Das Seminar wird im Dezember während der Kompaktwoche stattfinden. Es wird die Bereitschaft vorausgesetzt, sich schon während des Semesters darauf vorzubereiten. Ein Vorbereitungstreffen wird Anfang des Semesters per Mail vereinbart.