Collectio Mapparum – Eine mentale Kartierung

Diplom von Luise Ritter im Fachbereich Bild/Raum/Objekt/Glas

Mappa Mundi . 2013/2014 . Papier, Bleistift, Wellpappe, MDF, Acrylglas, Schrauben . 210 x 240 x 200 cm

Die Werkreihe „Collectio Mapparum – Eine mentale Kartierung“ untersucht innere Bilder von Orten und Wegen. Ich habe den Versuch unternommen, alle Orte, an die ich mich erinnern kann, aufzuzeichnen. Dabei ergaben sich einige Fragen: Wie funktioniert räumliche Wahrnehmung? Wie werden Informationen über die räumliche Umwelt im Gehirn gespeichert? In welcher Form wäre eine Darstellung dieser Informationen möglich?

Innere Bilder der Umgebung werden in der psychologischen und geografischen Forschung als kognitive Karten bezeichnet. Die Gestalt der kognitiven Karte eines Menschen hängt unter anderem von der Ausprägung seiner Ortskenntnis ab. Dabei muss diese Karte nicht unbedingt eine landkartenähnliche Struktur besitzen, sondern könnte auch eine Anordnung verschiedener Töne oder Gerüche sein.

Für den Versuch, meine annähernd vollständige innere Karte zu konstruieren, ergab sich die Idee eines gedanklichen Raumgebildes. Die Arbeit „Mappa Mundi“ ist ein begehbares Objekt, das ich nach dieser Vorstellung der gedanklichen Sphäre gebaut habe. Die Form des Objektes entstand aus der Anordnung und Strukturierung meiner inneren Bilder der Orte. Jeder Ort ist an einem festen Platz in der Sphäre verzeichnet.

Einen weiteren Teil der Werkreihe bilden Zeichnungen, die als Ausschnitte aus diesem Ortsgedächtnis zu verstehen sind: Bei der dreiteiligen Arbeit „Nuova Pianta di Roma“ handelt es sich um einen Stadtplan, den ich nach einem einjährigen Aufenthalt auf Grundlage meiner inneren Bilder von Rom angefertigt habe. „Jahresausstellung 2014“ , „Lichthaus“ und „Fusion“ zeigen in detaillierter Form den Aufbau vergangener Ausstellungen sowie den eines Festivalgeländes. Die Zeichnung „Plan Halle“ überprüft meine Kenntnisse über das Netz der hallenser Straßen. In der Gemeinschaftsarbeit „Kittendorf“ rekonstruierten meine Schwester Johanne und ich den Plan einer lange nicht besuchten Gegend in Form eines zeichnerischen Gesprächs.

Als vertiefende Ergänzung und Orientierungshilfe für die Werkreihe „Collectio Mapparum – Eine mentale Kartierung“ dient der gleichnamige Faltplan im praktischen Schutzumschlag.

 Auszüge:

 „Das gedankliche Wandern bereitet mir große Freude. Während ich die Orte, an denen ich gewesen bin, zeichne, befinde ich mich tatsächlich dort. Für mich ist dieser Prozess nicht nur ein Erinnern, sondern eine tatsächliches Erleben von Orten. Gelegentlich taucht etwas Vergessenes beim Zeichnen wieder auf. “

 „Ich betrachte die Dinge in meiner Vorstellung aus verschiedenen Positionen. Jedes Objekt wird dann in seiner eigenen passenden Perspektive gezeichnet. Zum Beispiel auch von innen heraus.“

 „Verlassen wir uns zu sehr auf unseren Sehsinn? Ist hinter der Tür überhaupt ein Durchgang? Wie wäre es, einen Röntgenblick zu haben? Bist du ein visueller Typ? (…)Wie schafft es das Gehirn, aus zwei Bildern eines zu machen? (…)Ab wann ist das Auge überreizt? Sehe ich dann nur noch weißes Rauschen? (…) Kann man auch mit geschlossenen Augen sehen? Ist das, was ich da sehe, die Vorstellungswelt? Heißt dieses Sehen dann Erinnern? Habe ich das nicht irgendwo schon einmal gesehen? Kannst du es vor deinem inneren Auge sehen? Was soll das innere Auge sein? (…) Wann können wir uns wiedersehen? Hast du meine Brille gesehen? Kann man das Sehen zeichnen? Ist der Bleistift eine Sehhilfe? Geht es beim Zeichnen wirklich um das genaue Hinsehen? Heißt Zeichnen, die Dinge auf das Wesentliche zu abstrahieren? Gelingt das, wenn ich etwas für kurze Zeit gesehen habe? Hat mein Auge dann schon das Wesen erfasst und im Gedächtnis gespeichert? (…) Ist Zeichnen immer erinnertes Zeichnen? Lässt sich eine Erinnerung besser mit einer Zeichnung als mit Worten beschreiben? Sind Bilder besser als Worte? Können Sie den rosa Elefanten jetzt sehen?“

 

Kontakt:  lulauri(at)gmx.de