EX2 ein Rucksack bedruckt mit von Textilabwässern gefärbtem Chitosan
EX
Filtered-Reused-Recycled
– Lena Muri –
EX ist ein Rucksack, der Abwässer reinigt, Material spart und vollständig recycelbar ist.
Möglich wird das durch die einzigartige Kaskadennutzung des Biokunststoffes Chitosan. Das für EX verwendete Chitosan wird lokal aus den Exuvien und Exoskeletten von Insekten gewonnen. In dem Konzept EX wird das Chitosan zunächst eingesetzt, um Färbeabwässer der Textilindustrie zu reinigen, denn es hat die Fähigkeit, kleinste Farbpartikel zu binden. Das nun farbige Chitosan wird anschließend für die Herstellung des Rucksacks eingesetzt: Schnitt- und Funktionselemente werden aus Chitosan auf das Baumwolltextil aufgedruckt. Das Chitosan verbindet die textilen Schichten aufgrund seiner stabilisierenden und klebenden Eigenschaften nahtlos. Am Ende seines Lebenszyklus kann der gesamte Rucksack zerkleinert und zu einem neuen Textil verarbeitet werden.
Kreislaufsystem von EX
Chitosan-Aufdruck mittels eines 3D Druckers
Kleben des Rucksackes durch Anlösen des aufgetragenen Chitosans
Materialkomponenten des Rucksacks (v. links: Baumwollcanvas, Chitosan, Baumwollträger, Reißverschluss)
EX ist die prototypische Erarbeitung einer Materialauseinandersetzung mit Chitosan in der Textilbranche.
Chitosan ist ein Biokunststoff, der aus den Exoskeletten von Krustentieren und Insekten oder aus Pilzen gewonnen werden kann. Das Material hat durch seine positive Ladung die Eigenschaft kleinste Farbpartikel aus dem textilen Färbeabwasser zu binden. Daher wird er bereits als Bindemittel für Färbeabwässer erforscht. In derzeitigen Wasseraufbereitungsprozessen werden allerdings alle Färbebecken gemischt und erst im Nachgang gefiltert. Dadurch werden Farbstoffe sowie Bindemittel zu einem Abfallprodukt bzw. Klärschlamm. Das Konzept von EX setzt hier früher an, um sowohl Farbstoffe als auch Bindemittel wiederzuverwenden. Hierfür wird ein Chitosanfilter direkt nach einem Färbebad eingesetzt. Der Filter zieht Farbstoffreste aus dem Wasser und reinigt das Abwasser vor. Somit wird im Nachgang die Bildung von Klärschlamm reduziert. Das Chitosan aus dem Filter hat nun die Farbstoffe aus dem Färbebecken angenommen. Im nächsten Schritt wird das gefärbte Chitosan mit Hilfe von Essigsäure gelöst und als Druckmasse auf Textil aufgetragen.
In der Kombination mit Textil hat Chitosan stabilisierende und klebende Eigenschaften. Bei EX wurden der Schnitt und diverse Funktionselemente aufgedruckt. Funktionselemente umfassen stabilisierende Seiten- und Bodenflächen, Verstärkungen am Reißverschluss, Rückenpolster und Trägerhalterungen. Die Rückenpolster wurden auf der linken Stoffseite aufgedruckt. Chitosan wölbt sich dann beim Trocknen und erzeugt Erhöhungen im Stoff, die als Rückenpolster zum Einsatz kommen. Außerdem wird das Ausfransen des Baumwollstoffes durch den Aufdruck vermieden. Nähte können durch das Anlösen von Chitosan geschlossen werden. Durch die Nicht-Ausfransen- und Klebeeigenschaften entstehen nahtlose Verbindungen.
Für den Prototypenbau wurde ein 3D-Drucker verwendet, um die Elemente aufzudrucken. In einem industriellen Prozess ist es vorstellbar, dass der Aufdruck mittels eines Siebdruckverfahrens vollzogen wird.
Um Stabilität in einem Rucksack zu bekommen, werden meist Materialien aus Kunststoff oder Kunststoffbeschichtungen verwendet. Hinzu kommen Materialien für Rückenpolster, Befestigungen von Trägern und Garne für Nähte. Durch den Aufdruck der Funktionselemente und das Zusammenkleben der Nähte mit dem gefärbten Chitosan, können mindestens die oben genannten Materialien eingespart werden. Außerdem erleichtert es das Trennen oder Recyceln des Rucksacks am Ende des Lebenszyklus.
Zum Recyclen des Rucksackes werden Träger und Reißverschlüsse von dem Textil gelöst und können gegebenenfalls wiederverwendet werden. Der restliche Stoff wird zu feinen Fasern zerkleinert. Anschließend wird der Chitosandruck mittels des Zusatzes von Essigsäure gelöst. So werden die Klebeeigenschaften von Chitosan wieder aktiviert und das Chitosan bindet die zerkleinerten Fasern zusammen. So entsteht ein neues Textil oder Vlies, das im Anschluss als Futter in einem neuen Rucksack verwendet wird.
Zusammengefasst wird durch den Biokunststoff Chitosan textiles Färbeabwasser gereinigt, Farbstoffe recycelt und gibt wie einst das Exoskelett bei Krustentieren oder Insekten einem zuvor weichen Textil eine Form.
entstanden im Projekt The Insect Project – Resilience Part I
entstanden im Projekt The Insect Project – Resilience Part I