Author: Paula Schinkel
Das Ephemere
Semesterprojekt
Komplexes Gestalten, Wintersemester 2019/2020
bei Prof. Vincenz Warnke und MA Moritz Schauerhammer
ab 3. Studienjahr Bachelor, ab 1. Studienjahr Master
In diesem Semesterprojekt war unser Vorhaben, das Ephemere – das Temporäre, Flüchtige und Vergängliche – an der Schnittstelle von Kunst und Design vertiefend zu untersuchen, um dessen Potenzial und Wirksamkeit als gestalterisches Ausdrucksmittel näher zu erschließen und auszubauen.
Hierbei standen u.a. folgende Aspekte im Fokus einer näheren Betrachtung: Wasser, Wind, Wolken, Nebel, Geruch, Rauch, Schaum, Licht, Schatten, Staub, Schimmel, Verwittern, Vergilben, Verblassen, Verblühen, Verkohlen, Zerschmelzen...
Nach einer sehr „flüchtigen“ Recherche- und Experimentierphase galt es im Anschluss ein Objekt oder eine Installation in einem der oben genannten Themenfeldern oder einem selbst gewählten Gestaltungsbereich zu entwickeln.
Jährlich werden allein in Deutschland über 90 Mio. Sprühlackdosen produziert, Tendenz steigend. Das Weißblech besitzt mit 93% eine gute Recyclingquote, doch die Entsorgung von Sprühdosen des privaten Gebrauchs ist nicht genau definiert. Einfach „restentleert“ in der gelben Tonne entsorgen oder doch als Sondermüll auf den Wertstoffhof bringen? Das Treibgas der Lacksprühdose ist ein Gemisch aus Butan und Propan und somit ein fossiler Brennstoff. Tritt das Treibgas in die Atmosphäre aus, entstehen schädliche „flüchtige organische Verbindungen“. Wird es jedoch verbrannt, entsteht weniger schädliches CO2. Die Versuchsanordnung zeigt eine Möglichkeit auf, das in einer leeren Aerosoldose vorhandene Treibgas zu entnehmen und zu verwerten. Das Gas entweicht aufgrund einer Druckdifferenz aus der Dose, wird in einem Tank gesammelt und unter Druck verflüssigt. Das Flüssiggas wird in die Flasche geschoben und kann dort gespeichert werden. Anschließend kann es verbrannt werden.
Titel: shape shifter
Author und Foto: Felix Schipp
Ambo verhandelt die Konnotation der Begriffe “ephemer” und “permanent” und stellt ihre Zuordnung infrage. Durch die Umkehrung der permanenten und ephemeren Eigenschaften von Legosteinen, wird die Mehrdeutigkeit, die allen Dingen innewohnt, verdeutlicht. Der ehemals ephemere Prozess des Auseinandernehmens und wieder Zusammensetzens, wird in einer permanenten Momentaufnahme gebannt. Die einst permanente Form der Steine, ihre Geradlinigkeit, verwandeln sich in organische, fragile Skulpturen. Das Bekannte wird zum Unbekannten, die Legosteine verwandeln sich in ihr Gegenteil. So wird die zuvor eindeutige Konnotation ambivalent und bestehende Annahmen werden kritisch reflektiert. Die Auseinandersetzung mit den Begriffen ephemer und permanent beginnt und Fragen entstehen. Welche Dinge sind permanent, welche ephemer? Wo würde ein wenig Permanenz guttun, wo ein wenig Vergänglichkeit? Ist nicht alles ein wenig ephemer?
Titel: Ambo
Author und Foto: Max Beckmann
Fast Furniture ist genau wie in der Fast Fashion ein ökologisches Problem. Aufgrund der Materialvielfalt der meisten Polstermöbel und Matratzen wird nur ein geringer Prozentsatz rezykliert. Mit “The Fast and the Furniture” habe ich mich diesem Problem gewidmet und eine kreislauffähiges Verfahren entwickelt, indem sich der komplette Korpus inklusive Polsterung aus Papier in einem Prozess herstellen lässt. Entstanden ist ein 1:1 Modell eines Hockers, der sich mit der entwickelten Struktur aus Papier aufbaut. Zudem ist noch ein Entwurf eines Sofas entstanden, der sich an einem Stück in einem Prozess herstellen lässt. Diesen Entwurf ermöglichte ein eigens geschriebener Code, welcher in Grasshopper eingefügt wurde und es möglich macht, dass sich diese Struktur an jede Form anpasst.
Titel: The fast and the furniture
Author und Foto: Fabian Hütter
vitrum9 ist eine Leuchte im Wandel der Wetterkapriolen. Die Leuchte vereint das Material Glas mit einer traditionellen Methode der Wetterbestimmung. Das Glas wurde am Zweigasbrenner geschmolzen und in der Hitze geformt. Jeder der Glaskörper ist durch die prozesshafte und manuelle Herstellung absolut einzigartig in seiner Form. Die mundgeblasenen Glaswolken sind gefüllt mit einer chemischen Tinktur. Dadurch werden die Glaswolken zu sogenannten Sturmgläsern. In diesen Gläsern wachsen auf scheinbar magische Art und Weise der Kristallstrukturen, die sich ebenso schnell wieder lösen. Die Sturmgläser unterliegen einem ständigem Wandel. Das Licht übersetzt diese Veränderungen in vorübergehende Lichtstimmungen, die die Transformation nicht nur optisch, sondern auch atmosphärisch erfahrbar machen. Dadurch findet eine Umnutzung eines meteorologischen Instrumentes hin zu einer funktionalen Leuchte statt.
Titel: vitrum9
Author und Foto: Hannah Kanneberg
Unsere Erinnerungen sind formbar. Es gibt keine identifizierbare Wahrheit; wir ändern sie ständig auf der Grundlage unseres gegenwärtigen Zustands. Trotzdem beeinflussen uns unsere Erinnerungen sehr. Der Akt des Erinnerns ist der des Imaginierens, des Rekonstruierens. Unser Gedächtnis ist kein gut sortierter Aktenschrank in dem Erinnerungen darauf warten genau wieder abgerufen zu werden. Stattdessen verändern, verzerren und beeinflussen wir unsere Erinnerungen oder erfinden sie ganz und gar neu. Wir erinnern und erleben Vergangenes nur bruchstückhaft und aus der Sicht der subjektiven und sich stets verändernden Gegenwart. Fragmentarisches Erinnern ist das bruchstückhafte Erinnern an nur einen kurzen Moment dessen was wir erlebt haben. Fragmentarische Erinnerungsmomente treten vor allem dann auf wenn das vermeintlich Vergessene durch einen Trigger wiederbelebt wird. Das können Gerüche, Geräusche aber auch haptische wie optische Trigger sein. Wir meinen also anhand von Fragmenten Dinge zu erinnern die unser Verstand teilweise unabhängig vom Gedächtnis erzeugt.
Titel: soweit ich mich erinnern kann
Author und Foto: Mathis Hosemann
Wer möchte denn schon das der verschenkte Gutschein wirklich eingelöst wird? Gut, dann lass es uns zu Papier bringen... Eine bekannte Floskel um etwas für immer festzuhalten. Ein Stift, stellt diesen Prozess auf den Kopf und lässt das handgeschriebene Wort verschwinden. Mit dieser Tatsache lässt sich sehr gut fantasieren oder auch philosophieren, in welchen Situationen es sinnvoll wäre oder in welchen es vielleicht sogar Unmut auslöst. Zum veranschaulichen habe ich zwei Beispiele gewählt. Zum einen möchte ich darauf aufmerksam machen, dass es möglich ist, nicht auf die haptische Erfahrung von Tinte und Papier zu verzichten, um einen Block wieder und wieder zu benutzen. Und um die Quelle der Idee zu zelebrieren, wollte ich unbedingt auch einen Gutschein gestalten. Denn sind wir doch mal ehrlich... Wer möchte denn schon das der verschenkte Gutschein wirklich eingelöst wird?
Titel: Ebbing
Author und Foto: Luis Schlicht
Mutandum mutat ist ein Projekt, das sich mit Veränderung auseinandersetzt. Heraklit sagte bereits im fünften Jahrhundert vor Christus: „Es ist unmöglich zweimal in denselben Fluss hineinzusteigen und eine vergängliche Substanz im gleichen Zustand zweimal zu berühren“. Alles wandelt sich ständig. Warum fällt es uns also oft schwer zu akzeptieren, dass Dinge mit der Zeit ihr Aussehen verändern und Zeichen des „Alterns“ zeigen? Warum sehen wir es also oft als negativ, wenn Dinge mit der Zeit Spuren bekommen? Kupfer oxidiert im Kontakt mit Sauerstoff und durch Berührung und zeigt dabei Spuren des Zeitvergehens. Da die Schiebetüren ohne Griff sind, muss man zum Öffnen des Schrankes die Hand darauf legen und dabei verändert man die Oberfläche der Türen. Die offenporigen Flächen der Türen oxidieren schneller, wodurch das Muster immer deutlicher hervorsticht. Das Ziel des Projekts ist es zu vermitteln, dass Zeichen der Zeit nicht versteckt oder vermieden werden müssen, sondern einen Mehrwert darstellen.
Titel: Mutandum Mutat
Author und Foto: Maria Tagliabue
Im Herbst liegt viel Laub auf den Straßen und muss mit hohen Kosten entfernt werden. Sonst besteht Rutschgefahr und stört das Stadtbild.Feger_innen können Laub sammeln und bei Annahmestellen der Organisation abgeben und bekommen dafür Geld. Diese Orte sind mit einem Stadtcafé organisiert und Treffpunkt für Feger_innen und Bürger_innen. Die Kooperation mit den Stadtwerken ermöglicht die weiter Verarbeitung des Laubs. Diese stellen Pflanztöpfe her und liefern diese an Blumengeschäfte und Baumärkte. Der Kaufpreis der Töpfe deckt die Kosten für Personal, Maschinen, Entwicklung und Vertrieb und unterstützt die Community. Die Pflanztöpfe sind gelabelt und regional. Sie können direkt in die Erde getopft werden, weil sie biologisch abbaubar sind.
Titel: Feger_Innen Organisation
Author und Foto: Fridolin Richter
Das Projekt stellt sich die Frage, wie sich die Flüchtigkeit von Emotionen und Gemütszuständen sichtbar machen lassen. Denn erst bei dem Versuch einen flüchtigen Moment festzuhalten, wird einem bewusst wie kurzlebig diese Zustände sind und ob man überhaupt den einen Zustand definieren kann. states of mind beschäftigt sich mit dem Festhalten solcher Zustände und der Visualisierung dieser stetigen Veränderung. Es sind drei Ringe aus Silber entstanden. Durch intuitives, unbewusstes Drücken, Kratzen und Verbiegen werden verschiedenen Stimmungen wie z.B. Nervosität, Vorfreude oder Langeweile auf den Ring übertragen, den man ständig an der Hand trägt. Die Ringe sind aus reinem Silberblech gefertigt und sind in Lamellen übereinander geschichtet, denn durch diese Anordnung und die Materialeigenschaften des Silbers lassen sich die Ringe leicht verformen. Je mehr Kraft auf das Silber ausgeübt wird, desto stärker verhärtet es sich. Es ensteht also eine Art Momentaufnahme, bzw. eine Langzeitbelichtung des Gemütszustands des Träger/in. Ein sich immer verändernder Zustand wird so festgehalten und dabei entstehen aus drei Grundringen neue Formen, die die Spuren der Emotionen zeigen und diesen eine Körperlichkeit geben.
Titel: state of mind
Author und Foto: Wayra Aguilar
The ephemeral mark is a compression element of the outfit that leaves temporary graphics on the skin. The subject was created after observing the need for many people to change the appearance. The ephemeral mark gives the opportunity to change the appearance for a short while and the change is reversible. The project has a pump to inject air. Thanks to this it is possible to obtain propercompression depending on the user‘s needs. The product was made of Polyester-Microfibers fabric, on which the 3D Willowflex print was placed. On the other turquoise fabric with the addition of elastane, a flock print was applied. Thanks to the velcro sewn in the graphics can be easily changed. The product is easy to done and also to use. In addition, the product can be applied to every part of the body, depending on where you want to place the temporary tattoo. Perhaps the project will set new trends in tattooing.
Titel: ephemeral tattoo
Author und Foto: Weronika Walenciak
Diese analoge Fotografie aller ProjektteilnehmerInnen stellt mit ihrer manipulierten Lichtaktivität die Ephemerität des Moments dar. Die lichtaktiven Abbildungen zeigen bald nur noch Weißraum. Das Foto wurde mit einer selbstgebauten Kamera aufgenommen und zeigt das Motiv nach einem, drei und zehn Tagen Nachbelichtung.
Fotografie: Fridolin Richter
Projektpräsentation
Fotos: Prof. Vincenz Warnke