KOMPLIZ*INNEN

Im April 2021 haben wir uns kritisch mit der Design-Disziplin und der Lehre an Designhochschulen auseinander gesetzt. Wir haben uns über emanzipatorische Zugänge zur Designlehre und kritische Potentiale innerhalb des Studiums ausgetauscht sowie kollektive Gestaltungsprozesse ausprobiert. Einige der Beiträge gibt es hier noch einmal zum Nachhören.

Nacherzählung

Es gab unterschiedliche Möglichkeiten die Inhalte der Versammlung aufzunehmen und an den Auseinandersetzungen teilzuhaben, ob mit dem Ohr am Radio, über Posts im Chat, in digitalen Gesprächen und Arbeitsgruppen oder innerhalb von Banden, die in Küchen und WG-Zimmern zusammen kamen.

Es war uns ein Anliegen die Inhalte des Symposiums zugänglich zu verbreiten: Eine Teilnahme sollte auch möglich sein für Menschen, die Care-Arbeit übernehmen müssen oder deren Lebenssituation aus anderen Gründen eine Vollzeit-Teilnahme nicht möglich machte. Oder für Teilnehmer*innen, die sich zwar interessierten, sich aber lieber beobachtend im Hintergrund bewegten und dadurch ihre volle Kompliz*innenschaft erwiesen.

Donnerstag

Am Donnerstagabend wurde das Symposium digital eröffnet:
Anja Neidhardt, Mayar El Bakry und Gabriela Aquije Zegarra luden uns digital zu sich nach Hause ein und wählten ihre Küchen als Ausgangspunkt für ein Gespräch über Orte des Carings. Sie kochten dezentral und doch gemeinsam und tauschten sich über Formen des Sorgetragens, Erinnerungen an Küchengespräche und Erfahrungen mit der eigenen Gestaltungsarbeit aus. Die Einladung an die Teilnehmer*innen war, nicht nur dem Gespräch zu zuhören, sondern zu Hause mit zu kochen und eigene Eindrücke zu teilen.
 
Während dem anschließenden Essen durften wir der Dinner Speech von Anja Neidhardt folgen, die uns in die Designgeschichte der Küche mitnahm und den  unterschiedlichen Konzepten und Modellen der Gestaltung im vergangenen Jahrhundert nachgegangen ist. Die Küche als Ort der Hausarbeit von Frauen*, aber auch als Raum des Rückzugs, Austauschs und des feministischen Widerstands gegen die unterdrückenden Strukturen des Patriarchats, der weißen Vorherrschaft und des Kapitalismus. Die Dinner Speech entließ uns mit der Feststellung, dass es selbstverständlich mehr braucht als anders gestaltete Küchen, aber dass wir am Beispiel von Küchen wichtige gestalterische und gesellschaftliche Fragen diskutieren können, während des KOMPLIZ*INNEN-Symposiums und darüber hinaus.

Am späten Abend haben wir den Film ‚She Works Hard‘ von Kathrin Lemcke angeguckt. Ein Film, der ein Experiment zeigt: Die Protagonist*innen entwickeln darin ihre Vorstellungen gemeinschaftlichen Arbeitens und visualisieren ihre idealen Raum- und Zeitkonzepte. Nach dem Screening wälzten wir uns noch eine Weile schlaflos in unseren Betten, denn der Film berührt mit seiner Suche nach utopischen Möglichkeiten.

Freitag

Am Freitag wurde die Weberei und die Siebdruck-Werkstatt des Studiengangs Textil Design unserer Hochschule für einen Tag zum Radio Studio. Dank des studentischen Projekts BURGFUNK, vertreten durch Wayra Aguilar, Karen Czock, Luka Löhner und Farid Taher, konnte KOMPLIZ*INNEN on air gehen. Das FemPower-Team führte mit einer Live-Moderation durch das Programm aus studentischen Beiträgen von Katharina Evers, Katharina Mludek und Anne Rethfeldt und Gastbeiträgen von Good for a Gxrl mit Maya Ober, Lisa Baumgarten, Melanie Levick-Parkin und Noam Youngrak-Son.

Am Morgen wurden wir von Johanna Steindorf angeleitet allein und doch gemeinsam zu spazieren. Die Eindrücke unserer individuellen Audiowalks in Halle, Leipzig, Dessau, Braunschweig, Hamburg, Berlin, Köln und sogar Havanna haben wir im Chat miteinander geteilt.
Die daran anschließenden Gastbeiträge wurden nicht nur übers Radio gesendet, sondern auch in dezentralen digitalen Breakout Rooms angehört und angeschaut. In diesen Workshops wurde sich intensiv mit den Inhalten der Beiträge auseinander gesetzt, Erfahrungen ausgetauscht und gemeinsam Forderungen an die Design-Disziplin entwickelt.

Gala

Am Abend kamen wir für die große Gala mit Mara Recklies wieder zusammen. Die reichen Eindrücke des Tages wurden von Mara im Gespräch mit dem FemPower-Team zusammen getragen und in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext verortet. Besonders in Erinnerung bleibt das spontane Take Over der Mikrofone durch unsere studentischen Mitarbeiter*innen Marie Gehrhardt, Wiebke Lendewig und Lin Kai-Chiang, die offen über die Erfahrungen und Strukturen im Designstudium sprachen. In dem Gespräch wurde deutlich, dass be- und teilweise entwertende Verhältnisse im Studium nicht zur individuellen Abhärtung führen müssen, sondern zu der Forderung, dass sich die Designlehre und -disziplin verändern muss!

Nachtschicht

Parallel wurden die Arbeitsergebnisse von den Kommunikationsdesigner*innen aus dem Seminar von Marion Kliesch und Sanna Schiffler in wundervolle Visualisierungen übersetzt. In der folgenden Nachtschicht – begleitet vom Musikprogramm der DJane Hilde Park und einer noch immer wachen und zahlreichen Zuhörer*innenschaft – wurden die Entwürfe per Siebdruck auf Geschirrtücher gedruckt.

Die zwei Tage waren eine wunderbar inspirierende und bereichernde Erfahrung. Wir freuen uns auf kommende Begegnungen mit Euch und hoffen, dass der Austausch weiter geht.

Auf zu neuen Kompliz*innenschaften!

 

Grafik

Maja Redlin

Koordination

Annika Sominka, Miriam Lahusen, Friederike Nastold

mit Marie Gehrhardt und Marie Witte

Kontakt

fempower(at)  burg-halle.  de

Projektleitung

Prof. Bettina Göttke-Krogmann
krogmann(at)  burg-halle.  de

Förderung

Das Projekt wird gefördert durch den Europäischen Sozialfonds und das Land Sachsen-Anhalt.